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01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut

Titel: 01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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das absolute Minimum bezahlte, konnte er sich eben zwei junge Mädchen leisten.«
      Kincaid, der sich neben Carols Schreibtisch niedergelassen hatte, entdeckte jetzt, daß das, was er für ein Kleid gehalten hatte, in Wirklichkeit ein lässiges Hemd war, zu dem sie schwarze Leggins trug und hochhackige Schuhe. Als sie seinen beifälligen Blick sah, lachte sie.
      »Diesen Schick habe ich meiner Teenager-Tochter zu verdanken, die es auf den Tod nicht leiden kann, wenn ihre Mutter wie eine gediegene Spießerin daherkommt. Dann wurde sie ernst und sagte: »Nein, ich glaube, Mr. Rawlinson hatte von Anfang an vor, mich als Nachfolgerin von Jasmine anzulernen. Sie muß ihm genau wie allen anderen klipp und klar gesagt haben, daß sie nicht die Absicht hatte, länger als unbedingt nötig in diesem Nest zu bleiben. Jasmine war unheimlich ehrgeizig. Was ist aus ihr geworden, Mr. Kincaid? Ist sie eine erfolgreiche Karrierefrau? Ich konnte sie mir nie als Hausfrau und Mutter vorstellen.«
      »Nein, sie hat auch nie geheiratet. Und sie war recht erfolgreich. Sie war Abteilungsleiterin bei der Baubehörde in London.«
      »War?« fragte Carol betroffen. »Dann ist sie -«
      »Sie hatte Krebs.«
      »Oh, das tut mir leid.« Ihr kamen die Tränen, und sie schüttelte den Kopf. »Gott, wie blöd von mir. Wir waren ja nicht einmal richtig befreundet, ich habe seit Jahren nicht mehr an sie gedacht - aber wissen Sie, immer wenn ich höre, daß einer der Menschen gestorben ist, mit denen ich aufgewachsen bin, trifft mich das mitten ins Herz.« Sie schlug sich mit der Faust auf die Brust, griff dann in ihre Schreibtischschublade, um ein Papiertuch herauszuholen, und schneuzte sich. »Wahrscheinlich weil es mich an meine eigene Vergänglichkeit erinnert. Wenn es anderen geschehen kann, dann kann es auch einem selbst geschehen.«
      »Ich weiß genau, was Sie meinen«, sagte Kincaid und dachte an seine eigene Reaktion nicht nur auf den Tod von Menschen, die er kannte, sondern auch auf den Fremder - dieses quälende Gefühl des Verlustes, das er niemals ganz in den Griff bekam. »Aber ich verstehe nicht.« Sie wischte sich ein letztes Mal die Augen, warf das Taschentuch in den Papierkorb unter ihrem Schreibtisch und faßte sich wieder. »Warum fragen Sie nach Jasmine?«
      Kincaids Antwort war noch knapper als die, die er Alice Finney gegeben hatte, doch sie nickte, offensichtlich zufrieden. Jahrelange Tätigkeit in einer Anwaltskanzlei hatte sie zweifellos Diskretion gelehrt.
      »Sie sagten eben, Sie seien nicht einmal richtig befreundet gewesen.«
      »Wir haben natürlich miteinander geschwatzt, wie das alle in einem Büro tun, über Dinge, die in der Kanzlei vorgingen, und wem Mr. Rawlinson in der letzten Woche am häufigsten den Hintern getätschelt hatte. Aber es war eigentlich immer Gequassel. Sobald es persönlich wurde, klappte Jasmine den Mund zu und wurde stumm wie ein Fisch.« Carol schwieg einen Moment und krauste nachdenklich die Stirn. »Manchmal - manchmal hatte ich das Gefühl, Jasmine hätte nie eine Freundin gehabt und wüßte auch gar nicht, was sie mit einer anfangen sollte.«
      »Und woher kam Ihr Eindruck, daß sie ehrgeizig war?«
      »London. Das war das einzige, wovon sie ständig geredet hat. Sie hat jeden Penny gespart, hat sich ihr Mittagbrot von Zu Hause mitgebracht, hat sogar abends noch Kinder gehütet, um sich etwas dazuzuverdienen. Ich erinnere mich, daß sie mit ihrer Tante überhaupt nicht zurechtgekommen ist.«
      Kin-caid lächelte. »Ja, das kann man wohl sagen.« Er kam auf ihre frühere Bemerkung zurück. »Wenn Jasmine so sparsam war, ist sie wohl auch nicht ausgegangen? Man sollte doch meinen, daß es für ein hübsches Mädchen dieses Alters in einem Ort dieser Größe genug zu unternehmen gibt.«
      Carol schüttelte den Kopf. »Ich habe sogar ein paarmal versucht, sie mit einem Freund meines Freundes zusammenzubringen, aber das hat sie überhaupt nicht interessiert.«
      »Hat sie über Männer gesprochen? Halten Sie mich bitte nicht für einen alten Chauvi, aber solche Gespräche sind in dem Alter doch natürlich.«
      »Ich weiß, daß ich von nichts anderem geredet habe«, erwiderte Carol lachend. »Das muß ganz schön nervig gewesen sein. Aber Jasmine - nein, ich kann mich nicht erinnern.« Einen Moment lang starrte sie ins Leere, und Kincaid wartete. »Aber irgendwas hat’s gegeben. In den letzten zwei Monaten, bevor sie ging, war sie verändert - sie

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