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01 - Gnadenlos

01 - Gnadenlos

Titel: 01 - Gnadenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Ausgaben ihrer ausgestopften Plüschtiere, die sie abends mit ins Bett nahmen. Nicht so Ritter. Sie waren das Bild des Feindes, groß und stark, längst nicht so tapsig und weit intelligenter, als sie einem vorkamen. Es wäre gut, das im Gedächtnis zu behalten, sagte er sich, während er auf den Tigerkäfig zusteuerte. Er rollte die Newsweek in der linken Hand zusammen, betrachtete die großen Katzen und wartete. Er machte sich nicht die Mühe, auf die Uhr zu blicken.
    »Hallo Charles«, sagte eine Stimme neben ihm.
    »Hallo Sergej.«
    »Ich kenne Sie nicht«, bemerkte der Rezident.
    »Dieses Gespräch ist inoffiziell«, erklärte Ritter.
    »Sind das nicht alle?« meinte Sergej. Er lief ein Stück weiter. Ein einzelner Ort könnte verwanzt sein, aber nicht ein ganzer Tierpark. Aber dafür könnte sein Kontaktmann ein verstecktes Mikrofon bei sich haben, was jedoch gegen die ungeschriebenen Regeln verstoßen hätte. Er und Ritter spazierten auf dem leicht abfallenden Gehweg zur nächsten Abteilung. Der Sicherheitsbeamte des Rezident folgte dichtauf.
    »Ich bin gerade aus Vietnam zurückgekommen«, sagte der CIA-Offizier.
    »Dort ist es wärmer als hier.«
    »Nicht auf See. Draußen ist es recht angenehm.«
    »Was war der Zweck Ihrer Reise?« fragte der Rezident.
    »Ein ungeplanter Besuch.«
    »Ich glaube, daraus ist nichts geworden«, sagte der Russe, nicht höhnisch, er ließ ›Charles‹ nur wissen, daß er schon unterrichtet war.
    »Nicht ganz. Wir haben jemand mitgebracht.«
    »Wer sollte das sein?«
    »Er heißt Nikolaj.« Ritter übergab Grischanows Soldbuch. »Es wäre für Ihre Regierung peinlich, wenn bekannt werden würde, daß ein sowjetischer Offizier amerikanische Kriegsgefangene verhört.«
    »Nicht allzu peinlich«, erwiderte Sergej, der kurz das Soldbuch durchblätterte und es dann einsteckte.
    »Nun, eigentlich doch. Sehen Sie, die Leute, die er verhört hat, sind von Ihren kleinen Freunden für tot erklärt worden.«
    »Das verstehe ich nicht.« Er sagte die Wahrheit und Ritter mußte einige Minuten lang erklären. »Davon habe ich nichts gewußt«, sagte Sergej, nachdem er mit den Tatsachen vertraut gemacht worden war.
    »Es stimmt, das versichere ich Ihnen. Sie werden es über Ihre eigenen Kanäle verifizieren können.« Das würde er selbstverständlich auch tun. Ritter wußte das, und Sergej wußte, daß er es wußte.
    »Und wo ist unser Oberst?«
    »An einem sicheren Ort. Er ist besser aufgehoben als unsere Leute.«
    »Oberst Grischanow hat auf niemanden Bomben abgeworfen«, betonte der Russe.
    »Das ist richtig, aber er hat teilgenommen an einem Prozeß, der mit dem Tod amerikanischer Gefangener enden wird, und wir haben klare Beweise, daß sie jetzt noch am Leben sind. Wie schon gesagt, eine womöglich peinliche Situation für Ihre Regierung.«
    Sergej Woloschin war ein überaus scharfsinniger politischer Beobachter und brauchte sich das nicht von diesem jungen CIA-Offizier sagen zu lassen. Er sah auch schon, wo diese Unterredung hinführen sollte.
    »Was schlagen Sie vor?«
    Es würde uns sehr helfen, wenn Ihre Regierung Hanoi überreden könnte, diese Männer sozusagen wieder zum Leben zu erwecken, soll heißen, sie in dasselbe Gefängnis zu bringen, wo sich die anderen Gefangenen befinden, und die entsprechenden Mitteilungen zu machen, damit ihre Angehörigen endlich erfahren, daß sie noch am Leben sind. Im Austausch dafür wird Oberst Grischanow unverletzt und unverhört ausgeliefert werden.«
    »Ich werde diesen Vorschlag nach Moskau weiterleiten.« Und ihn befürworten, drückte sein Tonfall deutlich aus.
    »Bitte beeilen Sie sich. Wir haben Grund zur Annahme, daß die Vietnamesen sich drastische Schritte überlegen, um sich dieser potentiellen Verlegenheit zu entledigen. Das wäre eine sehr ernsthafte Komplikation«, warnte Ritter.
    »Ja, das vermute ich auch.« Er verstummte. »Was garantiert mir, daß Oberst Grischanow wohlbehalten und am Leben ist?«
    »Ich kann Sie in - oh, etwa vierzig Minuten - zu ihm bringen, wenn Sie wollen. Glauben Sie, ich würde bei einer Sache von solcher Bedeutung lügen?«
    »Nein. Aber ich muß einige Fragen stellen.«
    »Ja, Sergej, ich weiß. Wir beabsichtigen nicht, Ihrem Oberst etwas anzutun. Er scheint sich in der Behandlung unserer Leute recht nobel verhalten zu haben. Er kann auch sehr erfolgreich verhören. Ich habe seine Aufzeichnungen.« Ritter fügte noch hinzu: »Das Angebot, ihn zu treffen, steht, wenn Sie davon Gebrauch machen

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