0099 - Die Lava-Falle
Bucht?«
»Wir müssen wenigstens versuchen, ob wir Giorgio finden«, antwortete ich.
»Dann laß es Jane nicht wissen«, meinte Bill grinsend und spielte darauf an, daß meine Freundin ganz schön eifersüchtig sein konnte. »Viel Glück, ihr beiden! Ich überlasse euch den Lamborghini. In einem Streifenwagen ist bestimmt noch Platz für mich!«
Während er zu den Carabinieri ging und Elena und ich in den Sportwagen kletterten, wunderte ich mich, daß es so ruhig war. Sammelte Surtur Kraft für einen neuen Schlag? Und wieso hatte sich der Dämon noch nicht gezeigt? Hatte er Angst vor mir und meinen Waffen?
Ich kannte die Antwort auf diese Fragen noch nicht, als ich die Talfahrt antrat. Vorläufig dachte ich nur an Giorgio Serpione. Dieser Surtur sollte sich verrechnet haben. Er sollte nicht nur seine Herrschaft über Sizilien nicht antreten, ich wollte auch dafür sorgen, daß er kein einziges Opfer mehr fand.
***
Der Bus von Messina nach Catania hatte an diesem Tag eine halbe Stunde Verspätung. Sechzig Kilometer vor der Stadt hatte ein Erdrutsch die Straße blockiert, so daß der Fahrer einen Umweg machen mußte.
Der Mann wohnte in Catania und freute sich schon auf die Ankunft. Seine Frau wollte ihn vom Busbahnhof abholen, weil er Feierabend hatte. Der Bus fuhr an diesem Tag nicht mehr zurück. Um die halbe Stunde Verspätung hereinzuholen, gab Pietro Canardo mehr Gas als sonst.
Die etwa fünfzehn Fahrgäste störte das nicht. Sie waren daran gewöhnt, daß der Bus mit halsbrecherischer Geschwindigkeit die kurvenreiche Küstenstraße entlangjagte. Sie verließen sich auf den Fahrer, der die Strecke seit Jahren kannte.
Noch vier Kilometer bis zur Stadtgrenze von Catania, dachte Pietro Canardo. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihm, daß er die Hälfte der Verspätung aufgeholt hatte. Maria mußte also nicht zu lange auf ihn warten.
Er lächelte, als er sich schon jetzt das Wiedersehen mit seinen Kindern vorstellte. Zwei Tage war er mit dem Bus unterwegs gewesen. Ob Mara schon wieder einen Zahn bekommen hatte? Die zweiten Zähne brachen bei ihr schneller durch, als die Milchzähne ausfielen.
Weiter kam der Busfahrer in seinen Gedanken nicht. Die Sonne tauchte zwar schon in das Meer, aber das Licht reichte aus. Er brauchte die Scheinwerfer nicht einzuschalten, um deutlich zu sehen, daß dort vorne neben dem Olivenbaum etwas nicht stimmte.
Canardo nahm den Fuß vom Gas und bremste. Zischend und fauchend griff die Druckluftbremse. Der lange Überlandbus rollte langsam auf die seltsame Erscheinung zu, auf die sich Canardo keinen Reim machen konnte.
Es sah aus, als habe sich ein riesiger Maulwurf an die Oberfläche gewühlt. Der Boden war aufgeworfen und schwarz verfärbt. Das Gras und die umstehenden Büsche waren angesengt.
»Hier hat es gebrannt«, meinte eine ältere Frau, die direkt hinter dem Fahrer saß.
Canardo glaubte nicht so recht daran. Die Erde war in Bewegung, hob und senkte sich, als stecke darunter ein mächtiges Lebewesen, das tief einatmete. Er wagte nicht, mit dem Bus an dieser Stelle vorbeizufahren.
»Was ist denn, schlafen Sie da vorne?« rief ein junger Mann von der letzten Reihe dem Fahrer zu. »Was geht uns das Ding an?«
Pietro Canardo antwortete nicht. Er öffnete die Drucklufttüren und stieg aus. »Alle bleiben im Wagen, das ist sicherer!« rief er seinen Fahrgästen zu und näherte sich vorsichtig der unheimlichen Stelle.
Sofort fiel ihm die Hitze auf, die von dem Hügel ausströmte. Doch das allein war es nicht. Sie hätte tatsächlich von einem erloschenen Brand stammen können.
Etwas anderes jagte dem Mann Angst ein. Es war eine fast greifbare Bedrohung, die in der Luft lag. Etwas unsagbar Böses schob sich näher und näher, ohne daß er es erklären konnte.
Und dann sah er die Hand!
Sie ragte aus der Erde, viel größer als eine Menschenhand und doch genauso geformt. Jeder einzelne Finger war fast so lang wie ein Unterarm, und an den Fingern saßen schwarze, gebogene Krallen. Auch die Hand war pechschwarz.
Wie gelähmt blieb Pietro Canardo bei dem Anblick stehen. Er vermochte nicht mehr, sich zu bewegen.
Die Hand lebte! Sie bewegte sich! Die riesigen Finger krümmten sich zusammen und ballten eine Faust, streckten sich wieder. Der ganze Arm erschien aus dem Erdreich, das plötzlich aufplatzte.
Hinter ihm schrien die Menschen im Bus. In höchster Panik versuchten sie, den Wagen zu verlassen, doch die Türen ließen sich nicht rasch genug öffnen.
Es ging alles
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