01 Arthur und die vergessenen Buecher
Lieblingsbeschäftigungen: die Jagd und das Zelebrieren von Empfängen für die Nachbarschaft.«
Er schob uns das Buch über den Tisch. Ich schlug es vorsichtig auf. Larissa sah mir über die Schulter. Auf der ersten Vorsatzseite war mit schwarzer Tinte etwas in altertümlicher Schrift geschrieben, offenbar ein Name, den ich nicht entziffern konnte.
»Das Buch ist nicht besonders wertvoll«, fuhr van Wolfen fort. »Ich habe es vor zwei Wochen bei einer Haushaltsauflösung auf einem Dachboden gefunden und zusammen mit einem Dutzend weiterer Bände für einen kleinen Betrag erworben. Die Verkäufer waren junge Leute, die das Haus gerade gekauft hatten. Sie hatten keinerlei Informationen über den Besitzer der Bücher. Beim Durchblättern der Erinnerungen fielen mir einige Unterstreichungen im Text auf. Es waren keine ganzen Sätze, sondern nur Wortbestandteile oder einzelne Buchstaben, die so markiert waren. Das kam mir merkwürdig vor. Also habe ich mir jede Seite genau angesehen und alle unterstrichenen Textstellen herausgeschrieben. Das Ergebnis war eine Ansammlung von scheinbar sinnlosen Wortkombinationen. Jan und ich haben uns dann einen Abend Zeit genommen und versucht, ob sich aus diesen Bruchstücken sinnvolle Begriffe bilden lassen. Das Ergebnis sieht so aus.«
Er zog ein Blatt aus der Aktenmappe und reichte es uns über den Tisch. Larissa und ich beugten uns darüber. In säuberlichen Druckbuchstaben stand dort:
Antworten
Amsterdam
Vergessen
Versteck
Hod
Bücher
Bewahrer
»Und das soll ein Hinweis auf das Buch der Antworten sein?«, fragte Larissa skeptisch.
Ich pflichtete ihr bei. »Nur wegen ein paar zufälliger Buchstabenkombinationen geraten Sie, Larissas Großvater, die Slivitsky und wer weiß noch sonst in helle Aufregung?«
Van Wolfen hob beschwichtigend die Hände. »Ich kann eure Zweifel ja verstehen«, sagte er. »Wahrscheinlich würde ich an eurer Stelle genau so reagieren. Wenn man allerdings weiß, wem dieses Buch einmal gehört hat, dann erscheinen die Unterstreichungen in einem anderen Licht.«
Er wies auf die Handschrift, die ich nicht lesen konnte. »Die Erinnerungen waren einmal im Besitz von Hermanus van Houttenstam. Der Name wird euch nicht viel sagen. Er war ein Universitätsprofessor in Leyden und ist 1912 verstorben. Was aber viel wichtiger ist: Er war einer der Bewahrer.«
Ich war nicht überzeugt. »Deshalb muss doch nicht alles, was er notiert hat, mit den Vergessenen Büchern zusammenhängen.«
»Wohl wahr, wohl wahr«, nickte er. »Wenn man allerdings weiß, dass van Houttenstam äußerst penibel war, wenn es um Bücher ging, dann sieht die Sache anders aus. So berichtet seine Tochter, wie aufgebracht er reagierte, als er sie als Schülerin dabei ertappte, wie sie Textstellen in einem Buch markierte. Für van Houttenstam waren Bücher keine Gebrauchsgegenstände, sondern Objekte der Verehrung. Er hätte nie darin herumgekritzelt.«
Ich konnte den Mann gut verstehen. Für mich war es auch ein absolutes Tabu, meine Bücher zu verschandeln. Vielleicht lag das daran, dass die meisten Exemplare, die ich gelesen hatte, aus den Regalen des Bücherwurms stammten und ja noch verkauft werden sollten. Da hatte ich gelernt, Bücher besonders vorsichtig zu behandeln. Wenn ich meine Schulbücher mit denen meiner Klassenkameraden verglich, dann hätte ich sie am Ende des Schuljahres glatt als neu verkaufen können.
»Also gut«, räumte ich ein. »Vielleicht sind es wirklich Hinweise. Aber was bedeuten sie?«
Van Wolfen zuckte mit den Schultern. »Jan und ich sind noch nicht dazu gekommen, uns näher damit zu befassen. Ich muss jetzt runter ins Geschäft, und Jan hat Termine bei zwei Kunden, die ihre Bibliothek auflösen wollen. Aber vielleicht kommt ihr dem Geheimnis ja auf die Spur. Unten im Büro hinter dem Buchladen findet ihr einen Computer mit Internetzugang. Den könnt ihr gerne dafür nutzen.«
Was sollten wir tun? Nein sagen konnten wir ja schlecht. Und im schlimmsten Fall würden wir nur ein paar Stunden unserer Zeit vertrödeln.
Also nahmen wir den Zettel und einen Schreibblock, den Jan aus einer Schublade holte und verzogen uns an den Computer in van Wolfens Büro.
Alle Wörter erklärten sich von selbst – bis auf eines: Hod . Aber wozu gab es Google? Im Nu tauchten die Ergebnisse vor uns auf – und waren eine Enttäuschung: Es gab nur drei Einträge für Hod . Und vielversprechend war nur der aus der Wikipedia.
Es war natürlich die englischsprachige Version.
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