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0095 - Yama, der Totengott

0095 - Yama, der Totengott

Titel: 0095 - Yama, der Totengott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Wolf Sommer
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der Bon-po auf Nicole und Edgar Birch der Polizei bekannt zu geben. Einmal würde ihnen die New Yorker City Police wahrscheinlich sowieso auf die Spur kommen. Und zum zweiten lag Zamorra daran, dass eine Großfahndung nach den Bon-Mönchen und ihren Opfern eingeleitet wurde.
    Begleitet von einem der besten Anwälte der Stadt, den Bill gut kannte, suchten die Lamas, am anderen Morgen Police Plaza auf. Die Anwesenheit des Anwalts erwies sich als ungeheuer wertvoll. Ohne ihn wären die drei Tibeter auf der Stelle verhaftet worden -als mutmaßliche Mörder und Kidnapper. Oder auch als Verrückte, denn alles, was Blo über Reinkarnation und Magie zu Protokoll gab, stieß natürlich auf absoluten Unglauben. Die Rhetorik des Anwalts und die Aussage eines Zeugen, der gesehen hatte, dass bei dem Handgemenge, auf dem Country Club-Parkplatz mindestens sechs ›Pappchinesen‹ beteiligt gewesen waren, rettete die Tschöd-Lamas.
    Eine Großfahndung nach den Verschwundenen wurde eingeleitet. Sie blieb ergebnislos.
    Wohl oder übel mussten sich Professor Zamorra und Bill Fleming der Ansicht anschließen, die die drei Tschöd-Mönche von Anfang an vertreten hatten: die Bon-Leute hatten ihre beiden Opfer längst dorthin gebracht, wo sie vor allen Nachforschungen sicher waren.
    Nach Tibet.
    ***
    Als Nicole wieder zu sich kam, wusste sie im ersten Augenblick gar nicht, was los war. Nur langsam kehrte die Erinnerung zurück, so als weigere sich ihr Bewusstsein, sich mit den jüngsten Geschehnissen zu beschäftigen.
    Dann aber stand wieder alles klar vor ihren Augen: Edgar Birch, die Asiaten, das blutige Handgemenge auf dem Parkplatz, die spukhafte Schreckensgestalt, der Schlag auf den Kopf, der sie betäubt hatte.
    Und jetzt?
    Sie versuchte, sich über ihre Situation klar zu werden. Diese war schlecht, denkbar schlecht. Sie befand sich in einem stockfinsteren Raum, in dem es unangenehm kühl war. Ihre Hände und Füße waren gefesselt, so dass sie sich kaum bewegen konnte. Sie lag auf dem Rücken, auf hartem Untergrund. Mit den Fingernägeln konnte sie über die Oberfläche kratzen. Sie kam zu der Auffassung, dass es sich wohl um Beton handeln musste. In unregelmäßigen Abständen rauschte es irgendwo in der Nähe - ein Wasserrohr möglicherweise.
    Wo also war sie? In irgendeinem Keller? Vielleicht, vielleicht auch nicht.
    Nicole schrie um Hilfe, so laut und durchdringend, wie sie nur konnte. Es erfolgte keinerlei Reaktion. Man hörte sie entweder nicht oder wollte sie nicht hören.
    Dann versuchte sie, ihre Fesseln zu lösen. Aber sie merkte sehr schnell, dass ihr dabei weder Kraft noch Geschicklichkeit etwas nutzten. Diese Fesseln, dünne Lederriemen ihrem Gefühl nach, hatte ein Fachmann angelegt. Es würde ihr niemals gelingen, sie ohne fremde Hilfe abzustreifen.
    Nicole war ein einsichtiger Mensch. Sie erkannte, dass sie ihre Lage nicht verbessern konnte und hörte auf zu schreien, hörte auch auf, an den Fesseln zu zerren.
    Statt dessen wartete sie. Auf was? Sie wusste es nicht. Sie hatte keine Ahnung, warum man sie hier gefangen hielt, konnte sich auch nicht vorstellen, wer ein Interesse daran haben sollte, dies zu tun. Sie konnte lediglich mit einiger Sicherheit vermuten, dass alles, was ihr geschah, im Zusammenhang mit der Person Edgar Birchs zu sehen war. In welchem Zusammenhang? Edgar Birch mochte es wissen. Oder auch nicht.
    Sie wartete weiter - Stunden, vielleicht sogar Tage. In der Dunkelheit wurde die Zeit zeitlos. Sie hatte Hunger und Durst, aber niemand kam, um nach ihr zu sehen. Des öfteren fiel sie in einen kurzen, von Alpträumen geplagten Schlaf, und bald hatte sie auch während der Perioden des Wachens alptraumhafte Halluzinationen.
    Als sie sich schon langsam damit abgefunden hatte, wahnsinnig zu werden oder in diesem dunklen Haus zu sterben, kam dann doch jemand.
    Zwei Männer, mit einer starken Taschenlampe bewaffnet, betraten den Raum - Mongolen. Im Schein der Lampe sah Nicole, dass es tatsächlich ein Kellerraum war, in dem sie sich befand. Ein völlig vergammelter, leerer Kellerraum, dessen dicke Staubschicht verriet, dass ihn wahrscheinlich seit Jahren kein Mensch mehr betreten hatte.
    Die beiden Mongolen zogen sie hoch.
    Nicole sprach sie an, mit einer Stimme, der man anhörte, dass sie aus einem ausgedörrten Hals kam. Die Männer achteten jedoch nicht auf ihre Worte, schleppten sie nur schweigend mit sich fort.
    Sie wurde in einen anderen Kellerraum gebracht, der genauso verkommen und seit Jahren

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