01 - Geheimagent Lennet wird ausgebildet
sich durch den Unterricht des FND gründlich geschult, das Sendeprogramm automatisch eingeprägt: erste Sendezeit: 05.15; zweite Sendezeit: 08.30; dritte Sendezeit: 18.00; vierte Sendezeit: 23.10.
Zur Stunde mußte also der Feind bereits wissen, wo sich die »Napoleon" befand.
Und in wenigen Stunden würde er in der Lage sein, seine Schlußfolgerungen in die Tat umzusetzen.
Es war knapp nach zehn Uhr, da erblickte Lennet plötzlich einen ganz kleinen Lichtfleck an der Zisternenmauer.
Er schöpfte wieder Hoffnung. Er lief zum Fleck hin, suchte den Lichtstrahl. Wo drang der Lichtstrahl ein?
Durch einen winzigen Spalt. Die Betonplatte, die das Loch bedeckte, war an einer Stelle abgebröckelt, und dort hatte sich eine kaum wahrnehmbare Öffnung gebildet.
Lennet trug den großen Stein in die Mitte der Zisterne, bestieg ihn und versuchte, die Platte mit Hilfe seiner kräftigen Arme zurückzustoßen. Vergeblich - sie rührte sich nicht von der Stelle.
Er schaute nochmals auf seine Uhr: In weniger als acht Stunden würde der Torpedo losschießen, der durch seine Schuld der »Napoleon", ihrer Mannschaft, den Schülern des FND, Oberst Moriol, Hauptmann Montferrand, Corinna den Untergang bringt...
Da machte er sich an eine langwierige Arbeit: Er führte in das winzige Loch, durch das die Sonne in seinen Kerker eindrang, einen winzigen Kieselstein ein, der die Platte unmerklich hob.
Daneben schob er einen zweiten, etwas größeren Stein. Dann einen dritten...
Nach einer Stunde zwängte Lennet bereits faustgroße Steine in den langsam immer größer werdenden Spalt. Und kurz nach zwölf konnte er sogar schon die Hand durchstrecken, um einen Halt zu suchen.
Glücklicherweise fand er einen. Dann machte er sich daran, sich hinaufzuschwingen, nachdem er die Festigkeit seiner Kieselhäufchen überprüft hatte.
Eine Minute später lag er, das Gesicht am Boden, auf der Betonplatte.
Der Besitz war, so hatte der Unteroffizier gesagt, von einem elektrisch geladenen Drahtverhau umgeben. Lennet hielt Umschau. Nirgends war ein Mast zu erblicken. Er kroch durch den Ginster, bis er das Haus sehen konnte. Keinerlei Leitungsdrähte. Doch ließ sich noch immer das Grollen, das ihm schon einmal aufgefallen war, hören. Es schien von einem Schuppen zu kommen, der an die Hausmauer angebaut war.
Jetzt hab ich's! dachte Lennet. Das ist ein Generator, der den Verhau mit Strom versorgt. Nun, er wird's nicht mehr lange tun!
Er kroch zu dem Schuppen. Er mußte sich anstrengen, die Tür aufzustoßen, die Widerstand leistete. Die Scharniere kreischten entsetzlich. Aber niemand schien seine Anwesenheit zu bemerken. Die Wärter waren vermutlich beim Mittagessen.
Lennet trat ein. Er hatte sich nicht geirrt. Tatsächlich befand sich ein Generator im Schuppen. Der Hypnosekurs Nr. 148 hatte es nicht versäumt, die Schüler des END über die Struktur von Generatoren aufzuklären, und praktische Arbeiten hatten den Kurs ergänzt. Lennet hatte also keine Schwierigkeiten, den Motor vom Stromerzeuger zu trennen. Das Geräusch lief weiter, nicht aber der Strom.
Lennet trat wieder hinaus und schloß sorgfältig die Tür; man hatte ihm eingeschärft, ja keine Spuren zu hinterlassen. Dann achtete er darauf, nicht auf lockerem Boden zu gehen, um keine Fußabdrücke zu hinterlassen, und kletterte über den Drahtverhau.
Wettlauf mit der Zeit
Die Mittagssonne brannte unerträglich heiß herab. Nicht der geringste Lufthauch regte sich. Und Lennet trug seine Kombination aus schwarzem Gummi... Dennoch schritt er aus.
Er lief und lief. Und schließlich erreichte er eine Chaussee.
Das erste Gefährt, das in Sicht kam, war ein Fleischerwagen.
Lennet stellte sich mitten auf die Straße. Das Auto hupte, fuhr auf ihn los. Lennet wich nicht von der Stelle. Im letzten Augenblick bremste der Fleischer. »Verdammt...«, begann der Mann zu wettern. Er kam nicht weiter. Lennet hatte schon die Wagentür geöffnet und sich neben ihn gesetzt. »Fahren Sie los!«
»Wer sind Sie denn?«
»Ein Marsmensch.«
»Wollen Sie sofort aussteigen!« Der Fleischer hob die rechte Faust. Lennet bekam seinen Daumen zu fassen und drehte ihn um. Der Fleischer schrie wie ein Ferkel am Spieß. Lennets Griff tat sehr weh.
»Ich habe Ihnen doch gesagt, Sie sollen keine Zeit verlieren", bemerkte Lennet in aller Ruhe.
Der Mann gab's auf. Lennet hatte außer der Kenntnis schmerzhafter Griffe auch eine gewisse Autorität erworben, die trotz seiner Jugend Eindruck machte. Zudem verlieh ihm
Weitere Kostenlose Bücher