01_Der Fall Jane Eyre
umzuschauen. An einer
feuchten Wand lehnte ein Tapeziertisch voller erstklassiger
Überwachungstechnik. Ein Revox-Tonbandgerät stand neben einem
kleinen Mischpult, das die Signale der sieben Abhörmikrofone in der
überwachten Wohnung und der dazugehörigen Telefonleitung auf die
acht Spuren des Tonbands verteilte. Am Fenster waren zwei
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Ferngläser, ein Fotoapparat mit leistungsstarkem Teleobjektiv sowie
eine Videokamera aufgebaut, die zehn Stunden am Stück aufzeichnen
konnte.
Tamworth ließ das Fernglas sinken und hob den Blick.
»Willkommen an Bord, Thursday. Sehen Sie mal hier durch.«
Ich schaute durch das Fernglas. In der Wohnung gegenüber, kaum
dreißig Meter entfernt, erkannte ich einen gutgekleideten Mann um
die fünfzig mit verkniffenem Gesicht und besorgter Miene. Er schien
zu telefonieren.
»Das ist er nicht.«
Tamworth lächelte. »Ich weiß. Das ist sein Bruder Styx. Wir haben
heute morgen von ihm erfahren. SO-14 wollte ihn sich schnappen,
aber unser Mann ist ein viel größerer Fisch; ich habe SO-1
eingeschaltet, und jetzt sind wir für Styx zuständig. Hören Sie mal.«
Er gab mir einen Kopfhörer, und ich sah noch einmal durch das
Fernglas. Der Bruder von Hades saß an einem großen
Nußbaumschreibtisch und blätterte im London and District Car
Trader. Plötzlich legte er das Anzeigenblatt beiseite, griff zum
Telefon und wählte eine Nummer.
»Hallo?« sprach Styx in den Hörer.
»Hallo?« erwiderte eine Frau mittleren Alters am anderen Ende der
Leitung.
»Haben Sie einen Chevrolet Baujahr ’76 annonciert?«
»Er will ein Auto kaufen?« fragte ich Tamworth.
»Warten Sie’s ab. Jede Woche um dieselbe Zeit, wie es scheint.
Pünktlich wie die Maurer.«
»Er hat erst 82.000 Meilen drauf«, fuhr die Frau fort, »und läuft wie
eine Eins. TÜV und Steuer sind bis Jahresende bezahlt.«
»Das klingt perfekt «, erwiderte Styx. »Ich bezahle bar. Würden Sie
mir den Wagen reservieren? Ich bin in einer knappen Stunde bei
Ihnen. Sie wohnen in Clapham, nicht?«
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Die Frau bejahte und nannte eine Adresse, die Styx sich jedoch gar
nicht erst notierte. Er bekräftigte sein Interesse, legte auf und wählte
eine andere Nummer, diesmal wegen eines Wagens in Hounslow. Ich
setzte den Kopfhörer ab und zog den Stecker aus der Buchse, so daß
wir Styx’ nasale Reibeisenstimme über Lautsprecher hören konnten.
»Wie lange macht er das?«
»Bis ihm langweilig wird, wenn man den Unterlagen von SO-14
glauben darf. Und er ist beileibe nicht der einzige. Wer je versucht
hat, einen Wagen zu verkaufen, hatte es mindestens einmal mit
jemandem wie Styx zu tun. Hier, die sind für Sie.«
Er reichte mir eine Schachtel mit Spezialmunition, die im Körper
des Opfers aufpilzen und größtmöglichen Schaden anrichten würde.
»Dumdum-Geschosse? Seit wann ist er ein Büffel?«
Doch Tamworth fand das gar nicht komisch.
»Wir haben es hier mit einem ganz besonderen Fall zu tun,
Thursday. Beten Sie zur GSG, daß Sie die Dinger nie benutzen
müssen, und wenn doch, sollten Sie nicht lange zögern. Unser Mann
gibt Ihnen keine zweite Chance.«
Ich bestückte erst meine Automatik und dann mein Ersatzmagazin
mit der neuen Munition. Ganz oben ließ ich aber jeweils eine
Standardpatrone einrasten, falls SO-1 mich kontrollierte. Drüben in
der Wohnung hatte Styx inzwischen eine Nummer in Ruislip gewählt.
»Hallo?« meldete sich der bedauernswerte Autobesitzer.
»Ja, ich interessiere mich für den Ford Granada, den Sie inseriert
haben«, sagte Styx. »Ist der Wagen noch zu haben?«
Styx ließ sich die Adresse geben, versprach, in zehn Minuten dort zu
sein, legte auf und rieb sich triumphierend die Hände. Feixend wie ein
kleiner Junge strich er die Annonce durch und ging zur nächsten über.
»Dabei hat er noch nicht mal einen Führerschein«, rief Tamworth
durchs Zimmer. »Meistens klaut er Kugelschreiber, sorgt dafür, daß
Elektrogeräte kurz nach Ablauf der Garantiezeit kaputtgehen, oder
zerkratzt Schallplatten in Plattengeschäften.«
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»Reichlich kindisch, oder?«
»Kann man wohl sagen«, antwortete Tamworth. »Er verfügt zwar
über ein gewisses Maß an Gemeinheit, aber gegen seinen Bruder ist er
der reinste Waisenknabe.«
»Und was hat Styx nun mit dem Chuzzlewit -Manuskript zu tun?«
»Wir vermuten, daß es sich in seinem Besitz befindet. Nach den
Überwachungsunterlagen von SO-14 ist er am Abend des Einbruchs
in Gad’s Hill mit einem
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