01- Die Normannenbraut
lag.
»Ist er nicht schön, Olaf?« fragte sie schüchtern.
»Aye, Erin«, bestätigte er leise.
Eine Zeitlang genossen sie in einträchtigem Schweigen den Anblick ihres neugeborenen Babys, so wie alle stolzen Eltern. Olaf griff unter seinen Umhang und zog ein kleines Kästchen hervor, nach norwegischer Art kunstvoll geschnitzt.
»Ich wusste nicht recht, was ich einer Prinzessin von Tara verehren sollte«, erklärte er in etwas rauhem Ton. »Aber wie ich festgestellt habe, schmücken die Irinnen gern ihr Haar, und ich hoffe, das da gefällt dir.«
Tränen brannten in Erins Augen als sie den hölzernen Deckel hob. Was Olaf ihr schenkte, spielte keine Rolle. Nur dass er daran gedacht hatte … Und dann stockte ihr Atem. Noch nie hatte sie ein so kostbares Geschmeide gesehen. Funkelnde Smaragde und Saphire hingen an zarten Goldkettchen’ bildeten zwei Ornamente, die zu beiden Seiten des Kopfs getragen werden konnten. »Ich danke dir«, flüsterte sie mit zitternden Lippen. »Das ist ein wunderbares Geschenk.«
»Aber lange nicht so schön wie deine Augen.«
Zögernd fragte sie: »Darf ich dich um ein weiteres Geschenk bitten?«
»Aye?«
»Ich würde unseren Sohn gern Leith nennen.«
»Das ist ein irischer Name«, bemerkte er beiläufig.
Flehend schaute sie ihn an. »Er klingt so ähnlich wie Leif, und das ist Norwegisch. Für die Iren wäre er Leith mac Amhlaobh, denn so lautet dein Name in meiner Muttersprache. Und für die Norweger wäre er Leif Olafson. Bitte, Olaf! Ich würde ihm so gerne den Namen meines Bruders geben.«
Er schwieg eine Weile, dann stimmte er zu. »Also gut, wir nennen ihn Leith.«
Freudentränen rannen über ihre Wangen, und Olaf griff über das schlafende Baby hinweg, um sie abzuwischen. Tief bewegt küsste sie seine Handfläche. Ehe sie etwas sagen konnte, schwang die Tür auf, und Moira kam energisch herein.
»Mylord, jetzt muss Erin schlafen. Sie braucht noch sehr viel Ruhe. Und in der Halle wartet ein Verrückter, der sehr seltsam aussieht. Er verlangt, das Kind zu sehen und erklärt, die Königin müsse ein Gebräu trinken, das furchterregend aussieht … «
Erin und Olaf schauten sich an und brachen in Gelächter aus. »Mergwin!« riefen sie wie aus einem Mund.
»Schickt den Verrückten herauf, Moira«, befahl der Wolf. »Sicher wird Erin dieses Gebräu trinken, denn es gibt kein anderes, das ihr die Kräfte schneller zurückgeben wird.« Während Moira hinauseilte, stand er auf. »Nur ungern verlasse ich dich, Erin. Der Druide wird dich bestimmt nicht lange stören.« Zögernd fuhr er fort: »Wenn du heute nacht deine Ruhe haben willst, schlafe ich woanders.«
Lächelnd schüttelte sie den Kopf. »Ich bin viel ruhiger, wenn ich dich neben mir spüre.«
»Wenn es so ist … « Er beugte sich herab und küsste sie. »Natürlich schlafe ich am liebsten dort, wo ich hingehöre.«
Wenig später trat Mergwin ein, musterte ihren Sohn und ermahnte sie streng: »Erin mac Aed, du wirst mir zuhören und dich drei Tage lang ausruhen. Vorher wirst du nicht versuchen aufzustehen … «
»Ich werde tun, was du sagst«, versprach sie belustigt und beobachtete, wie ihr alter Mentor das Baby behutsam in den Arm nahm und dann in die schön geschnitzte Wiege mit den norwegischen und irischen Emblemen legte.
Gehorsam trank sie das Gebräu aus Kräutern, während der alte Mann neben ihr auf dem Bett saß. Und dann schlang sie beide Arme um seinen Hals. »0 Mergwin, ich bin so unsagbar glücklich!«
Er drückte sie an sich, und das Herz wurde ihm schwer. Scheinbar war alles in bester Ordnung. Warum konnte er sich nicht mit der jungen Mutter an diesem schönen Kindchen freuen? Aber die Finsternis bedrohte Erin immer noch. Könnte er doch einen Weg zum Licht sehen …
Kapitel 24
Es war unglaublich leicht, in die Stadt einzudringen, und er konnte nur mühsam ein triumphierendes Gelächter unterdrücken. Im Hof der Residenz zügelte er seine altersschwache Stute, über deren Kruppe Geflügel hing. Beim Anblick des schönen Gebäudes empfand er unwillkürlich Bewunderung für seinen Feind, dann stieg neuer Hass in ihm auf, als er an den geschnitzten Fensterläden die Embleme des Wolfs entdeckte.
Er fürchtete nicht, in Dubhlain erkannt zu werden, denn er hatte seinen prächtigen langen Bart geopfert und eine irische Mönchskutte angezogen, deren Kapuze seinen Kopf fast verbarg. Wie ein Heilkundiger, der Kräuter sammelte, trug er einen großen Korb bei sich. Außerdem beherrschte er die
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