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0096 - Die Seelenfänger

0096 - Die Seelenfänger

Titel: 0096 - Die Seelenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhart Hartsch
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laut.
    »Laßt mich allein. Verschwindet!«, antwortete Zamorra nur.
    Seine Aufgabe erlaubte keine Zersplitterung der Kräfte. Vor allem der geistigen nicht. Wenn er diesen Strauß siegreich bestehen wollte, mußte er seine ganze Kunst aufbieten.
    Langsam leerte sich der Turm.
    Stille trat ein. Eine unheimliche bedrückende Stille.
    Mondlicht fiel in das Grab, an dessen Rand Zamorra schweigend und in sich gekehrt verharrte. Während er seine Kräfte konzentrierte und sich sammelte. Und hoffte, daß sein Amulett wirksam genug sein würde, um die Kräfte der Schwarzen Magie in ihre Schranken zu verweisen.
    Der Alte dort mit dem höhnischen Gesichtsausdruck im eingefallenen mumifizierten Gesicht, schien Zamorra förmlich zu erwarten. Die Haut war bräunlich und verschrumpelt. Wie Pergamentpapier.
    Der Behälter mit dem verteufelten Mineral strahlte im hellsten Licht. Er schien die Grabstätte zu beschirmen und abzuriegeln. Es jedem unmöglich zu machen, auch nur einen Fuß in die Gruft zu setzen.
    Aber auch das Amulett in Zamorras Hand arbeitete. Es verbreitete ein überirdisches weißblaues Licht. Es erwärmte sich zusehends, als werde eine Batterie schnell aufgeladen.
    Ein Strom beruhigender Kraft ergoß sich durch Zamorras Adern. Er fühlte: jetzt oder nie. Langsam setzte er sich in Bewegung. Machte sich an den Abstieg. Schob sich über den Rand der eisigen Gruft, in dem ihn der Großmeister der geheimen Loge mit gekreuzten Armen empfing und einem teuflischen Grinsen auf den eingefallenen greisenhaften Zügen.
    ***
    Zamorras Fuß tastete nach einem Halt. Er hielt das Amulett schützend vor sich. Wie ein Schild.
    Aber er spürte durchaus die Gegenkräfte.
    Da war ein feines überirdisches Sirren und Singen in der Grube. Wind wallte durch das Grab, wirbelte den Staub durcheinander, der tanzte und sich verdichtete. Magisch leuchtete und grünlich phosphoreszierte, sich in drehenden Säulen erhob, zusammenfiel, an anderer Stelle neu erhob. Und jedesmal durch das Amulett daran gehindert wurde, dichtere Gestalt anzunehmen.
    Das gespenstische weißbläuliche Licht, das von dem Amulett ausströmte, verscheuchte die bösen Geister, hinderte sie am Entstehen, löste sie förmlich auf und verwandelte sie zurück in Spukgestalten, ehe sie feste Formen annehmen konnten.
    Zamorra murmelte eine Beschwörungsformel. Eine hebräische Anrufung der guten Kraft.
    Ein unmenschlicher Schrei in der Gruft antwortete ihm.
    Es folgten leise gemurmelte Worte. Unverständlich, in einer fremden Sprache, die Zamorra nicht verstand. Er tippte auf Chaldäische Mundart. Diese Leute waren einst bekannt gewesen in der Antike für ihre überirdischen Kräfte. Später hatte man sie verfolgt und verfemt. Es gab Beweise, daß sie auch an den Höfen der römischen Kaiser ihr Unwesen getrieben hatten.
    Zamorra ließ sich nicht aufhalten.
    Entschlossen kniete er nieder.
    Er brauchte seine ganze Kraft, um das Amulett ruhig zu halten. Irgendetwas zerrte wie wild an seinem Arm, versuchte das magische Licht des Reifes abzulenken, zu zerstreuen.
    Zamorra gab nicht nach.
    Die freie Hand tastete nach dem magischen Kästchen.
    Es kostete den Professor unsagbare Kraft, eine Spange nach der anderen zu öffnen. Er mußte sie förmlich aufbrechen. Es war, als klammerten sie sich in ihre Verankerung. Waren sie aber einmal gelöst, so baumelten sie herunter wie abgeschnittene Finger.
    Zamorra schaffte auch den dreizehnten Riegel.
    Mühsam öffnete er den Deckel.
    Zamorra fuhr fast zurück, geblendet von dem Anblick des rätselhaft geschnittenen und geschliffenen Minerals. Alles in ihm drängte zurück. Fast wäre er aufgesprungen. Er konnte den Anblick nicht lange ertragen, das spürte er instinktiv. Er mußte handeln. Mußte den Arm zwingen, den Befehl auszuführen, den sein alarmiertes Gehirn sendete.
    Langsam streckte er die Hand mit dem Amulett aus.
    Er berührte damit unmittelbar den Stein.
    Es war, als würden Feuer und Wasser gemischt. Es zischte und brodelte. Nach qualvollen Sekunden, die Zamorra wie Stunden erschienen, löste sich der Stein des Bosen auf. Trieb Blasen, die an der Oberfläche zerplatzten.
    Der Inhalt des metallischen Kästchens löste sich auf. Verschwand. Zurück blieb ein schwarzes Loch. Ein Nichts.
    Gleichzeitig durchlief das Skelett des Magiers rätselhafte Metamorphosen. Zuerst verformte sich das grinsende Knochengesicht. Ein schwarzer Pelz bedeckte plötzlich die Gebeine. Ein paar dünne Schnurrbartenden sprossen hervor. Krallen schoben sich

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