Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0098 - Im Labyrinth der grünen Henker

0098 - Im Labyrinth der grünen Henker

Titel: 0098 - Im Labyrinth der grünen Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Appel
Vom Netzwerk:
Duval. »Hilfe!«
    Bill Fleming konnte ihr nicht zu Hilfe eilen. Er hatte mit den beiden Negern alle Hände voll zu tun. Eine Trillerpfeife gellte. Athletische Rettungsschwimmer eilten herbei. Aber als sie den Unheimlichen sahen, der Nicole Duval wegschleppte, blieben sie stehen und bekreuzigten sich.
    »Ogun! Bara und Jara!« riefen zwei Rettungsschwimmer die Macumba-Götter an.
    Der Knochenmann stieß einen grollenden Laut aus. Er schritt durch den weichen weißen Sand, ohne Spuren zu hinterlassen. Er erreichte die Markise einer Verkaufsbude. Eilig räumten Gäste die vorderen Tische, als der Knochenmann mit seinem Opfer sich näherte. Er trat unter die Markise.
    Bill Fleming schaute zu Nicole hinüber und kassierte von dem Neger mit dem kanariengelben Hemd einen Schlag, daß er Sternchen sah und sich auf den Boden setzte. Plötzlich umwolkte Rauch den Knochenmann und das sich sträubende blonde Mädchen. Der Rauch hüllte sie völlig ein. Ein Zischen ertönte, und ein Wispern und Raunen war zu hören.
    »Cumbacho! Cumbacho!« riefen die beiden Neger, die Bill Fleming attackiert hatten.
    Bill sprang auf und schlug dem Schwarzen mit dem gelben Hemd kräftig eins auf die Nase.
    »Da hast du’s! Und den noch aus der Armenkasse!«
    Der Schwarze krümmte sich. Er torkelte zurück, doch dann drehte er sich um und rannte davon. Sein Kumpan folgte ihm. Bill Fleming verfolgte die beiden nicht. Er stürzte zu der Rauchsäule hin, die Nicole Duval und ihren Entführer verbarg.
    Wieder hörte er das Zischen. Er griff in die Rauchsäule hinein, aber er spürte keinen Widerstand. Der Rauch stank nach Pech und Schwefel und ätzte Bills Schleimhäute, er ließ ihn husten. Bill wedelte mit den Armen.
    Der Rauch verflüchtigte sich allmählich. Weder Nicole Duval noch der grüne Henker waren zu sehen. Bill schaute sich um, und die Angst schnürte ihm die Kehle ab. Das durfte doch nicht wahr sein, Nicole war vor seinen Augen am belebten Copacabana-Strand entführt worden.
    Von einem Diener Cumbachos.
    Doch Bill konnte sich umschauen, soviel er wollte, Nicole Duval blieb verschwunden. Auch die beiden Neger, die Bill angegriffen und abgelenkt hatten, waren nicht mehr zu sehen. Sie hatten die Avenida Atlantica erreicht und waren von einem Taxi aufgenommen worden.
    Männer und Frauen umdrängten Bill Fleming und redeten auf ihn ein. Bill verstand kaum ein Wort. Er schüttelte den Kopf, er wußte nicht, was er jetzt anfangen sollte. Ein Rettungsschwimmer redete ihn schließlich auf Englisch an.
    »Was ist geschehen, Señor?«
    »Wenn ich das wüßte. Sie haben ebensoviel gesehen wie ich.«
    »Sollen wir die Polizei verständigen?«
    »Die Polizei nützt hier nichts. Das ist ein Racheakt gegen die Macumba.«
    Der Name hatte eine fast magische Wirkung und brachte die Neugierigen fürs erste zum Schweigen. Den Macumba-Kult kannte jeder. Und alle wußten, daß unheimliche Dinge geschehen waren, daß sich innerhalb des Kults eine Umwälzung vollzogen hatte, deren Folgen noch nicht abzusehen waren. Vor zwei Tagen hatte es den Tumult im Stadion von Iraja gegeben, der vier Tote und dreiundzwanzig Schwerverletzte gefordert hatte.
    Am vergangenen Tag waren Macumba-Anhänger Amok gelaufen, den Namen des Drachendämons Cumbacho schreiend. Zaubertränke, nach Macumba-Rezepten gebraut, hatten fürchterliche Wirkungen erzielt. Die Angst schlich durch die Straßen von Rio de Janeiro.
    Der Macumba-Kult und seine Macht wurden als eine Realität angesehen. Niemand wollte in Auseinandersetzungen verwickelt werden, bei denen dämonische Mächte stritten.
    »Macumba«, murmelten die Umstehenden. Und: »Cumbacho!«
    Sie gaben eine Gasse für Bill Fleming frei. Er ging zu der Decke zurück, auf der seine und Nicole Duvals Kleidungsstücke lagen. Bill Fleming, der nur eine Badehose am Leib trug, zog sich an und packte zusammen. Er mußte so schnell wie möglich Zamorra informieren.
    Er schaute auf die Armbanduhr. Es war sechs Minuten nach fünfzehn Uhr. Eigentlich hatten er und Nicole Zamorra erst beim Abendessen im Hotel treffen wollen. Aber vielleicht konnte Bill Fleming ihn eher erreichen.
    Er nahm die zusammengerollte Decke und die geflochtene Strandtasche und ging am überfüllten Strand in Richtung Hotel. Zahlreiche Menschen schauten ihm nach. Aber sie alle hielten es für besser, sich aus der ganzen Geschichte herauszuhalten.
    Bill Fleming nahm kaum etwas von seiner Umgebung wahr. Wie sollte er Zamorra unter die Augen treten und ihm beibringen, daß

Weitere Kostenlose Bücher