01 - Ekstase der Liebe
Schritt nach vorn, doch durch den Schock und ihr
hastiges Aufspringen wurde ihr schwarz vor Augen. Ohne ein Wort und zum ersten
Mal in ihrem Leben, fiel Charlotte in Ohnmacht. Glücklicherweise war Sophie
gerade aufgestanden und hatte unwillkürlich die Arme ausgestreckt, als
Charlotte plötzlich wankte. Eine Minute später saß sie mit Charlottes Kopf auf
dem Schoß völlig verwirrt auf dem Boden. Dann sah Sophie auf und im selben
Augenblick öffnete Charlotte die Augen.
Der
Mann, der den zwei schönen Frauen zulächelte, sah den verwirrten Ausdruck auf
ihren Gesichtern, den er Tausende Male zuvor gesehen hatte. Patrick ging in die
Knie und tätschelte die Hand seiner Schwägerin.
»Wie
geht es Ihnen?«
»Bist
du es, Alex?«, flüsterte Charlotte. Sophie sagte nichts. Ihrer Meinung nach sah
dieser Mann - offenbar Alex' Zwilling - nur aus der Entfernung wie
der Graf aus.
Aber
Charlotte war noch halb ohnmächtig und ihre Gedanken benebelt. Sie streckte die
Hand aus und berührte staunend Patricks Wange. »Bist du ein Geist?«
Patricks
Augenbrauen flogen hoch. War die Frau seines Bruders nicht ganz richtig im
Oberstübchen? Sophie warf ihm einen mahnenden Blick zu.
»Würden
Sie mir bitte helfen, die Gräfin aufzuheben?«, fragte sie weniger höflich, als
der Anstand erfordert hätte. »Das ist Ihre Schwägerin, wie Sie sicher erkannt
haben.«
Überrascht
sah Patrick den kleinen Hausdrachen an, der die Frau seines Bruders umklammert
hielt. Dann lächelte er Charlotte zu, Sophie aus seinen Gedanken streichend.
»Ich
bin Ihr Schwager, müssen Sie wissen«, sagte er gewinnend. »Und nicht Alex.«
»Es tut
mir Leid«, sagte Charlotte mit festerer Stimme. »Ich weiß nicht, was über mich
gekommen ist. Aber ich würde jetzt gern aufstehen.« Sie war sich voller
Unbehagen, der Menschentraube bewusst, die um sie herumstand. Sie setzte sich
schnell auf und legte dann die Hand an den Kopf. 0 Gott, es drehte sich alles!
Innerhalb
einer Sekunde hatte Patrick Charlotte hochgehoben und sich mit ihr auf dem Arm
aufgerichtet. Sie wehrte sich, da sie sich schmerzlich der scharfen Augen der
anwesenden Klatschtanten bewusst war.
»Das
schickt sich nicht«, flüsterte sie. »Setzen Sie mich bitte ab.«
Patrick
eilte zum nächstgelegenen Diwan und legte sie darauf. Dann trat er zurück und
verbeugte sich schwungvoll. »Ich bin Patrick Foakes, Mylady, und sehr erfreut,
Ihre Bekanntschaft zu machen«, sagte er. »Ich habe erst heute Morgen das Schiff
verlassen. Als ich bei Alex vorbeiging, hat man mir von Ihrer Existenz erzählt
und nür berichtet, dass Sie bei diesem zauberhaften Hauskonzert seien.« Er
lächelte Mrs Felvitson in das kleine, spitze Gesicht.
»Oje«,
meinte Charlotte lahm. »Alex hat Ihnen in der Diplomatenposttasche einen Brief
geschickt, in dem er Ihnen von unserer Hochzeit erzählt.«
»Der
muss angekommen sein, als ich schon unterwegs war«, erwiderte Patrick. »Möchten
Sie, dass ich Sie nach Hause begleite? Hier scheinen schrecklich viele lästige
Menschen zu sein, die uns beobachten.«
»Ja.«
Charlotte erhob sich, sie hatte sich wieder gefasst. Sie entschuldigte sich
anmutig bei Mrs Felvitson dafür, die Musik unterbrochen zu haben (selbst die
Russen hatten die Hälse gereckt, um sie auf dem Boden zu sehen), und verließ an
Patricks Arm gefolgt von Sophie das Zimmer.
Sie
ließen eine recht aufgeregte Menschenmenge zurück, wie es auf Mrs Felvitsons
Soirées selten der Fall war.
»Es
steckt nichts dahinter«, sagte Sir Benjamin Tribble wenig überzeugt.
»Nein,
überhaupt nicht!«, stimmte Sylvester Bredbeck zu, der Sir Benjamins
melonenfarbenes Jackett mit seinen scharfen Augen äußerst unfreundlich
musterte. »Die Gräfin war überrascht, so unerwartet einen Mann zu treffen, der
genau wie ihr Gatte aussieht, das ist alles!«
Jeder
musste die Logik dieser Aussage anerkennen und die ganze Angelegenheit wäre
vielleicht in Vergessenheit geraten, wären nicht zwei Umstände hinzugekommen.
Der erste war Lady Prestlefields ausgezeichnetes Gedächtnis und der zweite Lady
Cuckleshams extreme Reizbarkeit.
»Ich
würde schwören, dass Sie Recht haben«, meinte Lady Prestlefield in ihrer
gewohnt munteren Art. »Nur dass die zwei lieben Kinder sich kennen. Alex -
also der Graf - selbst erzählte mir, dass die Gräfin, was für ein
zauberhaftes Mädchen sie doch ist, seinem Bruder vor Jahren begegnet ist, bevor
er in den Osten ging. Er war völlig außer sich, als er mir das erzählte.
Tatsächlich sagte
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