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01 - Gnadenlos

01 - Gnadenlos

Titel: 01 - Gnadenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Fenster. Er hatte zwei Gesichter gesehen, aber keines erkannt. Beide Male hatte er versucht, ihnen etwas zuzurufen, nur um sofort von einem seiner Bewacher zu Boden geprügelt zu werden. Die Männer hatten ihn gesehen, aber keinen Ton von sich gegeben. In beiden Fällen hatte er ein Lächeln und ein Nicken gesehen, mehr konnten sie beim besten Willen nicht tun. Beide Männer waren etwa in seinem Alter und bekleideten, wie er vermutete, auch ungefähr den gleichen militärischen Rang, aber das war schon alles, was er wußte. Am erschreckendsten für einen Mann, der vieles zu befürchten hatte, war der Umstand, daß das alles hier absolut nicht dem entsprach, was er zu erwarten gelernt hatte. Es war nicht das Hanoi Hilton, wo angeblich alle Kriegsgefangenen zusammengelegt worden waren. Darüber hinaus wußte er praktisch nichts, und gerade das Unbekannte kann besonders erschreckend sein, besonders für einen Mann, der sich in zwanzig Jahren daran gewöhnt hatte, absoluter Herr seines Schicksals zu sein. Es ist immerhin so, dachte er, daß es, so schlecht wie es jetzt schon steht, wohl kaum noch schlimmer werden kann. Aber da irrte er sich gewaltig.
    »Guten Morgen, Oberst Zacharias«, rief eine Stimme über das Gelände. Er blickte auf und sah einen Mann, einen Indoeuropäer, der größer als er war und eine ganz andere Uniform trug als seine Bewacher. Er kam lächelnd auf den Gefangenen zu geschlendert. »Ganz anders als Omaha, nicht wahr?«
    Genau in diesem Moment hörte er ein Geräusch, ein schrilles, langgezogenes Heulen, das sich aus Südwesten näherte. Instinktiv drehte er sich um - ein Flieger muß sich immer nach einem Flugzeug umsehen, egal, wo er sich auch befinden mag. Bevor die Wächter reagieren konnten, war es auch schon aufgetaucht.
    Büffeljäger, dachte Zacharias, der aufrecht dastand und sich umdrehte, um es vorbeifliegen zu sehen. Er starrte nach oben, hielt den Kopf hoch, sah das schwarze Rechteck des Kamerafensters und flüsterte ein Stoßgebet, daß das Gerät auch funktionierte. Als die Wächter erkannten, was er tat, brachten sie den Major mit einem Stoß ihrer Gewehrkolben in die Nieren zu Fall. Während er noch versuchte, mit einem unterdrückten Fluch dem Schmerz standzuhalten, trat ein Paar Stiefel in sein beschränktes Blickfeld.
    »Freuen Sie sich nicht zu früh«, sagte der andere Mann. »Es fliegt nach Haiphong, um die Schiffe zu zählen. Und nun, mein Freund, sollten wir uns miteinander bekannt machen.«
    Cody-193 flog mit fast konstanter Geschwindigkeit und auf gleicher Höhe nach Nordosten weiter, während sie in den dichten Luftabwehrgürtel um Nordvietnams einzigen größeren Hafen eindrang. Die Kameras im Büffeljäger nahmen einige Flak-Batterien, Beobachtungsposten und nicht wenige Leute mit AK-47ern auf, die alle, wenigstens um den Schein zu wahren, ein bißchen auf die Drohne schossen. Der einzige Vorteil der 193 war ihre geringe Größe. Ansonsten flog sie auf einem geraden und ebenen Kurs, während ihre Kameras klickten und die Bilder auf einem 80-mm-Film aufzeichneten. So ziemlich das einzige, was nicht auf sie abgefeuert wurde, waren Boden-Luft-Raketen; dafür flog die 193 zu tief.
    »Weiter, Baby, weiter!« sagte der Major 70 Kilometer weit weg. Draußen bemühten sich die vier Kolbenmotoren des Warning Star, die notwendige Höhe zu halten, damit er das Vorankommen der Drohne beobachten konnte. Seine Augen waren auf den flachen Glasbildschirm fixiert und verfolgten das blinkende Piepen des Radarsenders. Weitere Überwachungsleute kontrollierten die Positionen von anderen amerikanischen Flugobjekten, die ebenfalls in Feindesland eingedrungen waren, dabei standen sie in ständiger Verbindung mit der Red Crown, dem Navy-Schiff, das die Luftoperationen vom Meer aus leitete. »Dreh nach Osten, Baby - jetzt!«
    Ganz planmäßig kurvte Cody-193 hart nach rechts und sank eine Spur tiefer, während sie mit 500 Knoten über die Docks von Haiphong hinwegjaulte, mit hundert Schuß Spurmunition im Gefolge. Schauermänner und Matrosen auf den verschiedenen Schiffen blickten neugierig und irritiert auf, voller Angst vor all dem Stahl, der da über ihre Köpfe hinwegflog.
    »Ja!« brüllte der Major laut genug, daß der beaufsichtigende Sergeant zu seiner Linken verwundert aufblickte. Temperamentsausbrüche waren in dieser Umgebung nicht gern gesehen. Er schaltete sein Mikro ein, um mit der Red Crown zu sprechen. »Cody-eins-neun-drei ist bingo.«
    »Roger, wiederhole bingo für

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