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01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut

Titel: 01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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getrocknetes Blut, doch an den vielen Stellen, an denen der Anstrich abblätterte, zeigten sich freundlichere Farben - Apfelgrün, Gelb, Königsblau -, die davon zeugten, daß hier früher einmal auch optimistischere Menschen gewohnt hatten. Er läutete und wartete naserümpfend unter dem Eindruck der Gerüche, die von den Mülltonnen vor der Kellertür heraufwehten.
      Eine ältere Frau öffnete ihm. Sie hatte eine Polyesterhose an, die über den massigen Schenkeln gefährlich spannte, und dazu ein glänzendes Kunststoffoberteil, das über dem üppigen Busen ebenfalls ausgesprochen knapp saß. Mit mürrischer Miene sah sie Kincaid an.
      »Ich suche Margaret Bellamy.« Kincaid bemühte sein gewinnendstes Lächeln, während er sich fragte, ob sie ihn bei dem Getöse des Fernsehgelächters aus dem hinteren Teil des Hauses überhaupt verstehen konnte.
      Die Frau musterte ihn noch einen Moment, dann wies sie mit einer brüsken Kopfbewegung zur Treppe. »Ganz oben. Rechts.«
      Kincaid dankte ihr und stieg die Treppe hinauf. Er spürte ihren neugierigen Blick in seinem Rücken, bis er am ersten Absatz um die Ecke bog. Der Geruch nach altem Bratenfett und das Grölen aus dem Fernsehapparat folgten ihm weitere drei Treppen hinauf, dann war er im obersten Stockwerk in einem trübe erleuchteten Flur mit fleckig gemalerten Wänden. Die beiden Türen trugen keine Schilder. Er klopfte leicht an die auf der rechten Seite.
      Unten wurde der Fernsehapparat ausgeschaltet, und in der plötzlichen Stille hörte Kincaid das Quietschen von Sprungfedern. Margaret Bellamy öffnete die Tür mit einem Lächeln zaghafter Erwartung. »Ach! Sie sind’s«, sagte sie enttäuscht, bemühte sich jedoch sogleich wieder zu lächeln.
      »Kommen Sie rein.« Mit einer Kopfbewegung zum Treppenhaus hinunter sagte sie, als sie ihn hereinzog: »Sie horcht, diese gräßliche alte Schnüfflerin. Nur darum hat sie den Fernseher ausgemacht.« Nachdem sie die Tür geschlossen hatte, blieb sie verlegen stehen, als wüßte sie nicht, was sie nun, da Kincaid im Zimmer war, mit ihm anfangen solle. Sie sah sich einmal rasch in ihren vier Wänden um und schnitt eine Grimasse.
      Er sah ein ungemachtes, durchhängendes Bett, einen fleckigen alten Polstersessel, einen Kleiderschrank und einen Holztisch, der als Schreibtisch, Toilettentisch und Küchentisch zu dienen schien.
      Margaret machte eine kleine, das Zimmer umschließende Handbewegung und sagte: »Tut mir leid.«
      Kincaid hatte den Eindruck, daß sich die Entschuldigung sowohl auf das Zimmer als auch auf ihre eigene Person bezog.
      Er lächelte sie an. »Ich habe selbst mal in einem möblierten Zimmer gewohnt, als ich noch in der Ausbildung war. Es war ziemlich scheußlich, obwohl meine Wirtin der Ihren nicht das Wasser reichen konnte.«
      Das brachte Margaret immerhin zum Lächeln. Sie trat zum Sessel, um ihn für Kincaid freizumachen. Als sie sich hinunterbeugte, um ein Bündel Kleider wegzunehmen, schwankte sie plötzlich und mußte sich an der Sessellehne festhalten.
      »Ist Ihnen nicht gut?« fragte Kincaid und betrachtete sie aufmerksamer. Ihr weiches, braunes Haar war feucht und ungekämmt, ihre Augenlider waren verschwollen, als hätte sie heftig geweint. Sie trug ein langes T-Shirt und eine graue Jogginghose.
      »Waren Sie heute schon einmal an der frischen Luft?« fragte er sie.
      Margaret schüttelte den Kopf.
      »Haben Sie gegessen?«
      »Nein.«
      »Das dachte ich mir. Haben Sie etwas im Haus?«
      Wieder schüttelte sie den Kopf. »Eigentlich nur Tee.«
      Kincaid überlegte einen Moment, dann sagte er kurz: »Sie kochen uns jetzt eine Kanne Tee, und ich gehe hinunter und bitte Ihre Wirtin, ein paar Brote zu machen.«
      Margaret starrte ihn entsetzt an. »Sie würde nie im Leben ... Niemals würde sie...«
      »O doch, sie wird.« An der Tür blieb er stehen. »Aber wenn Sankt Georg den Drachen besiegen soll, sollte er vielleicht seinen Namen wissen.«
      »Oh.« Ein Funke der Belustigung erhellte Margarets Gesicht. »Sie heißt Wilson. Mrs. Wilson.«
      Die Tür, durch die, wie Kincaid vermutete, Mrs. Wilson zuvor herausgekommen war, stand einen Spalt offen. Er klopfte kurz und kräftig. Der Fernsehapparat lief noch, aber gedämpft jetzt, so daß er das Schlurfen ihrer Pantoffeln hören konnte, als sie näherkam. Einen Augenblick später ging die Tür auf, und Mrs. Wilson sah ihn blinzelnd durch eine Rauchwolke an, die aus ihren

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