0091 - Lucifers Bücher
»Nichts lieber als das…«, knurrte Arturo, der schon vergessen hatte, daß man ihm wegen unerlaubten Sprechens zwei der unteren Vorderzähne ausgeschlagen hatte.
Dieses Mal kam er ohne Zahnverlust davon, aber einen Tritt ins verlängerte Rückgrat erhielt er doch.
Man prügelte sie die steinerne Treppe hinauf. Oben standen weitere vier Soldaten, aber besonders mutig sahen sie nicht aus, denn ihr Blick flackerte.
Quintus Horus, Unteroffizier in Castell XXXII, schnarrte seine Befehle. Vier kräftige Männer im kurzen Lederschurz stürzten sich auf Mente und Trifallini. Bevor sie sich versahen, waren sie zu einem Paket verschnürt. Dann warf man sie in eine stabile Holzkiste. Trifallini hatte Glück und kam auf Mente zu liegen, der aufschrie, als sein Kollege auf ihn fiel.
Dann wurde die Kiste geschlossen. Man hob sie auf. Es traf die beiden Gefesselten wie ein Faustschlag, als die Kiste wieder hart aufschlug.
Man hatte sie auf einen Karren verladen. Und der verließ das Castell XXXII. Die Fahrt ging über eine gepflasterte Straße, wie sie grauenhafter nicht sein konnte. Schlagloch an Schlagloch, und das ununterbrochen. Und der Karren war nicht gefedert. Und die Luft in der Kiste wurde immer miserabler. Trifallini wurde übel, und der unter ihm liegende Mente bekam den ganzen Segen.
Wie der fluchte, aber dadurch wurde die Luft in der kleinen Kiste auch nicht besser, und die Straßen ebenfalls nicht.
Dann wurde die Fahrt langsamer. Der Boden ebener. Sie schienen am Ziel zu sein. Wie lange der höllische Spaß gedauert hatte, wußten beide nicht zu sagen.
Die Kiste wurde abgeladen und fiel krachend zu Boden.
Trifallini und Mente schrien vor Schmerzen in ihrem winzigen Gefängnis. Darum kümmerte sich niemand. Im Imperium Romanum war man in solchen Dingen nicht besonders empfindlich.
Der Deckel flog auf. Soldaten wichen vor dem Gestank von Trifallinis Erbrochenem im ersten Moment zurück, dann packten sie zu und holten die beiden menschlichen Bündel heraus.
Solche Bauten hatten die beiden Straßenpolizisten schon mal gesehen. Sie befanden sich in einem Tempel; davon gab es in ihrer Zeit noch gut erhaltene Stücke im Süden ihres Vaterlandes und auf Sizilien.
Wollte man sie den römischen Göttern zum Fraß vorwerfen? Oder warum hatte man sie hierhergebracht?
Man schleifte sie ins Tempelinnere. Dann ging es über eine steinerne Treppe in die Tiefe. In einem kahlen und kühlen Raum brannten Öllichter an den Wänden. Die Soldaten verließen fluchtartig den unter der Erde liegenden Tempelraum.
»Was kommt denn jetzt bloß?« fragte Luigi Mente voll dumpfer Ahnung.
Zwei Personen kamen die steinernen Stufen herunter. Unwillkürlich hielten die beiden Beamten den Atem an, als sie die vermummten Gestalten sahen, die von Kopf bis Fuß in weißes Tuch gekleidet waren und kein Stück Haut sehen ließen.
Arturo Trifallini vergaß das Schlucken. Luigi Mente bekam den Mund nicht mehr zu. Die beiden Maskierten schleiften eine schwarze, große Eisenschale, die auf drei kurzen Füßen stand, aus dem Hintergrund in die Mitte des Raumes. Dicht neben den beiden gefesselten Männern kam sie zum Stehen. Dann brachten die Maskierten zwei kurze Säulenstücke heran. Das Rollen der zentnerschweren Teile klang dumpf und unheimlich. Als man die beiden Polizisten darüberlegte, verstanden sie immer noch nicht, was das ganze sollte.
Aber dann entdeckten sie zu gleicher Zeit, daß die große, jedoch flache eiserne Schale bis zum Rand mit frischer Holzkohle gefüllt war.
»Madonna!« stieß Luigi Mente entsetzt aus. »Man wird uns doch nicht grillen? Haben die im alten Rom denn Menschenfleisch gegessen?«
Arturo Trifallini hätte gern einige zigtausend Lire dafür ausgegeben, wenn er diese Frage hätte beantworten können. Halb auf der steineren Rolle liegend, bedurfte es, wenn das Holzkohlenfeuer erst mal so richtig schön brannte, nur eines leichtes Stoßes, um sie in die Glut zu schleudern.
In seiner Not vergaß Mente, daß man Trifallini wegen unerlaubten Sprechens zwei Zähne ausgeschlagen hatte. Fast jammernd sprach er die beiden Maskierten an, die mit halbmeterlangen Amphoren aus dem Hintergrund des unterirdischen Tempelraumes kamen und an der schmiedeeisernen Schale stehen blieben.
»Warum wollt ihr uns verbrennen? Warum laßt ihr uns nicht laufen? Wir haben euch doch nichts getan…«
Keine Reaktion von den Vermummten.
In den Amphoren befand sich eine ölige Flüssigkeit. Diese gossen sie über die frische
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