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01 - Gnadenlos

01 - Gnadenlos

Titel: 01 - Gnadenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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dem man gestattete, die Amerikaner zu verhören, denn die Vietnamesen spielten ihre Karten geschickt aus. Zwanzig Gefangene, einander so ähnlich und doch so grundverschieden. In Zacharias' Dossier stand, daß er nicht nur Kampfpilot sondern auch Geheimdienstoffizier war. In seiner etwa zwanzigjährigen Karriere hatte er sich hauptsächlich mit Luftabwehrsystemen beschäftigt. Sein Studium als Elektroingenieur hatte er mit dem Magister an der Universität Berkeley in Kalifornien abgeschlossen. Das Dossier enthielt sogar seine kürzlich eingetroffene Magisterarbeit mit dem Titel «Aspekte der Ausbreitung und Streuung von Mikrowellen über winkligem Gelände«, die eine hilfreiche Hand, eine der drei Quellen, aus der sie ihr Wissen über den Colonel bezogen, in der Universitätsbibliothek kopiert hatte. Eigentlich hätte diese Arbeit direkt nach der Veröffentlichung unter Geheimhaltung gestellt werden müssen - wie es Grischanows Wissen nach in der Sowjetunion geschehen wäre. Es war eine ausgesprochen intelligente Untersuchung über die Wirkungsweise von Suchradar-Strahlen aus niedrigem Frequenzbereich und beschrieb, wie Flugzeuge Berge und Hügel dazu benutzen konnten, sich vor diesen Strahlen abzuschirmen. Nach einer dreijährigen Dienstzeit in einer Bomberstaffel war Zacharias für eine weitere Dienstzeit an den Luftwaffenstützpunkt Offutt in Nebraska, direkt bei Omaha, versetzt worden. Als Mitglied der Kommandotruppe, die die strategischen Pläne für den Luftkrieg ausarbeitepe, die die strategischen Pläne für den Luftkrieg ausarbeite Bombern ermöglichen sollten, die sowjetische Luftabwehr zu überwinden. So fanden seine theoretischen Kenntnisse der Physik eine praktische Anwendung im Bereich des strategischen Atomkriegs.
    Grischanow schaffte es nicht, diesen Mann zu hassen. Schließlich war er selber Kampfpilot, hatte gerade eine Regimentskommandantur in Strany abgeschlossen, wo die sowjetische Luftabwehr zusammengezogen war, und die nächste Kommandantur stand schon in Aussicht. Dieser amerikanische Colonel war das exakte Gegenstück zu ihm, dessen Aufgabe im Falle eines Krieges darin bestand, die feindlichen Bomber an der Zerstörung seines Landes zu hindern, und im Frieden mußte er Methoden entwickeln, den sowjetischen Luftraum so gut wie möglich abzuschirmen. Von daher war seine gegenwärtige Aufgabe ebenso schwierig wie notwendig. Da er weder beim KGB war noch zu diesen kleinen braunen Teufeln gehörte, machte es ihm nicht das geringste Vergnügen, anderen Schmerz zuzufügen - sie abzuschießen war in seinen Augen etwas völlig anderes -, und das galt sogar für Amerikaner, die es darauf abgesehen hatten, sein Land zu zerstören. Aber diejenigen, die wußten, wie man einem Gefangenen Informationen entlockte, hatten keine Vorstellung, wie das Gesagte einzuordnen war. Sie wußten nicht einmal, welche Fragen sie stellen sollten, und es würde auch nichts nützen, ihnen die Fragen schriftlich vorzugeben - bei einem Verhör mußte man dem anderen in die Augen sehen können. Ein Mann, der klug genug war, derartige Pläne zu entwickeln, war sicher auch in der Lage, so überzeugend und mit so viel Autorität zu lügen, daß er die meisten damit hinters Licht führen konnte.
    Was Grischanow jetzt vor sich sah, gefiel ihm überhaupt nicht. Dieser Mann war intelligent und mutig, er hatte dazu beigetragen, daß die Amerikaner über spezielle, Wild Weasel genannte Einsatzbomber verfügten, mit denen sie Jagd auf feindliche Raketen machen konnten. Die Russen hätten wahrscheinlich einen ähnlichen Namen für derartige Einsätze gewählt - Wiesel, jene bösen kleinen Raubtiere, die ihre Beute in ihren eigenen Höhlen aufspürten. Sein Gefangener hatte 89 dieser Einsätze geflogen, vorausgesetzt, die Vietnamesen hatten das richtige Wrackteil dem richtigen Flugzeug zugeordnet. Wie die Russen führten auch die Amerikaner mit Aufschriften auf ihren Maschinen Buch über ihre Taten. Er war also genau der richtige Gesprächspartner für Grischanow. Vielleicht sollte er über diese Erkenntnis Bericht erstatten, dachte der Russe. Denn mit diesem zur Schau getragenen Stolz verriet man dem Feind, wen er da gefangengenommen hatte, und ließ Aufschlüsse zu über das, was man wußte. Aber so war das nun mal unter Kampfpiloten, und auch Grischanow hätte sich gesträubt, wenn er sich mit seinen Taten im Kampf nicht hätte brüsten dürfen. Zugleich versuchte der Russe, sich einzureden, daß er dem Mann auf der anderen Seite des

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