0094 - Schreie im Schreckenshaus
in den Ohren des Girls.
Aus! Jetzt war alles aus. Sie würde Lady Gowan die Wahrheit sagen müssen.
Plötzlich war auch die Starre weg. Linda Brown entschloß sich, der alten Frau entgegenzugehen.
Da schellte es!
***
Die Schritte der Lady verstummten. Für einige Sekunden herrschte Stille in dem Haus.
Linda Brown atmete auf.
Dann fragte die Lady: »Wer kann das sein, Linda? Hast du jemanden eingeladen?« Manchmal duzte die Lady sie. Wie es ihr gerade einfiel.
»Nein.«
»Ich auch nicht. Also Fremde.«
Wieder ertönte die Glocke. Das Läuten kam Linda vor wie ein Rettungsanker, den sie greifen mußte.
»Wir machen nicht auf!« Lady Gowans Stimme klang entschlossen.
Linda bekam einen Schreck, raffte jedoch ihren Mut zusammen und ging die Schritte bis zum Treppenaufgang vor. Die Lady schaute zu ihr hoch. Im Licht der Deckenlampe wirkte ihr Gesicht bleich wie das einer Toten.
Linda versuchte ein Lächeln. »Wir sollten aber öffnen. Vielleicht braucht jemand unsere Hilfe.«
»Die Trottel aus dem Dorf interessieren mich nicht.«
»Und wenn es mein Vater ist?« fragte Linda.
Lady Gowan setzte zu einer Antwort an und öffnete den Mund. Noch im gleichen Atemzug verschlossen sich ihre Lippen wieder. Die Frau nickte.
»Ich… Ich darf also öffnen?« fragte Linda.
»Ja.«
Erleichtert und das zeigte ihr lächelndes Gesicht lief Linda Brown die Stufen hinunter und dann auf die Haustür zu. Heftiger als gewöhnlich zog sie sie auf.
Vor ihr stand eine Frau, die sie nicht kannte.
Von ihrem blonden Haar wurde ein Großteil von der schicken Pelzkappe verdeckt. Die Frau trug einen langen Wildledermantel, der ebenfalls ein Innenfutter aus Pelz besaß. Der Atem stand als Fahne vor ihrem Mund, und die Wangen zeigten das Rot der Kälte. Sie schien lange gelaufen zu sein, denn auf den Stiefelkappen lagen noch kleinere Schmutzreste.
»Ja bitte?« fragte Linda.
Jane Collins lächelte. »Sie müssen vielmals entschuldigen«, sagte sie, »aber mir ist ein Mißgeschick passiert.« Jane drehte sich und deutete in Richtung der Straße. »Dort ist mein Wagen liegengeblieben. Er gibt keinen Mucks mehr von sich. Wenn Sie so freundlich wären und mich telefonieren ließen…«
»Selbstverständlich, Miß…«
»Collins ist mein Name, Jane Collins. Ich komme aus London.«
»Linda Brown. Bitte, treten Sie näher.«
»Danke sehr!« Jane wischte ihre Füße auf der Matte ab und betrat das Haus. Hinter ihr schloß Linda die Tür.
Die Detektivin war froh, Linda unversehrt vorzufinden, und sie freute sich auch, Eintritt in das Haus der Lady Gowan erhalten zu haben.
Die Hausherrin war die Treppe heruntergestiegen. Vor der ersten Stufe stand sie wie eine Statue. Die Hände ihrer halb erhobenen Arme hielten die Stola vor der Brust umklammert. Ein wenig mißtrauisch schaute sie Jane entgegen.
Die Privatdetektivin setzte ihr harmlosestes und freundlichstes Lächeln auf, als sie sich noch einmal für ihr Mißgeschick entschuldigte.
»Wo, sagten Sie, ist das geschehen?« fragte Lady Gowan.
»Auf der Straße zwischen Cold Plains und Caterham«, erklärte sie.
Die Lady runzelte die Stirn. »Warum sind Sie nicht in den Ort gelaufen? Dort hätte man Ihnen doch viel besser und schneller helfen können.«
Jane hatte die Ausrede schnell parat. »Ich sah hier Licht brennen. Es schimmerte weit in der Dunkelheit. Aber wenn ich wieder gehen soll und Sie sich gestört fühlen, dann brauchen Sie es nur zu sagen.« Jane drehte sich um und tat, als wollte sie das Haus verlassen.
Sofort mischte sich Linda Brown ein. »Nein, bleiben Sie, Miß Collins.« Sie warf ihrer Chefin einen flehenden Blick zu. »Das können wir nicht machen, sie in die Kälte hinausschicken.«
Die Lady überlegte kurz. Dann nickte sie. »Es ist gut. Sie können sich etwas aufwärmen und telefonieren.«
Auch Linda fiel ein Stein vom Herzen. »Darf ich Ihnen aus dem Mantel helfen?«
Jane warf der Lady einen fragenden Blick zu, und diese sagte: »Machen Sie schon.«
»Danke.« Jane zog ihren Mantel aus. Linda hängte ihn weg. Sie nahm auch die Pelzkappe mit.
Jane trug darunter einen dicken grünen Pullover mit Rollkragen und eine enge Cordhose, deren Beine in den Stiefelschäften steckten.
»Sie glauben gar nicht, wie dankbar ich Ihnen bin«, plauderte sie. »Es ist ein Schock, wenn der Wagen plötzlich…«
Lady Gowan winkte ab. »Ja, ja, schon gut.« Sie deutete auf eine Kommode. »Dort steht das Telefon.«
»Danke.«
Jane ging auf den Apparat zu. Keine der beiden
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