Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
01_Der Fall Jane Eyre

01_Der Fall Jane Eyre

Titel: 01_Der Fall Jane Eyre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
Vom Netzwerk:
verdächtigen Päckchen nach Hause
    gekommen. Zugegeben, das ist reine Spekulation, aber seit drei Jahren
    der erste Hinweis darauf, wo er sich verborgen halten könnte. Es wird
    allmählich Zeit, daß er aus seinem Versteck kommt.«
    »Hat er ein Lösegeld für Chuzzlewit verlangt?« fragte ich.
    »Nein, aber was nicht ist, kann ja noch werden. Die Sache liegt
    womöglich komplizierter, als wir denken. Unser Mann hat einen
    geschätzten IQ von 180, da ist eine simple Erpressung vermutlich
    unter seiner Würde.«
    Snood kam herein, bezog ein wenig wacklig hinter dem Fernglas
    Stellung, setzte die Kopfhörer auf und schob den Stecker in die
    Buchse. Tamworth nahm seinen Schlüssel und reichte mir ein Buch.
    »Ich muß mich mit einem Kollegen von SO-4 treffen. Ich bin in
    einer guten Stunde wieder da. Wenn was passiert, piepen Sie mich
    einfach an. Meine Nummer ist auf der Eins gespeichert. Wenn Sie die
    Langeweile überkommt, werfen Sie mal da einen Blick rein.«
    Ich betrachtete das Buch, das er mir in die Hand gedrückt hatte. Es
    war eine in rotes Leder gebundene Ausgabe von Charlotte Brontës
    Jane Eyre .
    »Wer hat Ihnen das gesagt?« fragte ich spitz.
    »Wer hat mir was gesagt?« fragte Tamworth sichtlich erstaunt
    zurück.
    »Na ja, ich dachte … ich habe dieses Buch oft gelesen. Als junges
    Mädchen. Ich kenne es in-und auswendig.«
    »Hat Ihnen der Schluß gefallen?«

    - 45 -
    Ich überlegte einen Augenblick. Das unbefriedigende Ende des
    Romans sorgte in der Brontë-Gemeinde seit jeher für Kopfschütteln
    und Unverständnis. Man war sich einig, daß das Buch wesentlich
    besser gewesen wäre, wenn Jane nach Thornfield Hall
    zurückgefunden und Rochester geheiratet hätte.
    »Niemandem gefällt der Schluß, Tamworth. Aber davon abgesehen
    hat es mehr als genug zu bieten.«
    »Dann kann eine neuerliche Lektüre ja nicht schaden, oder?«
    Es klopfte an der Tür. Tamworth öffnete, und ein Mann, der keinen
    Hals, dafür aber um so kräftigere Schultern hatte, kam herein.
    »Auf die Minute!« sagte Tamworth mit einem Blick auf seine Uhr.
    »Thursday Next, das ist Buckett. Er wird uns vorläufig zur Seite
    stehen, bis ich einen passenden Ersatz gefunden habe.«
    Sprach’s und verschwand.
    Buckett und ich gaben uns die Hand. Er lächelte gequält, als ob ihm
    dieser Einsatz nicht behagte. Er sagte, er freue sich, mich
    kennenzulernen, und plauderte dann mit Snood über den Ausgang
    eines Pferderennens.
    Ich trommelte mit den Fingerspitzen auf das Exemplar von Jane
    Eyre , das Tamworth mir gegeben hatte, und verstaute es in meiner
    Brusttasche. Ich sammelte die leeren Kaffeetassen ein und stellte sie
    in das angeschlagene Emailbecken in der Küche. Plötzlich stand
    Buckett in der Tür.
    »Tamworth hat gesagt, Sie wär’n eine LitAg.«
    »Wenn Tamworth das sagt, muß es wohl stimmen.«
    »Ich wollte auch mal zu den LitAgs.«
    »Ach ja?« machte ich und sah nach, ob es im Kühlschrank auch
    etwas gab, das sein Haltbarkeitsdatum noch nicht um mindestens ein
    Jahr überschritten hatte.
    »Ja. Aber es hieß, man müßte das eine oder andere Buch gelesen
    haben.«

    - 46 -
    »Das kann nicht schaden.«
    Als es an der Tür klopfte, wanderte Bucketts Hand automatisch zu
    seiner Waffe. Er war nervöser, als ich gedacht hatte.
    »Nur keine Panik, Buckett. Ich mach das schon.«
    Er ging mit mir zur Tür und entsicherte seine Pistole. Ich sah ihn
    fragend an, und er nickte.
    »Wer ist da?« fragte ich, ohne die Tür zu öffnen.
    »Hallo!« ertönte eine Stimme. »Mein Name ist Edmund Capillary.
    Haben Sie sich nicht auch schon einmal gefragt, ob Shakespeares
    wunderbare Stücke auch tatsächlich von ihm stammen?«
    Buckett und ich atmeten erleichtert auf. Er sicherte seine Automatik
    wieder und brummte halblaut: »Scheiß Baconier!«
    »Ganz ruhig«, erwiderte ich, »das ist schließlich nicht verboten.«
    »Leider.«
    »Pssst.«
    Ich öffnete die Tür so weit, wie es die vorgelegte Kette zuließ und
    sah mich einem kleinen Mann im ausgebeulten Cordanzug gegenüber.
    Er hielt mir einen zerknitterten Ausweis unter die Nase und lüftete
    nervös lächelnd den Hut. Die Baconier waren zwar reichlich bekloppt,
    aber im großen und ganzen harmlos. Ihr Lebenszweck bestand darin,
    den Beweis zu führen, daß nicht Will Shakespeare, sondern Francis
    Bacon die bedeutendsten Dramen der englischen Sprache verfaßt
    habe. Und weil sie glaubten, daß man Bacon die gebührende
    Anerkennung versagte, kämpften sie unermüdlich für

Weitere Kostenlose Bücher