0088 - Der Friedhof des Schreckens
Bentley-Maschine.
»Wir werden uns dranhängen«, entschied ich. »Vielleicht fahren sie geradewegs zum Friedhof des Grauens.«
Bill nickte. »An die Möglichkeit habe ich überhaupt nicht gedacht.«
»Dafür hast du ja mich«, sagte ich lächelnd und schaltete die Fahrzeugbeleuchtung ein. Dann ließ ich den Bentley langsam anrollen und fuhr mit einigem Sicherheitsabstand hinter dem Wagen her, in dem die beiden Untoten saßen.
Bill trommelte mit den Fingern nervös auf das Armaturenbrett. Die Zeit schritt unaufhörlich fort. Ich hoffte mit jeder Faser meines Herzens, daß diese beiden Dämonenhelfer uns direkt zu Sheila Conolly bringen würden.
Ich richtete meine Fahrweise so ein, daß die Untoten unmöglich Verdacht schöpfen konnten. Ich verstehe mich aufs Beschatten von Personen. Ich wäre ein schlechter Polizeibeamter, wenn das nicht so wäre.
Wir näherten uns dem Stadtrand.
Ich merkte, daß sich Bill Conollys Gesichtsausdruck allmählich veränderte. Kurze Zeit lag Erschrecken auf seinen Zügen.
Dann starrte er ungläubig hinter dem Wagen her.
Und schließlich funkelte nacktes Entsetzen in seinen Augen.
»Großer Gott, John, weißt du, wohin die fahren?«
»Die fahren dorthin, wo ich wohne! Die sind zu meinem Haus unterwegs, John! Weißt du, was das bedeutet? Diese verfluchten Teufel haben die Absicht, sich an Jane Collins und an meinem Jungen zu vergreifen!«
Mir war, als würde mit eine eiskalte Hand die Kehle zuschnüren. Ich hatte schon längst dasselbe gedacht wie mein Freund.
Doch mir hatte der Mut gefehlt, diesen schrecklichen Verdacht in Worte zu kleiden.
Bill hatte es getan, und schauderte mit einem mal.
***
Die Sinatra-Show, die sich Jane Collins im Fernsehen angeschaut hatte, war zwar nicht schlecht, aber alt gewesen. Deshalb hatte die Detektivin sie nicht bis zum Schluß angesehen, sondern hatte vorzeitig ausgeschaltet.
Sie dachte an John Sinclair und an das Telefongespräch, das sie mit ihm geführt hatte. Bill und Sheila waren nicht mehr in der Chelsea Hall gewesen, als John da eingetroffen war.
Nach Hause waren sie nicht gekommen.
Wo steckten die beiden?
Musste man sich berechtigte Sorgen um sie machen?
Wenn man ins Kalkül zog, was sich auf der Police Station ereignet hatte, war es angeraten, das Verschwinden von Sheila und Bill nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.
John schien die beiden noch nicht gefunden zu haben, sonst hätte er sicher angerufen und ihr, Jane, mitgeteilt, daß wieder alles im Lot war.
Jane Collins erhob sich. Sie begab sich zur Hausbar und goss sich einen Sherry ein. Nachdenklich nippte sie daran.
Sie mochte Sheila und Bill.
Sie, John und das Ehepaar Conolly waren wie eine eingeschworene Gemeinschaft, zu der natürlich auch Suko und Shao gehörten. Gute Freunde waren sie, die nach dem Musketier-Motto lebten: Einer für alle und alle für einen.
Und wenn einer aus dieser Clique in Schwierigkeiten geriet, dann machten sich die anderen um ihn nicht bloß Sorgen, sondern sie versuchten, nach besten Kräften zu helfen.
Jane Collins hätte sich in den Fall, den John übernommen hatte, gern eingeschaltet. Aber da war Johnny Conolly, der dort oben schlief und auf den wenigstens einer aufpassen mußte.
Der Blick der Detektivin wanderte zum Telefon.
Sie wünschte sich, daß es läutete, daß John Sinclair am anderen Ende war und daß er ihr mitteilte, Sheila und Bill hätten sich wiedergefunden.
Doch das Telefon blieb stumm, und das ärgerte Jane.
Sie nahm einen größeren Schluck vom Sherry, hielt sich das Glas an die Wange und ließ ihren Gedanken freien Lauf.
Plötzlich hörte sie etwas.
Gepolter.
Oben!
»Johnny!« flüsterte die Detektivin sofort aufgeregt.
Sie stellte das Sherryglas weg und eilte aus dem Living-room. Hastig lief sie die Stufen hinauf, um nach dem Jungen zu sehen.
Sie erreichte die Kinderzimmertür. Behutsam öffnete sie sie. Johnny Conolly hatte die Nachttischlampe umgeworfen.
Er träumte schlecht, lag unruhig in seinem Bett, atmete heftig, drehte den Kopf rasch hin und her, schien sich zu fürchten.
Jane Collins schlich auf Zehenspitzen zu ihm. Der kleine Junge gab einen schluchzenden Laut von sich.
Die Detektivin setzte sich auf die Bettkante. Sie sah, daß das kleine Gesicht mit Schweiß bedeckt war.
»Armer Junge«, sagte sie kaum hörbar. »Was mag dich jetzt wohl quälen?«
Sie legte ihm ihre kühle Hand auf die Stirn. Johnny wurde sofort ruhiger. Sein hübsches Gesicht war nicht mehr so angespannt. Sein Atem
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