01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut
-, aber einfach als - Freunde?«
Hannah schloß die Augen, um sich nichts von dem Ansturm plötzlicher Sehnsucht anmerken zu lassen. »Ich habe nie geglaubt, ich könnte deine Mutter verdrängen. Oder überhaupt eine richtige Mutter sein. Ich wollte nur ein Gefühl der Zugehörigkeit - der Verbundenheit.«
Patrick berührte ihre Schulter, ein wenig ungeschickt, als sei er nicht sicher, wie er reagieren sollte. »Ich glaube, es ist am besten, wenn ich dir jetzt erst einmal eine Weile Ruhe lasse, Hannah.« Er stand auf. »Du bist vorsichtig, ja? Ich möchte dich nicht verlieren«, ein Hauch von Ironie schwang in seiner Stimme, »wo ich dich doch gerade erst gefunden habe.«
Kincaid sah, wie vor ihm Patrick Rennie, daß Cassie Whitlakes Tür nur angelehnt war. Er klopfte leicht. Als er von drinnen nichts hörte, stieß er die Tür langsam auf.
Das Wohnzimmer des Bungalows wurde nur von einem Licht im Flur dahinter dämmrig erleuchtet; er brauchte deshalb einen Moment, um sich zu orientieren. Cassies Stimme drang von dem Sessel, der am Feuer stand, zu ihm. Mürrisch und kurz. »Hauen Sie ab.«
Kincaid griff zum Schalter der Tischlampe und zwinkerte im plötzlichen Aufflammen gelben Lichts. Cassie hockte zusammengekauert im Sessel, blaß und mit wirrem Haar, in einen gesteppten Morgenrock gewickelt.
»Sie sollten sich angewöhnen, hinter sich abzuschließen«, sagte Kincaid.
»Das hat jetzt wohl nicht mehr viel Sinn.«
Kincaid ließ sich auf der Armlehne des anderen Sessels nieder. »Sieht aus, als hätten Sie’s gründlich verpfuscht, hm?« meinte er in leichtem Ton.
Zorn sprühte in ihren Augen. »Ich? Du lieber Gott.« Sie wandte ihr Gesicht ab, und er sah den roten Striemen auf ihrer Wange. »Das Schwein hat mich geschlagen.«
»Wer? Graham Frazer?«
»Natürlich. Patrick spielte die beleidigte Leberwurst und stolzierte gekränkt hinaus, aber nicht ohne Graham die Situation im genauestem auseinandergesetzt zu haben. Und wer hat Sie in die schmutzigen Details eingeweiht?«
»Patrick.«
»O Gott.« Sie begann zu weinen. »Es ist alles aus.«
»Keine Aussicht mehr auf Downing Street Nummer zehn?«
»Sie...« begann Cassie, aber dann brach sie ab, zu verzweifelt sogar, um ihn zu beschimpfen.
»Aber es war doch eigentlich klar, daß das passieren mußte«, sagte Kincaid etwas teilnahmsvoller. »Sie haben ein riskantes Spiel gespielt.«
Cassie wischte sich mit dem Handrücken die Tränen aus dem Gesicht. »Ich hatte keine Ahnung, daß Graham so schwer abzuschütteln sein würde.« Sie schniefte. »Es fing als nettes kleines Abenteuer an. Bevor ich Patrick kennengelernt hatte. Aber je mehr ich versuchte, auf Distanz zu gehen, desto aufdringlicher wurde Graham. Und mit der Zeit hatte ich Angst davor, Schluß zu machen - Angst vor seiner Reaktion, genauer gesagt.«
»Hat er Ihnen denn gedroht?«
Cassie zuckte die Achseln. »Nicht direkt. Aber er gab immer diese kleinen Kommentare - was denn wohl passieren würde, wenn die Geschäftsleitung erfahren sollte, daß ich mit den Eigentümern schlief? So in der Art. Ich konnte das auf die Dauer nicht aushalten. Eine Zeitlang konnte ich zwischen den beiden lavieren. Aber dann tauschte Graham seine Woche - er wollte nicht bis zu den Schulferien warten. Angela ist ja im Moment sowieso nicht in der Schule, und er wollte mich unbedingt sehen.«
»Er hatte wohl Glück«, meinte Kincaid, »daß er eine Woche in den Schulferien bekommen hatte?«
»Glück?« Cassie schien verwundert. »Er hätte so ziemlich jeden Zeitraum haben können, den er wollte - außerdem hätte er jederzeit tauschen können. Es gibt immer Leute, die bereit sind umzusteigen. Warum«, sie sah ihn mit inständig flehendem Blick an, »mußte er sich ausgerechnet diese Woche aussuchen?« Es schien sich um eine rein rhetorische Frage zu handeln.
Sie gefiel ihm besser so, ohne diesen amerikanischen Schliff vollendeter Gepflegtheit, ledig ihrer leicht spöttisch-überheblichen Art. Er vermutete, daß sie auch im Bett diese harte Seite ablegte und gerade der Kontrast sie für Patrick Rennie und Graham Frazer so anziehend gemacht hatte.
»Was ist denn nun passiert heute?« fragte er, seine Spekulationen beiseite schiebend.
Cassie schluckte und schob sich eine Strähne ihres zerzausten Haars hinters Ohr. »Graham war wütend. Ich habe ihn noch nie so erlebt. Er fühlte sich von mir zum Narren gehalten. Er
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