0091 - Satans Schloß
Wucht prallte es gegen mich und das Silberkreuz.
Ich spürte, wie sich das Kreuz durch die Lumpen und das Skelett hindurch bohrte. Der Zusammenprall mit dem Knochenmann schleuderte mich gegen das hinter mir stehende Auto. Es fühlte sich an, als wäre mein Rücken geborsten.
Der unheimliche Angreifer fand noch die Kraft, seine eisigen Pranken um meinen Hals zu legen und zuzudrücken. Ich stieß das Kreuz höher, traf den Schädel und löste ihn auf.
Die Knochenfinger glitten von meiner Kehle. Langsam sank das Skelett an mir zu Boden, als wäre es aus Butter, die an der Sonne schmolz. Zu meinen Füßen lag nach wenigen Sekunden nur mehr ein Aschehaufen. Ein Lufthauch trieb ihn nach allen Seiten auseinander.
Aufatmend drehte ich mich um und stand Pierre Arambon gegenüber. In den Augen des Jungen funkelte Wahnsinn. Er stand kurz vor dem Durchdrehen.
Ich streckte ihm die Hand entgegen. »Ganz ruhig, Pierre«, sagte ich besänftigend. »Alles in Ordnung!«
In diesem Moment donnerte ein Motorrad auf den Parkplatz. Ich sah blonde Haare und eine schlanke Gestalt, und ich erkannte Michelle Larane.
Sie steuerte direkt auf Pierre zu.
Sie war zurückgekommen, um nach dem Scheitern ihrer Begleiter ihren Freund zu vernichten!
***
»Wie lange bleibt John denn noch weg?« fragte Jane nervös. Sie tigerte in unseren drei miteinander verbundenen Räumen auf und ab. »Es hätte doch genügt, daß er Pierre einholt und zurückbringt.«
»Wir kommen hier jedenfalls nicht weg«, erwiderte Suko mit seiner unerschütterlichen Ruhe. »John kommt schon durch. Wir haben kein Fahrzeug, und bevor wir zu Fuß unten wären, müßte alles schon vorbei sein – was immer da unten auch passiert!«
»Tu doch etwas!« Jane blieb vor Suko stehen und starrte auf ihn hinunter. »Tu etwas, oder ich tue es!«
Suko lächelte verhalten. »Und was schlägst du vor? Sollen wir hinunter klettern, damit wir schneller da sind?«
»Ach, hör doch auf!« rief Jane. Sie war nicht wütend auf den massigen Chinesen. Im Gegenteil, sie verstand sich mit Suko sehr gut. »Die Steilwand hinunterklettern! Du spinnst!«
Ohne es zu merken, war sie bei ihren letzten Worten an das Fenster getreten und beugte sich hinaus. Ihr Blick fiel auf die senkrecht abstürzenden Felsen unterhalb des Schlosses.
Jane stöhnte erstickt auf.
Suko schnellte hoch und glitt neben ihr ans Fenster – und hielt den Atem an.
»Das ist doch Jacques!« zischte er.
Deutlich erkannten sie die unförmige, unproportionierte Gestalt des Dieners. Mit Armen und Beinen rudernd fiel er durch die Steilwand, prallte an einem Vorsprung auf, wurde weit hinausgeschleudert, stürzte wie ein Stein in die Tiefe, prallte ein zweites Mal gegen eine Felsnase, blieb einen Moment liegen und rutschte über die Kante hinaus.
Und wieder fiel er, bis er aus Janes und Sukos Blickfeld verschwand und zwischen den Bäumen des Waldes eintauchte.
»Um Himmels willen, der arme alte Mann«, murmelte Jane erschüttert, Sie lehnte sich schweratmend gegen die Wand. »Diesen Sturz hat er nicht überlebt!«
»Diesen Sturz würde kein Mensch überleben«, erwiderte Suko. Seine Augen flackerten, ein Beweis, wie nahe ihm der Unfall ging. »Wir müssen dem Comte Bescheid sagen.«
Jane nickte. »Mach du das«, sagte sie. »Ich habe für heute genug. Restlos genug!«
Suko hatte dafür volles Verständnis und machte sich auf die Suche nach den Privaträumen des Schloßherrn. Zum ersten Mal mußte er sich allein in der weitläufigen Anlage des Schlosses zurechtfinden. Er wußte nicht, wo der Comte wohnte, aber Suko hatte eine Idee. Der Comte hatte sie wahrscheinlich in einem anderen Flügel untergebracht, um von seinen Gästen so wenig wie möglich gestört zu werden.
Die Rechnung ging auf. Jenseits der Haupttreppe hörte er Geräusche hinter einer Tür und klopfte. Schritte näherten sich, die Tür schwang zurück.
Comte de Brouillard trug bereits einen Hausmantel. Er bemühte sich um ein freundliches Gesicht, konnte aber den Ärger über die Störung nicht ganz verbergen.
»Was kann ich für Sie noch tun, Monsieur?« fragte er und warf einen verstohlenen Blick auf seine Uhr.
»Ich weiß, daß es bereits ein Uhr nachts ist«, gab Suko gelassen zurück. »Trotzdem wird es Sie vielleicht interessieren, daß Ihr Diener Jacques vor fünf Minuten vom Burgfelsen gestürzt ist!«
Comte de Brouillard reagierte nicht auf diese Schreckensnachricht. Er runzelte die Stirn und sah Suko kopfschüttelnd an. »Ich glaube nicht, daß
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