009 - Die Bestien
miteinander verbunden sein.«
Sie steckte der Freundin das seltsame Schmuckstück an die Bluse. Dann strebten sie eiligst dem Schloss zu.
»Ich glaube, du hast recht«, sagte Catherine auf dem Weg. »Es ist besser, wenn wir mit niemandem über den Unfall sprechen. Nur Gilles werde ich davon erzählen. Aber du weißt ja, wie realistisch er denkt. Er wird mich sicher wegen meiner Angst auslachen.«
»Ich habe deinen Verlobten sehr gern. Er wird ein idealer
Ehemann.«
»Was hältst du eigentlich von Robert?«
»Er ist sehr nett. Er scheint einen tadellosen Charakter zu haben und ist außerdem heiter und intelligent. Robert ist anders als diese charmanten, aber oberflächlichen Burschen, die einem überall begegnen. Ich würde ihn gern genauer kennen lernen.«
»Das habe ich gleich gespürt«, meinte Catherine grinsend.
In der Nähe hörten sie Hundegebell, und gleich darauf tauchten Hurlo und seine vierbeinigen Begleiter auf. Unwillkürlich ging Catherine schneller.
»Hast du immer noch Angst vor dem Wilderer?« fragte Elina. »Wollen wir ihn uns nicht aus der Nähe ansehen und uns mit ihm ein bisschen unterhalten?«
»Nein, nein! Ich glaube ja gern, dass er harmlos ist, wie uns Herr Sirven versichert hat, aber bitte nicht heute. Ich bin noch zu sehr durcheinender von dem, was wir eben erlebt haben.«
Am Abend wollten Robert und Elina zusammen ausreiten. Sie hatten Catherine und Gilles aufgefordert, mitzukommen, doch diese hatten dankend abgelehnt. Catherine klagte über Kopfschmerzen, und ohne sie wollte Gilles auch nicht ausreiten.
Catherine war recht froh, dass Robert und Elina Gefallen aneinander fanden. Deshalb hatte sie nämlich Elina überhaupt einladen lassen. Robert war Gilles’ bester Freund und Elina ihre Freundin. Wie wunderbar würden sie alle vier miteinander harmonieren!
Robert und Elina lenkten ihre Pferde diesmal nicht in den Wald, sondern dem Dorf entgegen.
Saint-Lorry, ein kleiner Ort mit tausend Einwohnern, lag vier Kilometer vom Schloss entfernt.
Sie ritten über einen Feldweg und begegneten hin und wieder Bauern, die sie freundlich grüßten. Es war ein herrlicher Abend. Sie ließen die Pferde im Schritt gehen und unterhielten sich über Musik und Literatur. An einem Kreuzweg bewunderten sie eine alte Kapelle aus dem 13. Jahrhundert.
»Gefällt Ihnen die Gegend hier?« fragte Robert.
»O ja!« erwiderte Elina lebhaft. »Als ich gestern hier ankam, hatte ich übrigens den Eindruck, schon mal hier gewesen zu sein, obgleich das gar nicht möglich sein kann. Aber das Schloss, das kleine Haus des Wildhüters und auch der Park schienen mir irgendwie vertraut. Ist das nicht merkwürdig?«
»Allerdings.« Robert lächelte. »Vielleicht sind Sie in einem früheren Leben schon einmal hier gewesen.«
»Vielleicht.« Sie blickte ihn ernst an. »Jedenfalls bereue ich es nicht, die Einladung angenommen zu haben.«
Robert fühlte sich immer mehr von Elina angezogen. Er war glücklich, nicht nur ihre Schönheit, sondern auch ihren Geist bewundern zu können.
»Sogar das Dorf scheint mir bekannt«, fuhr Elina fort, als sie die ersten Häuser erreichten. »Ich könnte wetten, dass vor der Kirche ein kleiner Platz ist, auf dem ein steinerner Brunnen steht, den Linden umgeben.«
»Ja, das stimmt. Sicher hat Catherine Ihnen diesen Platz beschrieben.«
»Ja, vielleicht.«
Im Dorf begegneten sie dem Bürgermeister, der sie einlud, mit ihm ein Glas Wein zu trinken. Es wurde schon dunkel, als sie den Rückweg antraten.
Bei der alten Kapelle trafen sie einen Bauern, der ihnen zurief:»Guten Abend, Herr Sirven! Ich habe gehört, Ihre Hunde spielen verrückt?«
»Ach, so schlimm ist es nicht. Sie werden sich schon wieder beruhigen.«
Es war Robert unangenehm, dass die Kunde von den merkwürdigen Vorkommnissen auf dem Schloss schon bis ins Dorf vorgedrungen war. Vermutlich hatten der Jagdaufseher oder Maria geplaudert.
»Die Bauern hier sind furchtbar abergläubisch«, sagte Robert zu Elina, als sie weiter ritten. »Es wird nicht lange dauern, bis jedermann behauptet, im Schloss würde es wieder spuken. Hoffentlich machen Ihnen die seltsamen Zwischenfälle hier keine Angst und treiben Sie die unheimlichen Schreie im Wald oder das verrückte Benehmen der Hunde nicht in die Flucht.«
Elina lachte. »Bestimmt nicht. Ich finde das alles eher amüsant. Nein, so schnell wird man mich hier nicht wieder los,
Robert.«
Es war das erste Mal, dass sie ihn beim Vornamen genannt hatte.
Der alte Bauer rief
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