01_Der Fall Jane Eyre
mit den Worten:
»Aufwachen! Aufwachen!«
Doch Rochester rührt sich nicht, und mit wachsendem Entsetzen
stellt Jane fest, daß das Bettzeug schon angesengt ist und jeden
Moment Feuer fangen wird. Sie rennt zum Waschtisch, nimmt Becken
und Krug, die beide mit Wasser gefüllt sind, schüttet sie über
Rochester aus und läuft dann in ihr eigenes Zimmer, um Nachschub
zu holen und auch die Vorhänge noch mit Wasser zu besprengen. Mit
Mühe gelingt es ihr, den Brand zu löschen, aber als Rochester endlich
erwacht und merkt, daß er in einer Pfütze liegt, stößt er wilde
Verwünschungen aus und sagt zu Jane: »Haben wir eine
Überschwemmung?«
»Keine Überschwemmung, Herr«, antwortet sie. »Aber es hat
gebrannt. Rasch, stehen Sie auf; Sie sind ganz naß. Ich hole Ihnen eine
Kerze.«
Rochester hat noch immer nicht begriffen, was geschehen ist.
»Bei allen Elfen der Christenheit, ist das nicht Jane Eyre?« fragt er.
»Was hast du mit mir gemacht, du Hexe, du Zauberin! Wer ist bei dir?
Wolltet ihr mich ertränken?«
»Drehen Sie sich gaaanz langsam um«, sagte der Wachmann und
unterbrach Acheron rüde in seiner Lektüre.
»Es ist doch immer dasselbe!« lamentierte Hades und wandte sich
zu dem Sicherheitsbeamten um, der seine Waffe auf ihn gerichtet
hielt. » Gerade wenn’s am schönsten ist!«
»Rühren Sie sich nicht vom Fleck, und legen Sie das Manuskript
hin.«
Acheron gehorchte. Der Wachmann löste das Walkie-talkie von
seinem Gürtel und hielt es sich an den Mund.
»Das würde ich nicht tun«, sagte Acheron leise.
»Ach ja?« gab der Wachmann dreist zurück. »Und wieso nicht,
wenn ich fragen darf?«
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»Weil«, antwortete Acheron langsam und blickte dem Wachmann
tief in die Augen, »Sie dann nie erfahren werden, weshalb Ihre Frau
Sie verlassen hat.«
Der Wachmann ließ sein Walkie-talkie sinken.
»Woher kennen Sie meine Denise?«
Ich träumte unruhig. Ich war wieder auf der Krim, im Ohr das
unausgesetzte Donnern der Geschütze, das metallische Kreischen der
Granaten. Staub, Kordit und Amatol, die erstickten Schreie meiner
Kameraden, das ungezielte Krachen der Artillerie. Die Kanonen vom
Kaliber 88 waren so nah, daß die Geschosse explodierten, bevor man
sie kommen hörte. Ich saß im Transportpanzer und fuhr allen
Befehlen zum Trotz ins Kampfgetümmel zurück. Ich holperte über das
Grasland, vorbei an den Überresten früherer Gefechte. Plötzlich spürte
ich, wie etwas Großes an meinem Fahrzeug zerrte und das Dach
aufriß. Ein betörend schöner Sonnenstrahl stach in den Staub herab.
Dieselbe unsichtbare Hand ergriff den Panzer und schleuderte ihn in
die Luft. Er balancierte ein paar Meter weit auf einer Kette und sackte
dann wieder in die Waagerechte. Der Motor lief noch, die Steuerung
schien zu funktionieren; ich fuhr weiter, ohne den Schaden zu
bemerken. Erst als ich die Hand nach dem Schalter des Funkgeräts
ausstreckte, registrierte ich, daß das Dach nicht mehr da war. Eine
ernüchternde Entdeckung, aber zum Nachdenken hatte ich jetzt keine
Zeit. Vor mir lagen die qualmenden Überreste der Leichten PanzerBrigade. Die russischen 88er schwiegen; statt dessen tobte ein wildes
Gefecht mit Maschinengewehren und Handfeuerwaffen. Ich hielt bei
der erstbesten Gruppe von Verwundeten und öffnete die Heckklappe.
Sie klemmte, aber das spielte keine Rolle; mit dem Dach war auch die
Seitentür verschwunden, und ich schaffte in Windeseile
zweiundzwanzig Verwundete und Sterbende in den für acht Personen
bestimmten Transporter. Obendrein klingelte in einem fort ein
Telefon. Mein Bruder kümmerte sich ebenfalls, ohne Helm und mit
blutüberströmtem Gesicht, um die Verletzten. Er bat mich, ihn
nachzuholen. Als ich davonfuhr, spickte ein Scharfschütze die
Karosse mit Kugeln, die als jaulende Querschläger abprallten; die
russische Infanterie rückte an. Das Telefon klingelte immer noch. Ich
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griff im Dunkeln nach dem Hörer, ließ ihn aus Versehen fallen und
tastete fluchend den Fußboden danach ab. Es war Bowden.
»Alles in Ordnung?« fragte er.
»Alles bestens«, antwortete ich und versuchte, meine Stimme so
normal wie möglich klingen zu lassen. Ich sah auf meinen Wecker. Es
war drei Uhr morgens. Ich stöhnte.
»Es ist schon wieder ein Manuskript gestohlen worden. Die
Nachricht kam gerade über Funk. Dieselbe Vorgehensweise wie bei
Martin Chuzzlewit . Die Täter sind einfach reinmarschiert und haben es
mitgenommen. Zwei
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