01 - Der Geist, der mich liebte
anzusehen, wäre ich um ein Haar vom Tisch gefallen. Die ganze Hand war voller Blut!
Entsetzt blickte ich auf den offenen Schnitt, der quer über meinen Bauch verlief. Der Schnitt war tief und ich verlor erschreckend viel Blut. Wegen des Novocains spürte ich jedoch fast keinen Schmerz. Kaum schlimmer als Seitenstechen. Beim Anblick des Blutes und der klaffenden Öffnung in meinem Bauch wäre ich beinahe ohnmächtig geworden. Es gelang mir gerade noch, mich mit der Hand abzustützen und mich festzuhalten.
Ich schloss die Augen und zwang mich, bis zehn zu zählen und dabei tief durchzuatmen. Als ich bei drei war, riss ich die Augen wieder auf. Ich hatte keine Zeit für so was! Noch taumelte Adrian halb blind durch den Raum, doch schon bald würde die Wirkung des Pfeffersprays nachlassen. Wenn er erst wieder sehen konnte, würde er mich rasch zu fassen bekommen.
Eine Hand auf die klaffende Wunde gepresst, ließ ich mich auf der hinteren Seite vom Tisch gleiten. Meine Beine gaben nach. Hastig griff ich mit der anderen Hand nach der Tischkante und krallte mich daran fest. Adrian kam auf mich zu, die Arme nach vorne gestreckt versuchte er mich zu fassen zu bekommen. Er stieß hart gegen den Tisch, der wie ein Schutzschild zwischen uns stand. Ich duckte mich unter seinen ausgestreckten Armen hindurch und stolperte am Tisch entlang.
Adrian hätte mich um ein Haar erwischt, doch einen Herzschlag, bevor er mich zu fassen bekam, trat er auf den umgekippten Rollwagen. Er verlor das Gleichgewicht und knallte der Länge nach hin. Taumelnd stürzte ich an ihm vorbei auf die Tür zu. Meine Finger hinterließen blutige Abdrücke auf dem Türknauf, als ich die Tür aufriss.
Vor mir lag ein Gang, von einigen Türen gesäumt. Zu meiner Linken entdeckte ich eine Treppe, die nach oben führte. Ich musste mich mit der freien Hand an der Wand abstützen, um nicht umzufallen, die andere presste ich noch
immer auf meinen Bauch. Ich fror erbärmlich. Eine beharrliche Stimme in meinem Kopf sagte mir, dass das am Blutverlust lag. So fühlte es sich an, wenn man langsam verblutete. Frieren, immer weniger Kraft und dann — Dunkelheit. Das Ende.
Nein! Das würde mir nicht passieren. Nicht wegen so eines lächerlichen Kratzers! Keuchend schleppte ich mich zur Treppe und griff nach dem Geländer. Stufe um Stufe zog ich mich nach oben. Mit jedem Schritt wurde es mühsamer. Die Betäubung ließ jetzt immer schneller nach. Innerhalb der Zeit, die ich brauchte, um von der untersten Stufe zur obersten zu gelangen, wurde aus dem anfänglichen Druckschmerz ein tobendes Inferno, von dem ich glaubte, es würde mir meine Eingeweide zerreißen. Falls die mir nicht längst irgendwo im Gang herausgefallen waren. Auf der obersten Stufe lehnte ich mich an die Wand und tastete nach der Tür.
Unten hörte ich Adrian auf den Gang kommen. Ich sah mich um. Die Wirkung des Sprays hatte bereits nachgelassen. Noch immer fuhr er sich ständig mit der Hand über die Augen, doch er sah jetzt wieder, wohin er ging. Zielsicher kam er auf die Treppe zu. Sein Gesicht war wutverzerrt und im dämmrigen Licht der Kellerlampen wirkten seine vom Pfeffer gereizten Augen, als würden sie rot glühen. Wie die eines Dämons!
Bei seinem Anblick schrie alles in mir danach, die Tür aufzustoßen und nach draußen zu laufen, doch ich fand kaum die Kraft, mich auf den Beinen zu halten. Ich stützte mich an der Wand ab und suchte mit zitternden Fingern
nach dem Türgriff. Hinter mir polterte Adrian die Treppe hinauf. Endlich! Die Tür war offen. Ich taumelte durch und fand mich in der Eingangshalle wieder.
Nicholas! Ich musste die Geisterabwehr unschädlich machen. Das war meine einzige Chance. Hinter mir erschien Adrian in der Tür. Ich machte einen Schritt nach vorne und stürzte. Der Schmerz, der durch meinen Körper raste, war jetzt kaum noch zu ertragen. Schreiend presste ich die Hände auf meinen Bauch in der Hoffnung, den Schmerz damit zu unterdrücken und das Blut, das immer noch viel zu schnell aus mir strömte, aufzuhalten.
Adrian kam auf mich zu.
Ich versuchte auf die Beine zu kommen und musste eine Hand zu Hilfe nehmen, um mich abzustützen. Dann war Adrian über mir. Er packte mich bei den Haaren. Ich riss meinen Kopf so heftig nach vorne, dass ihm mein Schopf entglitt. Dann holte ich aus und trat nach ihm. Er wich ein Stück zurück. Taumelnd kam ich hoch. Mich trennten höchstens noch drei Meter von der Eingangstür. Ich strauchelte vorwärts. Meine blutige Hand
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