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0096 - Die Seelenfänger

0096 - Die Seelenfänger

Titel: 0096 - Die Seelenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhart Hartsch
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Gestalten wie Mönche, mit Kapuzen über den Köpfen. Sie waren es, die sangen.
    Alle schauten auf den Altar, der genau so aussah, wie der Chronist unerträglicher Schrecken es in seinem Buch festgehalten hatte.
    Zamorra erkannte den ominösen Behälter mit den dreizehn Spangen.
    Dort oben, auf dem schwarzen Basalt, der tischartig über der Gemeinde aufragte, hockten jetzt sieben Gestalten in gelben Gewändern. Sie hielen schwarze brennende Kerzen in den Knochenhänden und rührten, sich nicht.
    In Herzhöhe hatten diese Leute hier Symbole eingestickt und magische Zeichen. Sie stellten wohl Auserwählte dar unter den Mitgliedern der teuflischen Gemeinde. Deshalb hatten sie allein das Recht, dort oben zu sitzen und den Zeremonien unmittelbar zu zuschauen.
    Während sich den minderen Chargen, die in den Kirchenstühlen unbeweglich ausharrten, nicht mehr bot als die gelben Zipfel der Kapuze und allenfalls die Gestalt des Hohepriesters, auf den alle zu warten schienen.
    Tatsächlich erklang ein Gong.
    Der Ton rollte durch den weiten Raum und verirrte sich irgendwo, vielfach zurückgeworfen, unter der hohen Kuppel.
    Zamorra bemerkte im Hintergrund eine Bewegung.
    Dann kam der Träger der Bocksmaske.
    Sein Erscheinen löste einen Tumult aus.
    Ein ohrenbetäubender Lärm erhob sich. Die Stimmen klangen nicht menschlich. Eher wie das Krächzen von Krähen und Eulen; Grunzen und geisterhaftes schrilles Lachen.
    Hier und da wurde jemand von einem Veitstanz befallen.
    Die Umstehenden achteten nur darauf, daß er sich die Maskerade nicht abriß. Sie wollten anonym bleiben. Auch untereinander. Obgleich sie sich mittlerweile wohl längst an irgendwelchen anderen Äußerlichkeiten erkannten wie Bewegungen der Hände oder Füße. Die Art zu lachen. Oder zu sprechen. Beziehungsweise in den Singsang der höllischen Gemeinde einzustimmen.
    Unbestimmbare, groteske Gestalten warfen ihren Schatten an die Steinmauern. Im gespenstisch flackernden Licht zahlloser Kerzen, die nicht nur einen höllischen Gestank verbreiteten, sondern auch eine schier unerträgliche Hitze, bewegten sich riesige Fledermäuse durch die Luft. Sie selbst sah man nicht. Man hörte nur das schaurige Rauschen lederartiger Flügel. Ein hektisches Schwirren und Flattern. Und konnte die schemenhaften Schattenrisse beobachten.
    Phantastisch und abstoßend waren diese Geschöpfe der Nacht, die mit den Fledermäusen um die Wette zirkelten. Sie verbreiteten den Aasgeruch der Verdammnis. Hoch über der entweihten Stätte, dem befleckten Zerrbild eines Altars, jagten Fabelwesen unbekannten Zielen zu. Halb Mensch, halb Tier, ritten sie auf geflügelten Böcken oder Löwen oder Stieren. Manchmal auch einfach auf Besenstielen oder Flammenschwertern.
    Zamorra wischte sich die Augen.
    Aber die Trugbilder wichen nicht. Obgleich er sicher sein durfte, daß er nicht hypnotisiert worden war und alles nur in seiner Einbildung bestand. Seit der Panne mit Nicole war er gewarnt. Er hatte seine Abwehrkräfte verdoppelt, damit er nicht unter den dämonischen Einfluß dessen geriet, der der Geheimsekte Vorstand und über Kräfte verfügte, die mit dem Verstand nur unzulänglich erklärt werden konnten.
    Undurchdringliche Dämpfe stiegen aus verborgenen Weihkesseln auf und hüllten die Gemeinde ein, die in einem merkwürdigen rituellen Tanz um den Opferblock schritt, während die Weisen dort oben und auch der, der zuletzt gekommen war und die Bocksmaske trug, unbeweglich blieben. Sie rührten sich nicht. Starrten unbewegt in das Gewimmel der Anhänger, ohne eine einzelne Figur bewußt ins Auge zu fassen.
    Schließlich hob der Zeremonienmeister das vergoldete mattglänzende Gehörn, das er als Zepter führte und gebot Schweigen.
    Augenblicklich trat Ruhe ein. Jeder verharrte an seinem Platz.
    Die Bocksmaske mit den gelblichen glänzenden Augen wandte sich ein wenig dem schweigsamen Zuschauer dort oben auf der Empore zu. Wie höhnisch wirkte der Blick des Meisters!
    Der Tierkopf wandte sich wieder dem Eingang zu.
    Dann gab das Gehörn ein Zeichen.
    Augenblicklich traten vier nackte Träger ein. Sie schleppten eine Trage. Auf der lag ein junges Mädchen, wie die Umrisse andeuteten, die sich unter dem weißen Tuch abzeichneten.
    »Wieselauge, Rattenschwanz, Natternhaut und Rabenfeder, Schierling auch und Fliegenpilz…« intonierte ein höllischer Chor, während zwei der Sektenmitglieder die genannten Ingredienzien in einen Kessel mit siedendem Wasser schütteten, der auf Knopfdruck aus der

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