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0099 - Hexennacht

0099 - Hexennacht

Titel: 0099 - Hexennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Traute Maahn
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dafür, Molly. Aber zuerst kleidest du mich an, sonst gibt’s wieder Krach mit Don.«
    Sie sah sich um und entdeckte nur das hauchdünne lila Seidenkleid am Bügel.
    »Es gibt eine Drehplanänderung, Miß Gilbert«, strahlte Molly. Sie machte sich an der Kaffeemaschine zu schaffen. »Mr. Kelly will die Badeszene vorziehen. Bei dieser Hitze ist es doch gerade das Richtige.«
    Harriet erstarrte.
    »So«, keuchte sie, »will er das, ja?« Sie lief zur Tür und schrie. »Don… Don Kelly! Wo bist du, Don Kelly?«
    Jetzt kümmerten sie die Komparsen und Bühnenarbeiter nicht mehr, die draußen herumstanden.
    »Don Kelly…«
    Mit langen Schritten kam der Regisseur den Gang hinunter. Er warf einen Blick auf seinen Star.
    »Schrei nicht so, Harriet.« Er drängte sie durch die Tür der Garderobe und schloß die Tür. »Was ist los mit dir, he? Erstens warst du zu spät heute früh, und zweitens…«
    »Ich drehe die Badeszene nicht. Jedenfalls heute nicht«, ächzte Harriet.
    Don Kelly war lang, hager, dunkelhaarig, und hatte einen Charme, dem sich keiner entziehen konnte. Nicht umsonst ging von ihm die Sage, daß er mit jedem Starlet ins Bett hüpfte, ehe er es für einen Film engagierte.
    »Der große Star hat also Launen, wie?« fuhr er Harriet an. »Aber überspanne den Bogen nicht, ich warne dich. Du bist nicht unersetzlich, Harriet Gilbert. Merke dir das.«
    Harriet wartete, bis die rote Welle vor ihren Augen abebbte. Sie mußte klug sein, durfte ihm nicht verraten, was mit ihr geschehen war.
    »Ich will dir doch nicht absichtlich Schwierigkeiten machen«, sagte sie leise. »Es ist nur… ich habe heute nacht ein Gelübde getan.«
    Die dunklen Augen des Regisseurs zogen sich zusammen. »Gelübde? Was für eines? Daß du deinen Regisseur mit etwas mehr Respekt behandelst?«
    »Nein. Der schöne Hals einer Frau«, erklärte Harriet, »ist für die meisten Männer ein unglaubliches Stimulans, um eine Frau sexuell zu begehren. Deshalb werde ich ihn zukünftig verhüllen. Ich will nicht wegen meiner äußeren Vorzüge begehrt werden, sondern weil, ich eine Künstlerin mit großer Darstellungskraft bin.«
    Don Kelly sah nicht sehr intelligent aus, als er versuchte, diese Erklärung geistig zu fassen. Dann bog er den Hals zurück und lachte schallend. »Einen so großen Blödsinn habe ich mein Lebtag noch nicht gehört!« sagte er.
    Als er Harriet aber in die Augen sah, wurde er ernst. Er wußte, daß er nie mehr einen Film mit ihr drehen würde. Schließlich wollte er nicht vorzeitig altern und seine gesunden Nerven verlieren. Aber dieser Film mußte nun einmal beendet werden. Das half alles nichts.
    Er ging zur Tür, riß sie auf und schrie nach dem Requisiteur. Dann drehte er sich um. »Wir werden deinen Hals mit einer Kette verhüllen«, teilte er ihr mit. »Aber du hast doch wohl nichts dagegen, sonst nackt in das Bassin zu steigen?«
    Harriet nickte. »Natürlich nicht, Don.«
    Der Regisseur deutete auf das lila Gespinst auf dem Bügel. »Du kommst mit diesem Negligé so, wie es im Drehbuch steht, zum Bassin, läßt es an dir heruntergleiten wie eine Stripteasetänzerin, wirst voll von zwei Scheinwerfern erfaßt und steigst dann langsam, ganz langsam, ins Bassin. Okay?«
    Harriet bestätigte es durch ein hochmütiges Nicken. »Aber die Kette darf keinen Inch meines Halses preisgeben!« verlangte sie. »Denk an mein Gelübde, Don.«
    »Die Kette wird mehrreihig sein. Etwa fünfzehn Reihen müßten genügen.« Der Regisseur ließ den Requisiteur herein und erklärte ihm, daß er eine Kette brauchte, die den langen Hals der Diva verdeckte.
    »Wir verschieben den Drehbeginn um fünfzehn Minuten. Pünktlich um acht Uhr dreißig fangen wir an, Harriet.«
    Er ging ärgerlich hinaus.
    Er schritt den langen Gang hinunter und malte sich aus, wie er sie nach Beendigung des Films schneiden und abblitzen lassen würde, wenn sie ihm schöne Augen machen würde. Mit ihr hatte er noch nie geschlafen, und nach diesem Gespräch hatte er auch nicht die Absicht, es je zu tun,
    ***
    Etwa dreißig Personen wohnten den Dreharbeiten heute bei. Nur das engste Filmteam war im Atelier. Schließlich wurde heute Nordamerikas berühmtester weiblicher Körper enthüllt. Eigentlich, dachte Harriet, müßte man die Zahl der Zuschauer noch mehr reduzieren oder wenigstens eine Abgabe fordern. So etwas sehen sie doch nicht alle Tage.
    Auch ihre ärgsten Gegner mußten neidvoll eingestehen, daß es an ihr keinen äußeren Makel gab. Sie stand abseits,

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