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01 - Gnadenlos

01 - Gnadenlos

Titel: 01 - Gnadenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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gemäht hatte, daß er vorgehabt hatte, die Armee nach seinem zweiten Vietnamaufenthalt zu verlassen und seinen Doktor in Jura zu machen, um dann ein ganz normales Leben zu führen. All das war ihr genommen worden. Von kleinwüchsigen Leuten an einem weit entfernten Ort.
    Kelly wußte nicht, was sie genau dachte, aber das war auch nicht nötig. Der veränderte Gesichtsausdruck, die Art, wie sich ihre Stimme verlor, besagte alles. Wie sollte er sie aufmuntern? Eine sonderbare Frage für ihn, wenn man bedachte, was er in den nächsten Wochen vorhatte.
    »Sie sind sehr nett zu mir gewesen, während ich da oben war. Vielen Dank.«
    »Wir versuchen, uns gut um unsere Patienten zu kümmern«, sagte sie mit einer freundlichen und ihm ungewohnten Miene.
    »Mit einem so hübschen Gesicht sollten Sie den kleinen Schritt auch noch wagen«, forderte Kelly sie auf.
    »Wohin?«
    »Zum Lächeln.«
    »Es ist schwer«, sagte sie, gleich wieder ernst.
    »Ich weiß. Aber ich habe Sie vorhin schon zum Lachen gebracht«, meinte Kelly.
    «Da haben Sie mich überrascht.«
    »Es ist Tim, nicht wahr?« fragte er. Eigentlich sollte das kein Gesprächsthema sein.
    Sie blickte Kelly etwa fünf Sekunden lang starr in die Augen. »Ich versteh es einfach nicht.«
    »In gewisser Weise ist es einfach. Andererseits auch wieder nicht. Das Schwere«, sagte Kelly, »ist, zu verstehen, warum die Menschen so was heraufbeschwören, warum sie so was tun. Es läuft doch alles darauf hinaus, daß dort draußen böse Menschen sind, und jemand muß sich mit ihnen herumschlagen, denn wenn du es nicht tust, dann werden sie sich eines Tages mit dir herumschlagen. Du kannst versuchen, sie zu ignorieren, aber das funktioniert eigentlich nie. Manchen Dingen kannst du einfach nicht aus dem Weg gehen.« Kelly lehnte sich zurück, während er überlegte, was er ihr sonst noch sagen konnte. »Sie sehen viele schlimme Dinge hier, Sandy, ich hab schlimmere gesehen. Ich habe gesehen, wie Menschen Dinge... «
    »Ihr Alptraum?«
    Kelly nickte. »Ja, stimmt. Ich bin in jener Nacht beinahe selber draufgegangen.«
    »Was war... «
    »Es ist besser für Sie, wenn ich es Ihnen nicht erzähle. Ehrlich. Ich meine, ich versteh das Ganze auch nicht, wie Leute so was tun können. Vielleicht glauben sie so sehr an irgend etwas, daß sie nicht mehr daran denken, wie wichtig es ist, Mensch zu bleiben. Vielleicht wollen sie etwas so sehr, daß ihnen sonst alles egal ist. Vielleicht stimmt mit ihnen einfach etwas nicht, wie sie denken, wie sie empfinden. Ich weiß es nicht. Aber was sie tun, ist Realität. Jemand muß sie aufzuhalten versuchen.« Auch wenn klar ist, daß es nicht funktionieren wird, hatte Kelly nicht den Mut hinzuzufügen. Wie konnte er ihr sagen, daß ihr Mann für eine aussichtslose Sache gefallen war?
    »Mein Mann ist ein Ritter in strahlender Rüstung auf einem weißen Pferd gewesen? Wollen Sie mir das sagen?«
    »Sie sind die Frau in Weiß, Sandy. Sie kämpfen gegen den einen Feind, aber es gibt noch andere. Jemand muß auch sie bekämpfen.«
    »Ich werde nie verstehen, warum Tim sterben mußte.«
    Darauf lief es letztlich hinaus, dachte Kelly. Es ging nicht um hohe Politik oder irgendwelche sozialen Fragen. Jeder hatte ein Leben, und das sollte sein natürliches Ende finden, nach einer Frist, die von Gott oder dem Schicksal oder irgend etwas anderem, das außerhalb menschlicher Kontrolle lag, bestimmt wurde. Er hatte junge Männer sterben sehen und selber nicht wenige Tode herbeigeführt. Jedes Leben war für den Betroffenen und einige andere wertvoll, und wie sollte er diesen anderen erklären, worum es ging? Und wenn man schon mal dabei war, wie sollte er sich das selbst erklären? Aber das war alles von außen betrachtet. Von innen sah es ganz anders aus. Vielleicht war das die Antwort.
    »Sie haben ziemliche Schwerarbeit zu leisten, stimmt's?«
    »Ja«, erwiderte Sandy mit einem leichten Nicken.
    »Warum suchen Sie sich nicht was Leichteres? Ich meine, in einer Abteilung, wo es anders ist, ich weiß nicht - in der Babystation vielleicht? Da geht's doch fröhlich zu, oder?«
    »Schon ziemlich«, gab die Schwester zu.
    »Und das ist doch auch wichtig, nicht? Sich um Babies kümmern. Sicher ist da viel Routine dabei, aber es muß trotzdem richtig gemacht werden, oder?«
    »Natürlich.«
    »Aber Sie tun das nicht. Sie arbeiten in der Neurochirurgie. Sie machen die Schwerarbeit.«
    »Irgend jemand muß sie ja... « Bingo! dachte Kelly und schnitt ihr das Wort ab.
    »Es

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