0092 - Geheimmission Moluk
sich wieder in Bewegung. Napoleon gab die Richtung an, in der sie weitergehen mußten. Goldstein hatte erklärt, er könne keine fremden Gedankenmuster empfangen.
Am Abend ließ Everson die Gruppe anhalten. Sternal schlug vor, daß man Neovitin-Tabletten nehmen und weitermarschieren solle. Everson lehnte dieses Ansinnen ab. Sie mußten mit ihren Kräften haushalten, und eine künstliche Aufputschung konnte sich später schädlich auswirken. Landi stellte eine Verbindung zur MEXICO her. Scoobey teilte mit, daß die Reparaturarbeiten in vollem Gange waren und bereits erste Erfolge zeigten. Am Nachmittag waren mehrere Greens erschienen und hatten sich in der Nähe des Schiffes niedergelassen. Dr. Lewellyn vermutete, daß sie den Zorn der Wüstendämonen fürchteten und bei den Fremden Schutz suchten. Murgut, der als Geschenk einen Scheinwerfer erhalten hatte, war sogar im Schiff geblieben. Everson verzichtete darauf, Scoobey einen Bericht über Bellinger zu geben. Er wollte den Ersten Offizier nicht beunruhigen und damit von seiner Arbeit ablenken.
Nachdem sie gegessen hatten, ließ Everson die Zelte aufschlagen. Sie waren aus federleichtem Kunststoff gefertigt und nahezu unzerreißbar.
Napoleon weigerte sich, ebenfalls in einem Zelt zu schlafen. Er buddelte ein Loch in den Sand, nörgelte und keifte die beiden Roboter an, deren Programmierung jedoch keine Konversation mit Greens beinhaltete, und war kurz darauf eingeschlafen.
In dieser Nacht tobte ein Orkan, der jeden terranischen Meteorologen verrückt gemacht oder ihn zumindest veranlaßt hätte, seine Pensionierung zu beantragen.
*
Zuerst war es nur ein Wispern, nicht lauter als der sprudelnde Weingeist über einem frisch gefüllten Sektglas. Dann klang es wie das Trippeln unzähliger nackter Kinderfüße auf Steinfußböden. Schließlich begann es zu prasseln, als schüre jemand in der Ferne einen halb erloschenen Ofen.
Everson schreckte aus einem Halbschlummer hoch. Er griff nach der Lampe und machte Licht. Weiß und Goldstein, die mit ihm zusammen übernachteten, schliefen fest. Der Oberst blickte auf die Uhr und sah, daß die Nacht erst vor zwei irdischen Stunden begonnen hatte. Sie hatten ihre Helme abgelegt, denn die Abendluft war trotz ihrer Sauerstoffarmut erfrischend gewesen und hatte Everson an die Bergtouren seiner Jugendzeit erinnert. Jetzt, obwohl die Sonne schon lange verschwunden war, wirkte die Luft schwül und drückend.
Everson öffnete die Sichtklappe und blickte hinaus. Ein Schwall heißer Luft schlug ihm ins Gesicht. Feine Sandkörnchen prickelten auf seiner Haut. Jetzt wußte er, woher das prasselnde Geräusch kam. Der Wind führte Sand mit sich und blies ihn gegen die Zeltwand. Der Kommandant rüttelte die beiden anderen Männer.
„Es scheint sich etwas zusammenzubrauen", sagte er, „es ist besser, wenn wir uns darauf vorbereiten."
Der ahnungslose Oberst konnte nicht wissen, daß inmitten einer entfesselten Natur jede Vorbereitung sinnlos sein mußte. Sie weckten alle Schlafenden. Everson wies die Männer an, die Zelte doppelt zu verankern und die Schutzanzüge wieder anzulegen. Schwierigkeiten gab es nur mit Napoleon. Der Eingeborene war in seinem Schlafloch bereits halb von Sand zugeweht, und Weiß, der ihn über die neue Situation informieren wollte, wäre beinahe über ihn gestolpert. Der Green bedachte den Biologen mit einigen Schimpfworten, schüttelte sich wie ein Hund, der aus dem Wasser kommt und folgte unter weiteren Beschimpfungen schließlich zum Zeltplatz.
„Es scheint einen Sandsturm zu geben", sagte Everson in das Helmmikrophon, als Napoleon vor ihm stand. Der Alte reagierte nicht. Everson ordnete das hoffnungslose Durcheinander von Mikrophon und Lautsprecher am Halse des Vogelwesens, klopfte den Staub heraus und probierte es dann noch einmal.
„Natürlich gibt es einen Sturm", sagte Napoleon gereizt. Er hob seinen verschrumpelten Kürbiskopf prüfend in den Wind.
„Was sollen wir tun?" fragte der Raumfahrer.
Der Eingeborene klapperte verächtlich mit seinem Schnabelmund.
„Warten", erklärte er kategorisch. „Was sonst?"
Everson zuckte die Schultern. Selbst der zänkischste terranische Greis war gegen dieses Scheusal ein netter, älterer Herr. Entweder produzierte die Galle-Napoleons - falls er überhaupt eine solche besaß zuviel Saft, oder er litt unheilbar an Arterienverkalkung, was jeder Kosmobiologe energisch bestritten hätte. Auf jeden Fall war der Green im Augenblick nicht mehr als ein
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