0093 - Der Feind im Dunkel
gar aufsässig, und zwar derart, daß Thomea Untcher fürchtete, sie würden binnen kurzem auf die Idee kommen, sich des Schiffes zu bemächtigen.
Da sie sich jedoch wenigstens im Augenblick noch nicht ganz klar waren, was sie unternehmen sollten, nutzte Untcher die Gelegenheit, verriegelte mit Hilfe der zentralen Sicherheitsschaltung sämtliche Schotte der FINMARK und ließ über das Belüftungssystem die Räume, in denen sich die Aufsässigen aufhielten, mit einem narkotisierenden Gas belüften. Innerhalb weniger Minuten beseitigte er auf diese Weise wenigstens die unmittelbare Gefahr. Aber mit Schweiß auf der Stirn dachte er daran, daß die FINMARK in diesen Minuten fast völlig wehrlos war und der unbekannte Gegner sich für einen zweiten Angriff keinen günstigeren Zeitpunkt hätte aussuchen können als diesen.
Aber die Minuten verstrichen, ohne, daß etwas geschah. In mühsamer Arbeit wurden die Bewußtlosen Mann für Mann geborgen und in die Mannschaftsmesse gesperrt. Thomea Untcher ließ ihnen die Möglichkeit, den Kommandostand über Interkom anzurufen. Das war wichtig, falls sie sich eines Besseren besannen und den Widerstand aufgaben.
Dann ließ er feststellen, wieviel Mediziner oder sonstige Sachverständige sich unter den vierzehn normalen Männern befanden, und beauftragte schließlich Stabsarzt Dunyan damit, Sergeant Loodey zu untersuchen. Dunyan war der ranghöchste Mediziner an Bord, und Thomea Untcher war glücklich, daß ausgerechnet er von dem Unheil verschont geblieben war.
Dunyan untersuchte zunächst die Luft an Bord der FINMARK, aber abgesehen von einem ungewöhnlich hohen Narkosegasgehalt, dessen Quelle bekannt war, konnte er keine fremden Bestandteile feststellen.
Dabei lag der Schluß nahe, daß die Aufsässigen in Wirklichkeit das Opfer eines unbekannten Kampfgases geworden seien; denn die vierzehn Übriggebliebenen hatten samt und sonders vorschriftsmäßig Raumanzüge mit geschlossenen Helmen getragen und führten ihre Rettung gerade darauf zurück. Dunyans Messungen schienen diese Theorie zu widerlegen.
Auch Loodeys erste Untersuchung brachte keine sensationellen Resultate. Loodey war bewußtlos und zeigte keine anderen Symptome als die, die man an einem Mann erwartet haben würde, der einen gut gezielten Handkantenschlag erhalten hatte. Alles, was Dunyan im Augenblick sagen konnte, war, daß Loodey Schluckbeschwerden haben würde, wenn er zu sich kam.
„Wie lange brauchen Sie für eine gründliche Untersuchung, Doktor?" fragte Thomea Untcher, nachdem Dunyan ihm berichtet hatte. „Ich meine: so gründlich, daß Sie sagen können, was in seinen Adern fließt und warum er sich so närrisch benimmt?"
Dunyan schätzte vier bis fünf Stunden. Untcher trug ihm auf, sich sofort an die Arbeit zu machen und es in zwei bis drei Stunden zu schaffen. Von den dreizehn übrigen „Normalen" stellte er zwei Mann ab, Dunyan zu helfen, die anderen rief er in den Kommandostand, um mit ihnen die Lage zu beraten.
Das war zu der Zeit, als draußen die Sonne unterging. Die Temperaturen begannen, mit atemberaubender Geschwindigkeit zu sinken. Opghans dünne Atmosphäre ließ die Wärme, die der gewaltige Ozean während des Tages aufgesammelt hatte, fast ungehindert in den Weltraum hinaustreten.
Das Wasser des Ozeans war außergewöhnlich salzarm. Eine Stunde nach Sonnenuntergang begann das mächtige Weltmeer zu gefrieren und die kleine Insel, auf der die FINMARK stand, mit einem Wall von Eis zu umgeben.
3.
Das war die Zeit, in der Furcht die grünhäutigen, schuppenbedeckten Wesen auf dem Grund des Meeres zu packen pflegte. In frühen Jahrtausenden, zu Beginn ihrer Geschichte, hatten sie keine festen Städte gekannt und waren vor dem dunklen Rand der Nacht, der sich langsam über das Meer schob, immer nach Westen geflohen, hinter der schwindenden Sonne drein. Wer zurückblieb, war verloren. Denn von Natur aus war ein Ephoger nicht dazu befähigt, bis in solche Meerestiefen vorzustoßen, in denen sich der krasse Temperaturunterschied nicht mehr auswirkte und das Wasser flüssig blieb.
Einstmals waren sie ewige Wanderer gewesen. Während seines Lebens pflegte ein Ephoger seine Heimatwelt wenigstens zehnmal zu umrunden, das erstemal im Schwimmkorb der Mutter, danach aus eigener Kraft. Die kleinen Inseln an der Oberfläche des Meeres, insgesamt 3634 an der Zahl, waren ihm Rastplatz und Treffpunkt mit anderen seines Volkes.
Dann war das Jahr gekommen, in dem der Motor erfunden wurde. Von
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