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01 - Gnadenlos

01 - Gnadenlos

Titel: 01 - Gnadenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Und sicher war das nicht sein erster Versuch gewesen. Aber heute hatte er das falsche Spiel am falschen Ort gewagt, und derartige Fehler hatten ihren Preis. Kelly nahm das Messer aus seiner reglosen Hand und stach es ihm fest in den Nacken, unterhalb der Schädelbasis. Dort ließ er es stecken. In der nächsten Minute war er mit dem Volkswagen schon einen halben Straßenzug weiter.
    Sieben, sagte er sich, als er nach Osten abbog.
    Scheiße!

19 Ausmaß an Gnade
    Es wurde fast schon ebenso zur Routine wie der Morgenkaffee und der Kopenhagener auf seinem Schreibtisch, dachte Lieutenant Ryan. Zwei Dealer umgelegt, beide mit zwei Kugeln einer .22er im Kopf, aber diesmal nicht ausgeraubt. Keine Patronenhülsen in der Umgebung, kein Anzeichen für einen Kampf. Einer hatte die Hand am Pistolengriff, die Waffe jedoch nicht mehr aus der Hosentasche ziehen können. Das war unter den Umständen ungewöhnlich. Immerhin hatte er die Gefahr gesehen und darauf reagiert, wenn auch ohne Erfolg. Und dann war die Meldung von ein paar Straßenecken weiter eingetroffen. Douglas und er waren hingefahren und hatten den ersten Tatort den unerfahreneren Beamten überlassen. Der Meldung nach schien der neue Fall interessanter zu sein.
    »Oha«, sagte Douglas, der als erster ausstieg. Man sah nicht oft ein Messer, das aus dem Hinterkopf eines Toten ragte wie ein Zaunpfahl. »Die haben ja wirklich nicht zuviel versprochen.«
    Der durchschnittliche Mord in diesem Stadtviertel, oder in jedem Viertel, wenn man es genau nahm, war das Ergebnis eines häuslichen Streits. Familienangehörige oder enge Freunde wurden aus den banalsten Anlässen ermordet. Letztes Thanksgiving hatte ein Vater seinen Sohn wegen eines Truthahnschenkels umgebracht. Ryans »Lieblingsfall« war ein Gewaltverbrechen wegen einer Krebspastete - weniger Anlaß zur Belustigung als zur Frage nach der Verhältnismäßigkeit. In all diesen Fallen kam zusätzlich Alkohol ins Spiel sowie ein ödes Leben, wodurch an sich gewöhnliche Auseinandersetzungen zu einer Sache von größter Bedeutung wurden. Das habe ich nicht gewollt, lautete der Satz, den er hinterher fast immer zu hören bekam, gefolgt von: Warum konnte er denn nicht nachgeben? Diese traurigen Ereignisse wirkten wie ein schleichendes Gift in Ryans Seele. Am schlimmsten war die Gleichförmigkeit dieser Taten. Das Leben von Menschen sollte nicht in der immer gleichen Variation eines einzigen Themas beendet werden. Dafür war es zu kostbar, wie er als junger Fallschirm Springer der 101. Luftlandetruppe in den Hainen der Normandie und den schneebedeckten Wäldern bei Bastogne gelernt hatte. Der durchschnittliche Mörder behauptete hinterher, er hätte es nicht gewollt, und legte oft unverzüglich ein Geständnis ab. Dabei kam meistens soviel Reue über den Tod eines Freundes oder geliebten Menschen zum Ausdruck, wie er oder sie überhaupt aufbringen konnte, und so waren durch das Verbrechen oft zwei Leben zerstört. Diese Taten beruhten auf Leidenschaft und mangelndem Urteilsvermögen, wie überhaupt die meisten Morde. Doch der Fall, mit dem sie es hier zu tun hatten, war anders.
    »Was zum Teufel ist mit seinem Arm passiert?« fragte Ryan den Gerichtsmediziner, Der Arm wies nicht nur Einstiche auf, sondern er war so weit herumgedreht, daß Ryan die falsche Seite anstarrte.
    »Anscheinend wurde dem Opfer die Schulter ausgerenkt. Völlig zerstört«, bemerkte der Gerichtsmediziner nach kurzer Überlegung. »Der Griff hat am Handgelenk Blutergüsse hinterlassen. Jemand hielt es mit beiden Händen umklammert und hat ihm beinahe den Arm abgebrochen, wie den Ast eines Baumes.«
    »Karategriff?« fragte Douglas.
    »So was in der Art. Das Opfer war mit Sicherheit nicht mehr handlungsfähig. Die Todesursache sehen Sie ja selbst.«
    »Kommen Sie mal her, Lieutenant«, rief ein Streifenpolizist. »Das hier ist Virginia Charles. Sie wohnt nur einen Block entfernt und hat das Verbrechen gemeldet.«
    »Wie geht es Ihnen, Mrs. Charles?« erkundigte sich Ryan. Ein Feuerwehrsanitäter prüfte den Verband, den sie sich selbst am Arm angelegt hatte, und ihr Sohn aus einer der oberen Klassen der Dunbar-High-School stand neben ihr und betrachtete ohne große Sympathie das Mordopfer. Innerhalb weniger Minuten verfügte Ryan über beträchtliche Informationen.
    »Ein Penner, sagen Sie?«
    »Ein Säufer - dort ist die Weinflasche, die er bei sich hatte.« Sie zeigte, wo sie lag. Douglas nahm sie mit äußerster Vorsicht auf.
    »Können Sie ihn

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