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01_Der Fall Jane Eyre

01_Der Fall Jane Eyre

Titel: 01_Der Fall Jane Eyre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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die nicht gewußt, in welchem Penderyn sie mit
    ihrer Suche nach Hades anfangen sollten. Das konnte dauern.
    Müde machte ich mich auf den Heimweg. Ich holte meinen Wagen
    aus der Werkstatt; die Mechaniker hatten es tatsächlich geschafft, die
    Frontachse auszutauschen, einen neuen Motor einzubauen und die
    Einschußlöcher zu stopfen: Einige Kugeln hatten Bowden und mich
    nur um Haaresbreite verfehlt. Als ich vor dem Hotel Finis hielt,
    brummte ein Luftschiff der Klipperklasse langsam über mich hinweg.
    Eben brach die Dämmerung herein, und die Navigationsleuchten auf
    beiden Seiten des Zeppelins blinkten matt am Abendhimmel. Mit
    seinen zehn Propellern, die die Luft mit rhythmischem Summen in
    Bewegung versetzten, bot er einen ebenso eleganten wie erhabenen
    Anblick; tagsüber konnte ein Luftschiff die Sonne verdunkeln. Ich

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    betrat das Hotel. Die Milton-Konferenz war vorbei, und Liz begrüßte
    mich eher wie eine Freundin als wie einen Gast.
    »Guten Abend, Miss Next. Alles in Ordnung?«
    »Nicht direkt.« Ich lächelte. »Trotzdem danke der Nachfrage.«
    »Ihr Dodo ist heute gekommen«, verkündete Liz. »Er ist in Zwinger
    fünf. So etwas spricht sich herum; die Swindoner Dodo-Liebhaber
    waren schon hier. Sie meinten, es handele sich um eine äußerst seltene
    Version eins oder so etwas – Sie möchten sie anrufen.«
    »Er ist eine 1.2«, sagte ich geistesabwesend. Dodos interessierten
    mich momentan nicht allzusehr. Ich zögerte einen Augenblick. Liz
    spürte meine Unentschlossenheit.
    »Kann ich etwas für Sie tun?«
    »Hat, äh, Mr. Parke-Laine angerufen?«
    »Nein. Haben Sie seinen Anruf erwartet?«
    »Nein – nicht direkt. Falls er sich meldet und Sie mich nicht auf
    meinem Zimmer erreichen, bin ich im Cheshire Cat. Wenn Sie mich
    dort auch nicht finden können, würden Sie ihn dann bitten, in einer
    halben Stunde noch mal anzurufen?«
    »Ich kann ihm auch gleich einen Wagen schicken lassen.«
    »O Gott, ist es so offensichtlich?«
    Liz nickte.
    »Er heiratet.«
    »Eine andere?«
    »Ja.«
    »Das tut mir leid.«
    »Mir auch. Hat Ihnen schon mal jemand einen Heiratsantrag
    gemacht?«
    »Klar.«
    »Und? Was haben Sie gesagt?«

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    »Ich habe gesagt: ›Frag mich noch mal, wenn du rauskommst.‹«
    »Und?«
    »Ich warte noch heute.«

    Ich ging nach Pickwick sehen, der sich bestens eingelebt zu haben
    schien. Als er mich sah, fing er aufgeregt an zu Blocken. Entgegen
    sämtlichen Theorien von Experten hatten sich die Dodos als
    erstaunlich intelligent und recht agil erwiesen – die weitverbreitete
    Legende, es seien plumpe, tolpatschige Vögel, erwies sich als falsch.
    Ich gab ihm eine Handvoll Erdnüsse und schmuggelte ihn unter dem
    Mantel auf mein Zimmer. Die Zwinger waren nicht etwa schmutzig
    oder dergleichen; ich wollte ihn bloß nicht allein lassen. Ich legte ihm
    seinen Lieblingsteppich ins Bad, damit er einen Platz zum Schlafen
    hatte, und bedeckte den Fußboden mit Zeitungspapier. Ich versprach,
    ihn gleich morgen früh zu meiner Mutter zu bringen, und ließ ihn aus
    dem Fenster auf den Parkplatz hinaussehen.

    »Guten Abend, Miss«, sagte der Barmann im Cheshire Cat. »Was
    haben der Rabe und ein Schreibtisch gemeinsam?«
    »Beide fangen mit B an?«
    »Sehr gut. Ein kleines Vorpal’s Special, stimmt’s?«
    »Das soll wohl ein Witz sein? Gin-Tonic. Einen doppelten.«
    Er lächelte und drehte sich zu den Flaschen um. »Polizei?«
    »SpecOps.«
    »LitAg?«
    »Nja.«
    Ich nahm mein Glas entgegen.
    »Ich wollte auch mal LitAg werden«, sagte er wehmütig, »habe es
    aber nur bis zum Kadetten gebracht.«
    »Warum?«

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    »Meine Freundin war eine militante Marlowianerin. Sie baute ein
    paar Will-Maschinen so um, daß sie den Tamerlan aufsagten, und als
    sie geschnappt wurde, wurde ich auch mit verhaftet. Und damit hatte
    es sich dann mit meiner Karriere. Nicht mal das Militär wollte mich
    haben.«
    »Wie heißen Sie?«
    »Chris.«
    »Thursday.«
    Wir schüttelten uns die Hand.
    »Ich kann nur für mich persönlich sprechen, Chris, aber ich war
    sowohl beim Militär als auch bei den SpecOps, und Sie sollten Ihrer
    Freundin auf Knien danken.«
    »Mach ich«, versicherte Chris. »Jeden Tag. Wir sind inzwischen
    verheiratet und haben zwei Kinder. Abends jobbe ich hier als
    Barmann, und tagsüber leite ich den Swindoner Ableger der KitMarlowe-Gesellschaft. Wir haben fast viertausend Mitglieder. Nicht
    übel für einen elisabethanischen Fälscher, Mörder, Spieler und
    Atheisten,

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