Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
01 - Der Ring der Nibelungen

01 - Der Ring der Nibelungen

Titel: 01 - Der Ring der Nibelungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Sturm ein Zeichen der Götter war, von denen sich Burgund abgewandt hatte. Andererseits entsprach es seiner Erfahrung, dass die Götter sich nur selten um irdische Geschicke scherten und lieber zusahen, wie die Menschen ihr Schicksal selbst in die Hand nahmen.
    Und es war Hagens Absicht, genau das zu tun.
    Als der Regen aufhörte, sah er eine Bewegung auf den Hügeln im Norden. Weniger eine konkrete Gestalt, vielmehr ein Flirren in der Luft, als stiege heiße Luft vom Boden auf. Es waren die Nibelungen, das war Hagen klar. Er gehörte zu den wenigen Männern in Burgund, die noch die alten Geschichten kannten und von den dunklen Mächten wussten. Und nur deshalb konnte er sie sehen -ihre Existenz bedurfte des Glaubens. Die Anwesenheit der Waldgeister verhieß nichts Gutes. Sie liebten nichts mehr, als dem Leid der Menschen zuzusehen, alte Schuld zu fordern und im Niedergang der Reiche ihren Spaß zu finden.
    »Ihr werdet euer Blut bekommen«, flüsterte er kehlig. »Doch wessen Blut es sein wird, darüber ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.«
     
    Die Feier war noch in vollem Gang, als Gunther unter dem Gejohle seiner Männer verkündete, sich mit der Königin Brunhilde zurückzuziehen. Viele raue Trinksprüche begleiteten ihn freudiger als Brunhilde, die während des Abends genau jene Menge Begeisterung aufgebracht hatte, die man von ihr erwarten durfte. Darüber hinaus hatte sie weder gesprochen noch gegessen noch getrunken. Gunther hingegen hatte dem Braten und dem Wein kräftig zugesprochen, sich der Erleichterung hingebend, dass nun die Weichen für eine verheißungsvolle Zukunft gestellt waren.
    Das gemeinsame Schlafzimmer des Königspaars war prächtig geschmückt worden, und der Schein vieler Fackeln tanzte auf Seide in allen Farben. So viel bestickte Kissen lagen auf dem breiten Bett, dass sie eher zum Spiel als zur Nachtruhe einluden. Der Boden war mit Fellen ausgelegt, und auf einem kleinen Tisch lagen Früchte. In Schüsseln mit parfümiertem Wasser lagen Tücher zur Erfrischung. Es war ein sinnlicher und zugleich beruhigender Anblick, dem einzigen Ziel der Nacht gewidmet.
    Gunther legte seine Jacke ab und auch sein Hemd. Er hatte seine Frau den ganzen Abend hungrig angesehen, und der Wein hatte die Lust noch verstärkt. Seine Königin war Brunhilde bereits - nun wollte er sie sich auch noch Untertan machen.
    Die Herrscherin von Island, die jetzt nur noch die Frau des Königs von Burgund war, sah der Hochzeitsnacht mit wenig Vorfreude entgegen. Sie stand vor dem Bett und strich gedankenverloren über die Kissen. Gunther trat an sie heran und öffnete die Knoten, mit denen die Riemen ihres Kleids am Rücken verbunden waren. Es fiel ihm nicht leicht, denn der Alkohol ließ seinen Blick verschwimmen und seine Hände zittern. Brunhilde rührte sich nicht. Nach endlosen Augenblicken drehte sie sich zu ihrem Mann um, und milder Spott lag in ihren Augen. »Wie will mein Gemahl sein Geschenk genießen, wenn er es nicht einmal auspacken kann?«
    Gunther stieß sie auf das Bett und folgte ihr dann auf die Decke. Sein Körper lag auf ihrem, und sein nach Essen riechender Atem verbreitete sich überall, als er sprach. »Ich kann den Stoff von deinem Körper reißen oder schneiden. Ich kann dich zwingen, mich nur noch nackt zu erwarten, wenn mich dein Leib reizt.«
    Er griff gierig nach ihrer Brust, zerrte an dem Kleid, das sie bedeckte. Brunhilde packte seine Hand, um die groben Finger wenigstens dorthin zu lenken, wo ihnen Erfolg vergönnt sein konnte. Doch als sie das schwache Gelenk spürte, drehte sie wie in Neugier daran. Gunther schrie auf, seine Lust verlöschte wie eine Fackel im Regen. Er spannte seine Muskeln, aber seine Königin schob ihn mühelos von sich. Er nahm den anderen Arm zu Hilfe, presste die Faust gegen ihre Schulter, doch Brunhilde war ihm an Körperkraft überlegen. Ihre Beine schlangen sich um seine Hüften und drückten mit starken Schenkeln zu.
    Gunther stöhnte, und der Schmerz vertrieb nun auch den wohligen Rausch aus seinem Kopf. Er wand sich und suchte nach einem Ausweg aus dem Griff der eigenen Frau.
    Sie lag mit dem Rücken auf dem Bett, ihr Gesicht ganz entspannt, während der König über ihr zappelte wie ein Fisch, den der Bär gerade aus dem Fluss geschlagen hatte.
    »Lass . . . mich . . . los«, keuchte er, rot vor Wut und Anstrengung.
    »Was ist, mein König?«, fragte sie, den Spott nun nicht mehr verhehlend. »Bekomme ich im Bett nicht den Krieger, der mich auf dem Feld

Weitere Kostenlose Bücher