01 - Der Ring der Nibelungen
seine Wunden. »Sieht das nach einer verängstigten Frau aus? Siegfried, sie verhöhnt mich. Sie muss im Schlafzimmer gebrochen werden wie auf dem Felde!«
Nun ahnte Siegfried, was sein Freund von ihm verlangte, und schüttelte entschlossen den Kopf. »Bitte mich nicht, dir im Bett beizustehen. Es wäre Verrat an der Königin von Burgund - und an der Königin von Xanten!«
Gunther packte Siegfried an beiden Schultern und schüttelte ihn verzweifelt. »Aber es gibt keinen anderen Weg! Ich verlange ja nicht, dass du die Mannespflicht erfüllst. Wenn ich ein einziges Mal mit deiner Hilfe Brunhildes Fleisch bändigen kann, wird ihr Wille gebrochen sein, und alles kann den Weg gehen, den das Schicksal uns bestimmt hat!«
Siegfried schloss die Augen und atmete tief ein. »Ich kann das nicht tun, Gunther. Bitte mich nicht um etwas, das meine Seele kosten würde.«
Gunthers Augen schienen einen dunkleren Ton als sonst anzunehmen, und auch seine Stimme klang auf einmal rau. »Es wird den Frieden kosten, wenn Brunhilde mich zum Narren macht. Bedenke, dass unser großer Plan, die Reiche aneinander zu binden, vom Glück beider Ehen abhängt.«
Siegfried kämpfte mit sich nicht weniger als seinerzeit mit Fafnir. In Gedanken spielte er mit dem Ring an seinem Finger, der warm Vertrauen schenkte und ihm leise riet, den Freund nicht zu verprellen.
Nun kam Kriemhild doch dazu, und entsetzt betastete sie Gunthers geschwollenes Gesicht. »Mein Bruder, was ist geschehen? Wer hat dir das angetan?«
Der König zog mürrisch seinen Kopf zurück, und es war Siegfried, der die Antwort gab. »Gunther . . . es hat einen Streit gegeben. Betrunkene Soldaten, die in ihrer Weinseligkeit die falschen Worte wählten. Der König hat sie zurechtweisen wollen, aber der Rausch raubte den Respekt vor der Krone.«
»Brunhilde wird sich sicher darum kümmern«, sagte Kriemhild freundlich. »Sie wird dich pflegen und dir deinen Schmerz nehmen.«
Siegfried nickte, sichtlich unwohl in seiner Haut. »Sicher wird sie das. Aber zuerst werde ich mit Gunther losziehen und die Raufbolde stellen.«
»Du willst mich in der Hochzeitsnacht allein in den Laken frieren lassen?«, fragte Kriemhild kokett und im Augenaufschlag süße Wonnen versprechend.
Ihr Mann lächelte freudlos. »Nur kurz. Bevor du einschläfst, bin ich wieder an deiner Seite.«
»Tut, was das Mannsvolk tun muss.«
Es gelang Kriemhild weder, die Erleichterung in Gunthers Blick zu deuten, noch das Entsetzen in Siegfrieds Augen.
Brunhilde fand keine Ruhe. Ihre Kriegerseele lag auf der Lauer, horchte in der Nacht nach Schritten, argwöhnte hinter jedem Geräusch einen Überfall. Sie wusste, dass Gunther kaum die Schmach hinnehmen würde, die sie ihm zugefügt hatte. Aber es war nicht ihre Wahl gewesen - sich dem Sieger vom Feld aus Feuer und Eis unterwerfen zu müssen wäre ihr ein Leichtes gewesen. Der König von Burgund jedoch war nur das äußere Bild des Kriegers. Weder seine Seele noch sein Herz war ihrem überlegen. Sein Wille war laut, aber schwach.
Sie hatte die Fackeln gelöscht und die Kissen beiseite geschleudert. Mit dem nassen Lappen hatte sie versucht, sich seinen Atem aus der Haut zu reiben. Es war ihr nicht gelungen. Als er im Schein des Mondlichts wieder das Gemach betrat, richtete sie sich nicht einmal auf. »Kommst du, weil die Schande dir auf der Seele lastet - oder weil du um mehr davon betteln willst?«
Gunther wartete einen Moment, bevor er die Tür schloss, dann trat er langsam ans Bett. »Du willst den Krieger auch im Schlafgemach? Dann lass unsere Liebe deine Niederlage sein!«
Sie schlug nach ihm, doch er wich aus und packte ihr Handgelenk. Mit einem schmerzhaften Ruck riss er ihren Arm hoch, um ihn dann gleich von sich zu stoßen. Brunhilde rollte auf den Bauch, und sie hatte die Beine noch nicht angewinkelt, um aufzuspringen, da spürte sie den Körper des Königs über sich, wie er sie auf das Bett presste. Mit dem rechten Ellbogen wollte sie ihn treffen, aber ihr Arm war wie in Stein gegossen. Sie versuchte, den Kopf zu drehen, doch eine starke Macht drückte sie in die Kissen. Nur mühsam konnte sie zwischen den Stofflagen atmen.
Gunther stemmte sich in die Höhe und zog grob an den Riemen ihres Kleides. Sie rissen nicht sofort, sondern schnürten schmerzhaft in ihr Fleisch.
»Gunther, nicht . . . «, keuchte sie schwer.
Seine Hände waren überall, schoben den Rock nach oben, drückten ihre Schenkel, ihre Schultern, griffen gierig jedes bisschen
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