0091 - Satans Schloß
gespannt den Weg des Einsatzwagens, bis der in der Stadt verschwand.
Da war Suko bereits am Fuß der Bergstraße und wollte sich der Stadt zuwenden, als er mitten auf der Straße eine Gestalt sah. Ein Mann hielt ihn mit erhobenen Armen an.
Suko trabte auf den Unbekannten zu. Beim Näherkommen erkannte er trotz der Dunkelheit einen jungen, schwarzhaarigen Mann, den er vorher noch nie gesehen hatte. Auf Armeslänge blieb Suko stehen, jederzeit zur Abwehr bereit. Was machte ein Mann so spät hier draußen? Es gab weit und breit keine Häuser, nur Wald.
Für einen Moment blickte Suko nach links hinüber. Dort mußte die Leiche des Dieners vom Château liegen.
»Was wollen Sie?« fragte Suko und kramte seine Französiskenntnisse zusammen.
Zu seiner Überraschung antwortete der Fremde in tadellosem, fast akzentfreiem Englisch.
»Ich will Sie warnen, Mr. Suko! In wenigen Sekunden kommt ein Mädchen auf einem Motorrad hier vorbei. Sie will zum Château hinauf. Wenn sie es schafft, ist Pierre verloren. Aber halten Sie sie nicht oben auf der Straße auf. Sie würde sich sofort mit Pierre zusammen in den Abgrund stürzen. Sie hängt nicht mehr an dem, was Sie und Ihre Freunde Leben nennen.«
Suko wollte noch eine Frage stellen, doch der junge Mann schnellte sich zur Seite und tauchte zwischen den Büschen unter. Sie standen an dieser Stelle so dicht, daß eine Verfolgung keinen Sinn gehabt hätte.
Suko stand wie erstarrt. Was sollte nun das wieder bedeuten? Ein Fremder warnte ihn? Mit dem Mädchen auf dem Motorrad konnte doch nur Michelle gemeint sein! Aber wieso verschleppte sie Pierre? Und was wollte sie oben im Château?
Ehe Suko eine Antwort auf diese Fragen fand, hörte er den röhrenden Sound eines Motorrades, weiter entfernt auch das Gellen der Polizeisirene.
Er sah sich nach einer geeigneten Stelle um. Nicht hinauf auf die Bergstraße! hatte der Unbekannte gewarnt. Aber am Beginn der Bergstraße fand Suko den idealen Punkt. Das breite Asphaltband ging hier in den schmalen, einspurigen Felspfad über und beschrieb einen scharfen Knick. Auch wenn Michelle wie eine Rennfahrerin raste, hier mußte sie Gas wegnehmen. Suko preßte sich gegen die Felswand und verschmolz mit ihr.
Wer nicht wußte, daß er hier lauerte, hätte den riesigen Chinesen mit dem gutmütigen Gesicht nicht entdeckt.
Und dann schoß das Motorrad aus dem Wald heraus, Michelle mit wehenden Haaren hoch aufgerichtet, vor sich einen Mann quer über dem Benzintank.
Suko spannte sich!
Jetzt!
***
Obwohl ich alles aus dem Geländewagen der Gendarmerie herausholte, ahnte ich schon, daß ich es nicht schaffen konnte. Zwar entdeckte ich hinter Nouvatelle das rote Rücklicht des Motorrades auf der Straße zum Burgfelsen, und auf der Geraden holte ich sogar auf, aber spätestens auf dem steilen Pfad mußte mich Michelle abhängen. Mit dem Motorrad war sie mir haushoch überlegen, und auf ihr eigenes Leben nahm sie keine Rücksicht. Das hatte sie bereits bewiesen.
Der Feuerstuhl raste auf den Beginn der Bergstraße zu. Der scharfe Knick kam immer näher.
Das Bremslicht leuchtete auf. So irre war Michelle nun doch nicht, daß sie mit Vollgas in die Haarnadelkurve ging. Die Maschine wäre mit ihr und Pierre geradeaus weiter geschossen.
Pierre hing wie tot quer über dem Benzintank. Ich konnte von meinem Wagen aus nicht erkennen, ob er überhaupt bei Bewußtsein war.
Noch hatte ich den Fuß voll auf dem Gaspedal. Jetzt war das Motorrad an der engen Biegung, verlangsamte stark und schwenkte in den Pfad ein.
Ich bremste rechtzeitig. Der Geländewagen hatte nicht so gute Bremsen wie mein Bentley. Schon fiel ich zurück, als vor mir etwas Unglaubliches passierte.
Von der Felswand löste sich ein massiger Schatten, flog durch die Luft und prallte gegen Michelle.
Trotz der gellenden Sirene hörte ich den schrillen Schrei des Mädchens.
Die Ereignisse überschlugen sich. Noch während ich den Geländewagen der Gendarmerie mit kreischenden Reifen zum Stehen brachte, riß Suko das Mädchen aus dem Sattel. Mein Freund hatte im richtigen Augenblick eingegriffen.
Die Maschine fuhr ein Stück geradeaus weiter. Sie hatte keine hohe Geschwindigkeit mehr, aber für Pierre wurde es trotzdem kritisch. Sie kippte nämlich über den Rand des Pfades. Das Motorrad und Pierre verschwanden hinter der Böschung, die an dieser Stelle nicht hoch war.
Mit einem Satz war ich im Freien und kam Suko zu Hilfe, der sich gegen Michelle wehren mußte. Die kleine Wildkatze schlug
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