0089 - Der Dämonenschatz

das Haus aus, das inmitten des dichten, gespenstisch rauschenden Waldes stand. Einige Fenster waren erhellt. Hinter den meisten aber brannte kein Licht. Die schlechte Straße, die Professor Zamorra mit Bills Wagen entlanggefahren war, endete hier. Geisterhafte Nebelschleier flogen vom nahen Moor heran, tanzten um das dunkle Gebäude einen spukhaften Reigen.
    Zamorra hatte den Cortina hinter einem dichten, struppigen Busch versteckt. Vor dem unheimlichen Haus standen mehrere Fahrzeuge. Ein Vauxhall Ventora war nicht dabei.
    Mit vorsichtig gesetzten Schritten schlich Professor Zamorra an das Gebäude heran. Seine Nerven waren bis zum Zerreißen angespannt. In seinem Kopf ging es drunter und drüber. Unzählige Fragen peinigten ihn. Fragen, deren Antwort er noch nicht kannte, die er erst kennen würde, wenn er dieses Haus betreten hatte.
    Was erwartete ihn dort drinnen? Welche Gefahren barg dieses einsam gelegene Haus in sich? Hielt man Nicole hier fest? Was war inzwischen aus Nicole geworden? Lebte sie überhaupt noch?
    Bei dieser letzten Frage fuhr dem Professor ein Eissplitter ins Herz. Nicole zu verlieren war für ihn gleichbedeutend mit dem Verlust seines eigenen Lebens. Die maßlose Erregung klopfte in seinen Halsschlagadern.
    Er erreichte das Haus, glitt auf eines der erhellten Fenster zu, richtete sich mehr und mehr auf, reckte den Hals, um einen Blick in den beleuchteten Raum zu werfen.
    Sonderbar. Der Raum war leer. Es gab nur wenige antike Möbel. Kein Schmuck an den Wänden. Kein Teppich auf dem Boden.
    Zamorra huschte weiter. Er gelangte an eine Tür, versuchte sie zu öffnen, doch er hatte damit keinen Erfolg. Aber dadurch ließ er sich nicht entmutigen. Er war sicher, einen Weg in dieses Haus zu finden.
    Kurz darauf war er drinnen. Zamorra hatte ein Fenster entdeckt, das zwar geschlossen, jedoch nicht verriegelt war. Er überlegte nicht lange, zog den Fensterflügel auf und turnte mit großer Wendigkeit in einen finsteren Raum.
    ***
    Fackelschein erhellte den alten, großen Keller, dessen Wände feucht glänzten. Gestalten in gelben Kutten knieten auf dem Boden. Masken, die an jene des Ku-Klux-Klan erinnerten, verbargen Kopf und Gesicht der Mitglieder der Satanssekte. Seit Stunden quälten sie Nicole, die nackt auf dem Boden lag.
    »Sie muss den Nektar des Satans trinken!«, rief der Anführer der Satanssekte mit seiner kräftigen, donnernden Stimme. »Wir werden sie zur Tochter des Teufels machen.«
    Das Oberhaupt der Sekte beugte sich über Nicole. Er hielt eine Tonschale in seinen Händen. Nun setzte er sie der Französin zum drittenmal an die Lippen und befahl ihr schneidend: »Trink!«
    Aber Nicole weigerte sich erneut, den Nektar des Satans in sich aufzunehmen. Sie kannte die verheerende Wirkung solcher Zaubertränke. Das übelriechende Zeug war tatsächlich imstande, sie zu verwandeln. Wenn sie auch nur einen einzigen Tropfen davon schluckte, war sie dem Teufel für immer verfallen.
    Natürlich hätte man sie zwingen können, zu trinken, doch dann hätte der Nektar nicht gewirkt. Sie musste freiwillig davon trinken, und daran dachte Nicole nicht im Traum. Lieber wollte sie sich von diesen Kerlen hier in Stücke reißen lassen.
    »Trink!«, brüllte der Sektenführer sie wütend an, doch Nicole presste verbissen die Lippen aufeinander und widersetzte sich so hartnäckig dem Befehl.
    Der Mann, der über sie gebeugt war, nahm die Tonschale von Nicoles Mund. Er richtete sich zornig auf. Er war als einziger nackt -bis auf einen schwarzen, ledernen Lendenschurz -, und sein Gesicht war von einer knallroten, grauenerregenden Dämonenmaske verdeckt. Der rußende Fackelschein täuschte eine Bewegung seiner ausgeprägten Muskeln vor.
    »Wir bringen dich soweit, dass du von unserem Nektar trinkst!«, zischte der kräftige Kerl hinter seiner scheußlichen Fratzenmaske. »Du wirst die Braut des Satans. Das ist nur eine Frage der Zeit. Und wenn du den Nektar des Teufels in dir hast, wirst du zu deinen Freunden zurückgehen und sie in meinem Auftrag bestrafen. Bill Fleming hat einen Vampir getötet. Wir haben aus diesem Grund die Todesstrafe über ihn verhängt. Professor Zamorra hat Eli Palmer ermordet. Aus diesem Grund muss auch er sterben!«
    Das Sektenoberhaupt war ein vom Satan Auserwählter. Er war ein Mensch ganz besonderer Art. Von Kind an böse. Ausgestattet mit magischen Fähigkeiten, die Nicole Duval nun zu spüren bekam.
    Hinter der hässlichen Maske fingen die Augen des Mannes zu glitzern an. Eine