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01 - Der Ring der Nibelungen

01 - Der Ring der Nibelungen

Titel: 01 - Der Ring der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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besiegt hat?«
    Vor Gunthers Augen tanzten helle Flecken, und verzweifelt kämpfte er gegen die Übelkeit in seinem Magen an. Er hatte Brunhildes Kraft nichts entgegenzusetzen, das war klar. Er konnte es auf die Mühen der Reise schieben und den vielen Wein, aber es änderte nichts an den Tatsachen. Er sah keine andere Möglichkeit, als sie mit der flachen Hand ins Gesicht zu schlagen.

    Es dauerte kaum einen Lidschlag, bis ein kleiner roter Blutfaden aus ihrem linken Nasenloch über die helle Haut lief.
    Brunhilde lag einen Moment lang still. Dann schrie sie wie eine Walküre und schlug Gunther mit der Faust ins Gesicht. Immer wieder. Die Schläge prasselten zu schnell auf den König ein, als dass er sie hätte abwehren können. Die Umklammerung ihrer Beine machte es unmöglich, sich wenigstens von ihr wegzurollen. Er hing wie in Ketten.
    Schließlich verebbte Brunhildes Raserei, und mit den Füßen stieß sie den halb ohnmächtigen Gunther von sich. Er schlug auf dem Boden auf, wo die Felle seinen Sturz nur mäßig bremsten.
    Brunhilde, immer noch voll bekleidet, richtete sich im Bett auf. Sie wischte sich langsam das Blut von der Lippe. »Niemand, der mich je geschlagen hat, hat lange genug gelebt, um davon zu erzählen. Dein Rang und unsere Ehe haben dich soeben gerettet. Aber wenn du meinen Körper willst, dann nutze Stärke, nicht Gewalt. Bis dahin wirst du hier keinen Schlafplatz finden.«
    Gunther schüttelte den Kopf, um wieder einen klaren Gedanken fassen zu können. Er kam auf die Beine, vorsichtig das schwellende Gesicht befühlend. »Du bist mein, Brunhilde. Auf dem Feld aus Eis und Feuer hast du dich mir unterworfen!«
    Sie lachte ihn aus, und der Schmerz ging tiefer als jede Wunde. »Ich habe mich einem Krieger unterworfen. Und ich habe einen König geheiratet. Aber ich werde mich keinem Jämmerling hingeben.«
    Sie genoss es sichtlich, seit Wochen erstmals wieder die Macht in Händen zu halten, und sei es nur die Macht über ihren eigenen Körper.

    Gunther stolperte zur Tür hinaus. Er war froh, dort keine Wachen postiert zu haben. Schließlich war er drauf und dran, sich zum Gespött des Hofes zu machen. Zum Gespött des Volkes.
    Die kalte Abendluft, die durch die Gänge wehte, kühlte die Schmerzen des Königs, nicht aber seine Seele. Wie konnte Brunhilde es nur wagen? Sie waren verheiratet, sie war seine Frau, und das Recht dieser Nacht war ohne Zweifel das seine. Sich ihm zu verweigern, ihn zu demütigen, das war keine Art, die er hinzunehmen gedachte. Doch die einzige Chance, Brunhildes Widerstand zu brechen, lag genau in jener Hilfe, die in Anspruch zu nehmen er sich selber verboten hatte.
    Nach dem Kampf in Island hatte er niemals mit Siegfried darüber gesprochen. Er ahnte, dass der junge König von Xanten Zauberdinge aus dem Schatz der Nibelungen besaß, aber das Gespräch darüber hätte Gunther schmerzlich bewusst gemacht, dass seine Geschicke weitgehend von einem ehemaligen Schmied gelenkt wurden. Er hatte gehofft, mit der Hochzeit der Abhängigkeit von Siegfrieds Licht zu entgehen, und in diesem Moment wurde ihm klar, dass das nicht zu erwarten stand.
    Es gelang dem König, ohne viel Aufsehen zu den Gemächern seiner Schwester zu schleichen, in denen nun auch Siegfried wohnte. Er hörte vergnügtes und verliebtes Gelächter durch die Tür, und es schmerzte ihn, weil es die Geräusche waren, die auch er sich in der Hochzeitsnacht erhofft hatte. Gunther klopfte mehrmals leise, bis sich Schritte näherten. Er hielt sich in den Schatten, um sein mitgenommenes Äußeres nicht allzu sehr zu präsentieren.
    Siegfried steckte den Kopf aus der Tür, und sein Gesicht war freudig errötet. »Gunther, was treibt Euch so spät in dieser Jubelnacht noch um?«

    Der König hörte ein weiteres Paar Füße, und hastig flüsterte er: »Kriemhild soll mich nicht sehen.«
    Siegfried verstand nicht, was sein Freund meinte, bedeutete seiner jungen Frau aber, im Zimmer zu bleiben, während er auf den Gang hinaustrat. Er trug nur noch eine kurze Hose, und auf seiner Brust waren die roten Striemen von Kriemhilds Fingernägeln sichtbar. Er sah die Blessuren auf dem Gesicht des Königs von Burgund, und Sorge umwölkte seine Stirn. »Was ist geschehen?«
    Gunther brauchte einen Moment, um sich zu fassen. »Es ist Brunhilde, sie ... sie verweigert sich mir!«
    Siegfried runzelte die Stirn. »Vielleicht braucht sie nur etwas Zeit. Burgund mag für sie immer noch überwältigend sein.«
    Wütend deutete Gunther auf

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