01 Arthur und die vergessenen Buecher
bitte?«
»Keine Ahnung. Du bist doch der Experte für Ausreden. Erzähl ihnen einfach irgendeine Geschichte. Du schaffst das schon, da bin ich mir sicher.«
Damit war der Schwarze Peter bei mir gelandet. Ich packte meine Tasche, verfluchte mich zum gewiss hundertsten Mal an diesem Tag und bewegte mich in Richtung Hotel, Larissa auf meinen Fersen.
Vor dem Eingang stand ein Mann in grauer Uniform, der uns misstrauisch beäugte. »Nur nichts anmerken lassen«, flüsterte ich Larissa zu. Zielstrebig marschierten wir an dem Hotelzerberus vorbei in die große Eingangshalle.
Als sei es für mich die normalste Sache von der Welt, sich in Luxushotels zu bewegen, durchquerte ich den riesigen Raum mit seinen Ledersesseln, polierten Säulen und livrierten Kellnern und baute mich selbstbewusst an der Rezeption auf. Einer der Empfangschefs dahinter hatte uns schon seit unserem Eintreten beobachtet und musterte mich jetzt mit hochgezogenen Augenbrauen, so als wolle er sagen: »Und was willst du hier, Kleiner?«
Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen. »Wir haben hier eine Suite reserviert. Von Schenkenberg. Unsere Eltern sind noch bei einem Empfang aufgehalten worden. Wir wollen schon mal unser Handgepäck hier deponieren und dann ein wenig Sightseeing machen.«
Der Empfangschef kniff argwöhnisch die Augen zusammen. »Wie war der Name?«, fragte er.
»Von Schenkenberg«, sagte ich. »Sie wissen schon – Stahl, Großhandel, Logistik.«
Er tippte auf seiner Tastatur herum und starrte auf den Bildschirm. »Ich habe hier keine Reservierung für von Schenkenberg«, knurrte er.
»Das muss ein Irrtum sein«, erwiderte ich. Meine Stimme rutschte vor Aufregung ein paar Stufen die Tonleiter hinauf, und ich atmete tief durch, um sie wieder in ihre normale Tonlage zu bringen. Mein Herz klopfte wie wild.
»Unsere Eltern übernachten immer hier, wenn sie geschäftlich in Amsterdam sind«, half mir Larissa. »Das müssen Sie doch wissen!«
Der Mann schüttelte den Kopf. »Der Name sagt mir gar nichts.«
Ich hatte eine Eingebung. »Wie dumm von mir! Das liegt daran, dass sie immer unter einem Pseudonym reisen«, erklärte ich. »Wegen der Terroristen und so.«
Auch das überzeugte ihn nicht.
»Sie müssen doch eine Aliaskartei haben, in der die Pseudonyme Ihrer wichtigen Gäste verzeichnet sind«, sagte ich. Ob es so etwas wirklich gab, wusste ich nicht – er aber auch nicht, wie sein Gesichtsausdruck verriet.
Ich drehte meine Augen mit gespielter Verzweiflung zur Decke. »Vielleicht sollten wir mal ihren Chef fragen?«
Jetzt wurde er zum ersten Mal unsicher. Das war der richtige Moment, um nachzusetzen. Ich zog einen 10-Euro-Schein aus meiner Hosentasche und schob ihn dem Mann über die Theke zu.
»Hier, nehmen Sie«, sagte ich gönnerhaft. »Sie stellen jetzt unser Gepäck unter, bis unsere Eltern kommen, und wir werden keinem verraten, dass Sie die wichtigen Gäste nicht alle kennen.«
Der Mann blickte auf den Geldschein, dann auf uns. Dann zuckte er mit den Schultern, strich die zehn Euro ein und dirigierte uns zu einer Tür seitlich vom Empfangstresen. Dahinter verbarg sich der Gepäckaufbewahrungsraum.
Larissa warf mir einen strahlenden Blick zu. »Siehst du, geht doch«, schien sie sagen zu wollen. Ich nickte kurz. Ihr Lob ließ mich zwar ein warmes Kribbeln im Bauch spüren, aber das musste ich ihr ja nicht unbedingt zeigen. Wir stellten unsere Sachen ab.
»Bis gleich dann«, verabschiedete ich mich von dem Mann. »Und dass mir ja nichts wegkommt. Unsere Eltern können ganz schön unangenehm werden.«
Unser Gegenüber nickte stumm. Larissa hustete und drehte sich weg. Als wir durch die Halle zurück zur Tür gingen, prustete sie laut heraus.
»Dass mir ja nichts wegkommt«, imitierte sie mich. »Hast du sein Gesicht dabei gesehen? Der arme Kerl wusste nicht, wie ihm geschah.«
»Psst«, versuchte ich sie zu beschwichtigen. »Nicht hier. Er könnte uns noch beobachten.« Verstohlen warf ich einen Blick über die Schulter. Aber meine Sorge war unbegründet. Der Mann war bereits mit einem neuen Gast beschäftigt. Bei mir dauerte es etwas länger, bis die Spannung sich löste. Erst vor der Hoteltür brach auch ich in ein lautes Lachen aus.
Als wir uns nach ein paar Minuten wieder beruhigt hatten, fühlte ich mich zum ersten Mal seit unserer Ankunft etwas besser. Der Narbengrufti hatte vor dem Hotel Position bezogen und dort auf uns gewartet.
»Was machen wir jetzt?«, frage Larissa.
»Wir führen ihn erst mal ein
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