Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0088 - Der Guru aus dem Totenreich

0088 - Der Guru aus dem Totenreich

Titel: 0088 - Der Guru aus dem Totenreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
Vom Netzwerk:
hatte genug gesehen. Es war richtig, nicht an Zufälle zu glauben. Modjir Brahmul hatte sie nicht eingeladen, weil sie ihm so überaus sympathisch gewesen wären oder weil er etwas Abwechslung in sein Leben bringen wollte. Er verfolgte ein bestimmtes Ziel.
    Zamorra stieg in die Wanne zurück und drehte die Wasserhähne ab. Er nahm sich vor, sein Amulett nicht mehr aus den Augen zu lassen.
    Zwanzig Minuten später saß er auf der Terrasse. Zusammen mit Nicole. Sie hatte ein orangefarbenes Organdy-Kleid angezogen, das die Reise ohne zu knittern überstanden hatte. Auch Zamorra hatte auf das Gewand verzichtet, das ihm quer über das Bett gelegt worden war, und eine bequeme graue Hose und einen dunkelblauen Blazer vorgezogen. Im Hintergrund warteten braunhäutige kräftige Männer mit vor der Brust verschränkten Armen. Und wieder hatte Professor Zamorra das Gefühl, weniger bedient als bewacht zu werden.
    Wohin bin ich da nur geraten? schoß es ihm durch den Kopf. Er nahm sich vor, höllisch auf der Hut zu sein.
    Zu ihrer Rechten hinter den dunkel werdenden Bergen stieg der große rote Mond schnell empor. Das Zwielicht des letzten Tagesschimmers und des aufgehenden Mondes verdichtete die Umrisse der Bäume und gab den Bergen eine neue, geheimnisvolle Fernsicht. Die staubumwehten Palmen schimmerten und glänzten, und das Dunkel unter ihnen war schwarz wie Samt. Von fernen, unsichtbaren Gehöften hörte man die Hunde ihr Nachtlied anstimmen. Und die Hähne krähten, weil sie dachten, ein neuer Tag dämmere zu rasch herauf.
    Der Park mit dem kleinen künstlichen See nahe der Terrasse lag in stillem Frieden.
    »Guten Abend«, sagte Modjir Brahmuls Stimme hinter ihnen. Zamorra drehte sich ruhig um. Er hielt es nicht für nötig aufzustehen. »Das Essen wird sofort serviert. Sicher sind Sie hungrig.«
    Der Inder setzte sich. Er hatte eines dieser Brokatgewänder an, die bis zur Mitte der Oberschenkel reichten. Um die Taille trug er einen anderen Gurt. Doch auch dessen Schnalle zierte ein Drachenkopf mit einem langen Echsenschnabel.
    Professor Zamorras Blick blieb vielleicht zu lange daran haften, denn der Inder bemerkte ihn.
    »Der Gürtel gefällt Ihnen?«
    »Er ist ungewöhnlich.«
    »Eine Marotte von mir«, meinte Modjir Brahmul Al Fujieb. »Ich liebe alles Urweltliche, ohne jedoch die Bequemlichkeiten der Neuzeit zu verschmähen. Habe ich es Ihnen noch nicht gesagt, Mister Zamorra? Ich züchte Echsen, Reptilien, Karmarane, Leguane. Man kümmert sich zu wenig um diese reizenden Tiere.«
    »Iii!« machte Nicole.
    Professbr Zamorra graute es plötzlich auch. Aber aus einem ganz anderen Grund. Ihm fielen ein paar Schuppen mehr von den Augen.
    ***
    Sadhu Shandri ging unverdrossen weiter. Blutrot hing der Mond hinter ihm am Himmel. Der heilige Mann lief wie an Fäden gezogen. Die Pforte der zwei Basaltsteine lag schon weit hinter ihm. Auch die Ruinen, die wie die Zähne eines schadhaften Gebisses aufragten. Sie hatten mit Rudrasvins Grab nicht das geringste zu tun. Sie stammten aus späteren Zeiten.
    Rudrasvins unterirdisches Mausoleum lag nur in der Nähe. In unmittelbarerer Nähe.
    Der Drachengott hatte ihm »gesagt«, wie er hinkommen würde.
    Hinter der Ruine lag eine Kuhle. Bei Tag sah sie aus, als hätte sich hier vor Urzeiten einmal die Erde gesenkt. Sadhu Shandri stieg éur Mitte dieser Mulde hinab. Er schnitt sich an Dornengestrüpp und spürte es nicht.
    Der Sadhu warf sich auf die Knie, beugte seinen krummen Rücken voller Dankbarkeit und Ehrfurcht. Der rote Mond warf seinen blutigen Schimmer über ihn. Shandris Stirn berührte die Erde, das dürre Gras, das hier noch ausgetrockneter und abgestorbener war als anderswo. Er zerschnitt sich die Stirn an den messerscharfen Halmen. Blut sickerte tropfenweise aus den Wunden.
    In Sadhu Shandri kehrte Ruhe ein.
    Sein Interesse war nicht mehr aufgewühlt wie auf dem Weg nach Chhinwara. Die innere Unrast war von ihm abgefallen, je mehr er sich dem Dorf Sarasia und dieser Stätte genähert hatte. Sadhu Shandri glaubte, dem ewigwährenden Glück ganz nahe zu sein. Sein umnachteter und geknechteter Geist nahm nicht mehr wahr, daß er in Wirklichkeit an der Schwelle ewiger Verderbnis stand. Am Rande eines Abgrundes, aus dem es keine Wiederkehr mehr gab.
    Sadhu Shandri war dem Dämonengott Rudrasvin mit Haut und Haaren verfallen. Er war nicht mehr er selbst. Er war Opfer, wie die Männer Opfer gewesen waren, die er dem Drachenhäuptigen zugeführt hatte.
    Er wußte es nur noch

Weitere Kostenlose Bücher