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01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut

Titel: 01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Nasenlöchern quoll. Fürwahr ein Drache.
      »Mrs. Wilson?«
      Sie machte ein argwöhnisches Gesicht. »Was?«
      »Kann ich Sie einen Moment sprechen?«
      »Ich kaufe nichts.« Sie machte Anstalten, die Tür zu schließen. »Betteln und Hausieren ist hier verboten.«
      »Ich will Ihnen nichts verkaufen«, entgegnete Kincaid, der sich fragte, was sie wohl glaubte, daß er ihr verkaufen wolle. »Es handelt sich um Margaret. Bitte, nur einen Moment.«
      Sie seufzte verdrossen, wich aber soweit zurück, daß Kincaid eintreten konnte. Er sah sich die Drachenhöhle mit Interesse an. Sie war offensichtlich gute Stube und Küche in einem - ein kleines Sofa stand eingequetscht zwischen den Küchenschränken, und ein großes Farbfernsehgerät hatte einen Ehrenplatz neben dem Kühlschrank.
      Mrs. Wilson setzte sich an den Resopaltisch und nahm die glimmende Zigarette, die sie im Aschenbecher abgelegt hatte. Neben einer zur Hälfte geleerten Tasse Tee lag eine aufgeschlagene Boulevardzeitung. Sie forderte Kincaid nicht auf, sich zu setzen.
      »Dieses Mädchen ist einfach strohdumm«, erklärte Mrs. Wilson mit Verachtung. »Was ist jetzt wieder los? Hat’s mit dem Freund wieder Krach gegeben?«
      Freund? Das war eine Komplikation, die Kincaid aus irgendeinem Grund nicht erwartet hatte; aber damit war natürlich Margarets enttäuschtes Gesicht bei seinem Erscheinen vor ihrer Tür erklärt. Kincaid überlegte, was für einen Bären er Mrs. Wilson, dieser Xanthippe, aufbinden könnte, um ihre Anteilnahme zu gewinnen. Nach den Schlagzeilen des Revolverblatts auf dem Tisch zu urteilen - »Elfjährige Mutter kämpft um ihr Kind« - hatte Mrs. Wilson eine Schwäche für Melodramen, aber die Wahrheit, so schien ihm, wäre ein Verrat an Margaret und Jasmine gewesen.
      Er improvisierte. »Es handelt sich um ihren Onkel. Er ist gestern ganz plötzlich gestorben, und Margaret nimmt es sehr schwer.«
      Mrs. Wilsons feistes Gesicht blieb so unbewegt wie ihr steifgesprühtes Haar. »Kann ich mir denken.« Sie musterte Kincaid argwöhnisch. »Was haben Sie überhaupt damit zu tun?«
      »Ich bin ein Freund der Familie. Duncan Kincaid.« Er bot ihr seine Hand, und Mrs. Wilson ließ sich dazu herab, ihm flüchtig ihre dralle Patschhand zu reichen, ehe sie wieder zur Zigarette griff.
      »Und was hat das mit mir zu tun?«
      »Sie hat seit gestern nichts mehr gegessen. Ich dachte, Sie könnten ihr vielleicht ein paar Brote machen?« sagte Kincaid einschmeichelnd und zog eine Augenbraue hoch.
      Mrs. Wilson öffnete schon den Mund, um abzulehnen, aber dann hielt sie inne und starrte Kincaid taxierend an. Die Klatschsucht stritt mit ihrer natürlichen Abneigung, für andere etwas zu tun, und siegte schließlich. »Na gut, ich werd’ ihr was machen, aber daß sie sich nur nicht einbildet, das geht dann immer so.« Sie stemmte sich aus dem Sessel und wies dann mit dem Kopf zum Sofa. »Setzen Sie sich.« Am Kühlschrank stehend, fragte sie über ihre Schulter hinweg: »Ist der Onkel, der gestorben ist, der Bruder ihrer Mutter oder ihres Vaters?«
      »Er war der jüngste Bruder ihrer Mutter, kaum älter als Margaret selbst«, antwortete Kincaid prompt. »Die beiden haben einander sehr nahegestanden.«
      Mrs. Wilson schnitt irgend etwas auf, das Kincaid nicht sehen konnte, und sagte dabei: »Also ich hab’ noch nie jemand von ihrer Familie zu Gesicht bekommen, seit sie hier wohnt. Genausogut könnte sie Waise sein.«
      »Nun ja, sie hat ja wenigstens ihren Freund, der sich ein bißchen um sie kümmert«, meinte Kincaid.
      »Der!« Mrs. Wilson drehte sich herum und fixierte Kincaid mit verächtlichem Blick. »Der hat sich sein Leben noch nie um jemand anders als sich selbst gekümmert, das sag’ ich Ihnen. Ein Schmarotzer ist der Kerl.« Sie wandte sich wieder ihrer Arbeit zu. »So’n Schönling, und schmierig dazu. Was der in ihr sieht«, sie hob den Kopf zur Decke, »ist mir schleierhaft.« Sie wischte sich die Hände an ihrer Schürze und präsentierte Kincaid einen Teller mit matschigen, wenn auch eßbar aussehenden Schinken-Tomaten-Broten. »Recht so?«
      »Wunderbar, vielen Dank.«
      Doch Mrs. Wilson schien ihn noch nicht weglassen zu wollen. Sie zündete sich eine frische Zigarette an und hievte eine Gesäßbacke auf die Tischkante. Kincaid sah weg, um sich den Anblick ihres breitgequetschten Oberschenkels zu ersparen, und ließ sich noch einmal im Sofa zurücksinken.
      Mrs. Wilson

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