0095 - Himmel ohne Sterne
Bewußtsein Besitz zu ergreifen. Aber wer?
Makellos lag die Schneefläche vor ihm. Und dort, nur wenige Meter entfernt, mußte der Unbekannte stehen. Ein Unsichtbarer.
Aber es waren keine Fußspuren vorhanden. Jeder Unsichtbare hätte in dem weichen Schnee Spuren hinterlassen müssen. Rhodans Augen begannen zu tränen, als er versuchte, einen Hinweis zu finden. Die Schmerzen im Kopf nahmen ständig zu.
„Versuche es telekinetisch!" rief er Gucky zu.
Der Mausbiber nickte. Er konzentrierte sich auf die nicht sichtbare Materie, die dicht vor ihm sein mußte - und schlug zu.
Sein Schlag führte ins Leere. Der Schmerz blieb.
Rhodan tastete nach dem Energiestrahler, aber dann sah er das Sinnlose seiner Absicht ein. Er konnte nicht auf etwas schießen, das er nicht sah. Wenigstens noch nicht.
„Es geht nicht", sagte Gucky verzweifelt. „Aber ich glaube, ich kann ihn - oder es - telepathisch erreichen. Meine Gedanken stoßen auf Widerstand. Die Entfernung beträgt vielleicht zehn Meter, mehr nicht."
Das war immerhin schon etwas. Die Richtung und Entfernung ließen sich bestimmen. Mehr leider nicht. Vorerst wenigstens nicht.
„Kannst du die Größe bestimmen?"
„Ich spüre nur in seinen Gedanken einen Widerstand, sonst nichts. Es ist, als wären die Gedanken des Unbekannten das einzige Materielle an ihm. Sein Körper - er hat keinen Körper in unserem Sinne."
Ein plötzlicher Verdacht entstand in Rhodan, aber er verwarf ihn sofort wieder. Nein, es handelte sich keinesfalls um einen Druuf. Die waren nur deshalb unsichtbar gewesen, weil sie in einer anderen Zeitebene existierten. Das war hier offensichtlich nicht der Fall.
Plötzlich ließ der Schmerz im Gehirn nach. Gucky blieb unbeweglich stehen.
„Er hat seinen mentalen Angriff aufgegeben. Seine Kraftreserven sind geringer als die unsrigen. Sein Versuch, uns unter seinen Willen zu zwingen, ist fehlgeschlagen."
„Ist es nur einer?"
Gucky gab keine Antwort. An die Möglichkeit, es mit mehreren Gegnern zu tun zu haben, schien er noch nicht gedacht zu haben. Zwar hatte sich sein Nackenfell wieder gelegt, aber die Sorgenfalten auf der Stirn waren geblieben.
„Nein, es sind jetzt mehrere. Sie nähern sich uns von allen Seiten."
Immer noch war nichts zu sehen, keine schattenhaften Umrisse und vor allen Dingen keine Fußspuren. Rhodan nickte Sengu zu und nahm Guckys Hand. Der Japaner ergriff die andere.
„Sobald ein neuer Angriff erfolgt, springen wir." Sie warteten. Nicht lange.
Aus dem Nichts zuckte plötzlich ein blaßblauer Energiestrahl und fuhr dicht vor ihren Füßen in den Schnee, der sofort schmolz und zu verdampfen begann.
„Los!" rief Rhodan. Gucky hatte den Sprung so berechnet, daß sie keine zwei Kilometer entfernt wieder materialisierten. Sie standen ein wenig erhöht auf der sanft ansteigenden Flanke des Berges und konnten die Stelle, an der sie eben noch gewesen waren, sehr gut einsehen.
Ein wahres Feuerwerk tobte dort. Aus den verschiedensten Richtungen kamen die tödlichen Strahlen und verwandelten den Schnee in einen kleinen See, der brodelnd zu kochen begann. Der Wasserdampf verflüchtigte sich schnell nach allen Seiten, sofern er sich nicht sofort wieder niederschlug.
„Sie nehmen an, wir hätten uns ebenfalls unsichtbar gemacht", vermutete Rhodan. Er war sich seiner Sache durchaus nicht sicher. „Jetzt versuchen sie, uns zu vernichten."
Im gleichen Augenblick hörten die Angriffe auf. Die Energiestrahlen erloschen und blieben aus. Der See begann, schnell zu erstarren. Er wirkte auf die große Entfernung wie ein gläsernes Auge, das jemand in der Schneewüste verloren hatte. Gucky lauschte.
„Sie kommen hierher", flüsterte er. „Ich kann es nicht mit Bestimmtheit sagen, aber ich meine, es wären nicht mehr als fünf oder sechs von ihnen. Sie denken wieder. Und ich fürchte, sie haben auch unsere Gedankenimpulse aufgespürt, darum stellten sie den nutzlosen Angriff ein."
„Dann werden sie sich aber auch den Kopf zerbrechen, wieso wir so schnell hierhergelangen konnten", bemerkte Rhodan mit einer Spur von Triumph. „Wie schnell sind sie?"
„Nicht sehr schnell", gab Gucky zurück. „Ein Mann, der rennt, ist schneller hier."
Sie starrten in Richtung des Eisbeckens. Von dort mußten sie kommen und in zwei oder drei Minuten hier sein. Nichts bewegte sich aber in der abfallenden Ebene. Kein Schneewölkchen verriet den Ansturm der unsichtbaren Verfolger. Jetzt spürte auch Rhodan den Schmerz im Schädel wieder.
„Was sind
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