0093 - Mord in der Mumiengruft
Drinks ging ich zu ihr und reichte ihr ein Glas. Dabei berührten sich unsere Finger. Ihre Haut war warm.
Ich nahm ihr gegenüber Platz.
»Cheerio«, sagte sie.
Ich nickte, und wir tranken.
Ich stellte das Glas auf den kleinen Tisch und streckte meine Beine aus. »Da Sie meinen Namen kennen, Miß, wollen Sie etwas von mir. Ich möchte Sie deshalb bitten, es kurz zu machen, denn leider ist meine Zeit sehr knapp.«
»Verstehe. Ich bin Juana Alvarez.«
Sie sagte es mit solch einer Bestimmtheit, daß ich unwillkürlich aufhorchte. »Müßte ich Sie kennen, Miß Alvarez?«
»Sie kennen doch Sam Kettering.«
»Nein.«
Ihre Augenbrauen schoben sich etwas in die Höhe. Juana zeigte Überraschung. »Aber wegen ihm sind Sie hierhergekommen?«
»Schon gut, nur ist er tot.«
»Ich weiß, denn ich war sehr gut mit ihm bekannt.« Sie wechselte die Beinstellung, schlug sie übereinander, und die Seide des langes Kleides knisterte, als würden Funken zwischen ihren Knien sprühen. Diese Frau strahlte einen brandheißen Sex aus.
Aber ich blieb vorsichtig. Denn sie umgab ein Geheimnis, das ich gern lüften wollte.
»Ich schreibe für eine Zeitung«, sagte sie plötzlich.
»Aha. Reporterin also.«
»So könnte man es nennen.«
»Haben Sie ein bestimmtes Gebiet?«
Ihre Finger spielten mit dem Glas. »Das habe ich. Ich interessiere mich sehr für die Kulturgeschichte meines Volkes.«
»Den Mayas?«
Sie nickte. »Ja, meine Vorfahren waren Mayas. Und mich interessiert auch das Rätsel ihrer Magie. Die Mayas waren magisch begabt. Wenigstens einige ihrer Priester. Es ist allerdings noch nicht viel darüber bekannt geworden. Sam Kettering hat versucht, Licht in das Dunkel zu bringen. Leider ist er zu früh gestorben.«
»Aber nicht durch Magie«, schwächte ich ab.
»Wer weiß?«
»Dann wissen Sie mehr?«
»Noch nicht, aber ich will es herausfinden. Vor allen Dingen möchte ich die Pyramide der grausamen Priester finden. Und sie werden mir dabei helfen, Mr. Sinclair. Sam Kettering kann es leider nicht mehr.«
»Ich werde einen Teufel tun, Miß Alvarez«, erwiderte ich. »Ich kann Sie doch nicht mit in den Dschungel nehmen.«
»Warum nicht?«
»Es ist zu gefährlich.« Die Antwort klang lahm, aber mir fiel keine bessere ein.
Sie lachte spöttisch auf. »Ohne Ihnen nahetreten zu wollen, Mr. Sinclair, ich kenne den Dschungel besser als Sie.«
»Das nehme ich Ihnen gern ab. Nur…« Plötzlich wechselte ich das Thema. »Glauben Sie an die Wiedergeburt?«
»Woran?« fragte sie zurück. Und das meines Erachtens nur, damit sie Zeit gewann.
Ich wiederholte die Frage.
Juana Alvarez senkte den Blick. »Ich habe darüber gelesen«, gab sie zu. »Und gerade die alten Völker glaubten an eine Wiedergeburt.«
»Sie entstammen einem alten Volk«, sagte ich.
Juana schaute mich an. »Glauben Sie oder rechnen Sie damit, daß ich schon einmal gelebt habe?«
»Es kann doch möglich sein.« Ich hatte sie nervös gemacht. Das versuchte sie auch gar nicht zu verbergen. Ihre Finger bewegten sich unruhig; die Spitzen trommelten auf ihren Knien. Hastig trank sie ihr Glas leer.
»Sie haben also schon einmal gelebt, Miß Alvarez.«
Juana schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Wirklich nicht.«
»Sie würden es aber auch nicht abstreiten.«
»Nein.«
»Und warum nicht?« hakte ich nach. »Haben Sie schon Beweise für eine ehemalige Existenz bekommen?«
Sie hob den Kopf und schaute mich an. »Ich weiß nicht, warum ich mit Ihnen darüber spreche, Mr. Sinclair, aber ich habe das Gefühl, schon einmal gelebt zu haben. Und zwar ganz in dieser Nähe. Damals, vor Hunderten von Jahren als Maya-Mädchen. Manches kommt mir bekannt vor. Das habe ich auch Sam Kettering gesagt, und er hat seine Forschungen mit mir aktiviert und intensiviert. Wieso, glauben Sie, hat er so rasch den Tempel gefunden? Weil ich ihm dabei geholfen habe. Was zahlreiche Leute vor ihm nicht geschafft haben, bei mir klappt es. Ich habe mich zurückerinnert und wußte plötzlich den Weg. Und ich weiß auch, wie ich gestorben bin, Mr. Sinclair.«
»Ein Hoherpriester hat Ihnen das Herz aus dem Leib geschnitten«, sagte ich.
Juana zuckte zusammen, und ihr Gesicht verzerrte sich, als würde sie jetzt noch die Schmerzen spüren. »Woher – woher wissen Sie das, Mr. Sinclair?«
»Ich weiß es eben.«
»Das ist keine Antwort.«
»Sie müssen sich aber damit begnügen«, sagte ich hart. Ich hatte kein Interesse daran, meine Vision preiszugeben, doch auf der richtigen
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