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01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut

Titel: 01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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Frühling hatte sein wahres Gesicht gezeigt und sie in ihre Häuser zurückgescheucht; übrig geblieben waren nur ein paar einsam wandelnde Hundebesitzer und wackere Jogger. Der Wind trieb die Abfälle, die von den Festivitäten der warmen Tage zurückgeblieben waren, traurig über das Gras. Kincaid machte nur einen kurzen Abstecher nach Hause, um sich Jeans und Anorak anzuziehen, dann ’ überquerte er am Fuß der Worsley Street die East Heath Road und tauchte in die Heide ein. Er hatte das Bedürfnis, Geist und Körper von Verkrampfungen zu befreien. Zu joggen hätte zuviel Konzentration in Anspruch genommen, darum beschloß er zu gehen. Er ging nach Norden und ließ seine Gedanken schweifen, wohin sie wollten.
      Gemmas Theorien gaben ihm stärker zu denken, als er zugeben mochte. Er vertraute ihrem Instinkt, und wenn sie sagte, daß Margaret Bellamy Todesangst hatte, so glaubte er ihr das. Aber der Rest ihrer Argumente ließ sich nicht zu einem logischen Gebäude zusammenfügen - es gab da einfach zu viele Löcher.
      Er mußte lächeln, als er an Gemma dachte. Manchmal amüsierte ihn ihr eifriger Enthusiasmus, manchmal irritierte ( er ihn, aber das war einer der Gründe, weshalb sie gut zusammenarbeiteten - sie tendierte dazu, sich Hals über Kopf in einen Gedanken zu stürzen, während er eher ein Tüftler war, ’ und in konzertierter Aktion erreichten sie häufig ein befriedigendes Ergebnis.
      Am Teich blieb er einen Moment stehen und bewunderte die Aussicht. Frisch begrünte Zweige spiegelten sich im Wasser, und im Westen ragte der Turm der Christus-Kirche von Hampstead über den noch kahlen Wipfeln der Bäume auf. Gemma war am Wochenende anders gewesen als sonst, nicht so hitzig, ruhiger und gelassener. Helle Baumwolle auf von der Sonne leicht geröteter Haut, ein zarter Duft nach Pfirsichen, als er in Theos verstaubtem Laden neben ihr gestanden hatte - Kincaid zwinkerte und schüttelte sich wie ein Hund, der aus dem Wasser kommt.
      Den Kopf gegen den Wind gesenkt setzte er sich wieder in Bewegung, um den langen Anstieg zur Höhe der Heide zu beginnen. Irgendwie hatte sich im Lauf des Wochenendes die ' Stimmung zwischen ihnen verändert. Heute hatten sie zusammengearbeitet wie immer, und er hatte schon geglaubt, er hätte sich alles nur eingebildet, aber dann hatte er ihr ungewohntes Zaudern wahrgenommen, als er vorgeschlagen hatte, nach der Arbeit noch ein Glas miteinander zu trinken. Sie taten das oft, daß sie sich noch eine Weile ins Pub setzten, um Tagesbilanz zu ziehen und für den folgenden Tag zu planen, und erst jetzt wurde ihm bewußt, wie sehr er sich immer auf diese halbe Stunde freute. Vielleicht nahm er zuviel von ihrer Zeit in Anspruch, und sie nahm ihm das übel. Er würde in Zukunft etwas vorsichtiger sein.
      Ginsterzweige voll gelber Blüten verfingen sich im Stoff seiner Kleidung, als er in seiner Gedankenverlorenheit zu nahe an ihnen vorbeiging. Schön und mit Vorsicht zu genießen - wie Gemma. Er lächelte.
      Auf der Höhe der Heath Street, gleich gegenüber vom Jack’s Straw Castle, war sein Weg zu Ende. Der Parkplatz des alten Pubs war bereits gerappelt voll, und als die Tür geöffnet wurde, trug ihm der Wind gedämpfte Klänge von Musik zu. Der Lärm dort drinnen lockte ihn nicht, und er wandte sich nach links, um die Heath Street hinunterzugehen. Als er die U-Bahn-Haltestelle erreichte, führte ein Impuls ihn geradeaus weiter, und er ließ die Hampstead High Street, in die er eigentlich hätte einbiegen müssen, links liegen. Nach wenigen Schritten schon öffnete sich rechts von ihm die Church Row, und er bog, vom Turm der St.-John’s-Kirche geführt wie von einer Kompaßnadel, in die kleine alte Straße ein.
      Durch das massive schmiedeeiserne Tor trat er in den Kirchhof. Auf einer Bank neben dem Portal schlief ein Betrunkener und störte mit seinem Schnarchen die Stille. Kin-caid wandte sich nach links, ins dämmrige Grün des von Grabmälern besetzten Hügelhangs, der selbst jetzt, da der Frühling kaum begonnen hatte, von Pflanzen überwuchert war. Der Weg schlängelte sich unter den schwarzen Zweigen immergrüner Bäume dahin, führte an feuchten, grauen Steinen vorbei, die von Flechten überzogen waren. An seiner Lieblingsstelle, kurz vor der unteren Begrenzungsmauer machte er halt.
      »John Constable, Esq., R. A., 1837« lautete die auf der Seite des Grabsteins eingemeißelte Inschrift. Hier lag Constable mit seiner Frau Mary Elizabeth, und der Stein

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