01 - Gnadenlos
Einkaufstüten des Modegeschäfts.«
»Können Sie mir sagen, wie diese Frau ausgesehen hat?« »Oh, sie war jung, etwa neunzehn oder zwanzig, dunkles Haar. Etwas blaß sah sie aus, als wäre sie krank. Sie sind weggefahren, warten Sie mal, wann war das? Oh, jetzt fällt's mir ein. Es war an dem Tag, an dem meine neuen Rosen von der Gärtnerei geliefert worden sind. Der elfte. Der Lieferwagen ist sehr früh gekommen, weil ich die Hitze nicht ertrage, und ich habe im Garten gearbeitet, als sie herausgekommen sind. Ich habe Sandy zugewinkt. Sie ist ja so ein nettes Mädchen. Ich komme nicht oft mit ihr ins Gespräch, aber wenn, dann hat sie immer ein nettes Wort für mich. Sie ist Krankenschwester, wissen Sie, und arbeitet am Johns Hopkins, und... «
Ryan trank den Tee aus. Seine Zufriedenheit gab er nicht zu erkennen. Doris Brown war am Nachmittag des elften nach Pittsburgh zurückgekehrt. Sarah Rosen fuhr einen Buick, hatte zweifellos eine Parkplakette am Wagen. Sam Rosen, Sarah Rosen, Sandra O'Toole. Sie hatten Miss Brown behandelt. Zwei von ihnen hatten auch Miss Madden gepflegt, und sie hatten sich um Mr. Kelly gekümmert. Nach den enttäuschenden Monaten war Lieutenant Emmet Ryan endlich einen großen Schritt weiter.
»Da ist sie ja«, sagte die Dame und weckte ihn damit aus seinen Gedanken. Ryan wandte sich um und erblickte eine attraktive junge Frau, ziemlich großgewachsen, die eine Tüte mit Lebensmitteln trug.
»Ich frage mich, wer der Mann war?«
»Welcher Mann?«
»Der war letzten Abend da. Vielleicht hat sie endlich einen Freund. So groß wie Sie, dunkles Haar - stattlich.« »Wie soll ich das verstehen?«
»Ja, so wie ein Footballspieler, wissen Sie, stattlich. Aber er muß nett sein. Ich habe gesehen, wie sie ihn in die Arme geschlossen hat. Das ist gerade erst gestern gewesen.«
Ich muß Gott danken, dachte Ryan, daß es noch Leute gibt, die nicht fernsehen.
Als große Waffe hatte sich Kelly ein .22er Savage Modell 54 ausgesucht, die leichtere Version der mit der Anschütz baugleichen Waffe. Es war einigermaßen teuer mit seinen 150 Dollar inklusive Steuern. Das Leupold-Zielfernrohr mit Aufsatz ging genauso ins Geld. Das Gewehr war für seinen ursprünglichen Verwendungszweck, die Kleinwildjagd, fast zu gut und hatte eine besonders schöne Schulterstütze aus Walnuß. Es tat ihm direkt leid, daß es Kratzer abbekommen würde. Aber es wäre noch unverzeihlicher gewesen, die Lektion des Obermaschinisten ungenutzt zu lassen.
Das Schlimme am Ableben von Eddie Morello war der Verlust einer großen Menge puren, unverschnittenen Heroins, der in Kauf genommen werden mußte, um der Polizei die Geschichte schmackhaft zu machen. Sechs Kilogramm waren dem Giftschrank der Polizei vermacht worden. Das mußte ausgeglichen werden, Philadelphia hungerte nach mehr, und auch Tuckers Verbindungsleute in New York zeigten gesteigertes Interesse, nachdem sie ihre erste Kostprobe erhalten hatten. Er würde noch einen letzten Schub auf dem Schiff fertigmachen. Nun konnte er bald seinen Standort verlegen. Tony war dabei, ein sicheres Labor einzurichten, das leichter zu erreichen und Henrys florierendem Erfolg angemessen war, doch bis das betriebsbereit war, müßte er es noch einmal auf die alte Art machen. Er selbst würde aber nicht rüberfahren.
»Wann soll es denn sein?« fragte Burt.
»Heute abend.«
»Geht in Ordnung, Boss. Wer geht mit mir?«
»Phil und Mike.« Die beiden Neuen kamen von Tonys Organisation, waren jung, aufgeweckt und ehrgeizig. Sie kannten Henry noch nicht und würden auch nicht zu seinem lokalen Verteilernetz gehören, aber sie konnten die Überlandlieferungen regeln und waren bereit, die bei dem Geschäft anfallende Dreckarbeit zu erledigen, das Mischen und Verpacken. Sie sahen es nicht unzutreffend als Übergangsstadium, als einen Startpunkt, von wo aus sie ihr Ansehen und ihre Verantwortung vergrößern konnten. Tony verbürgte sich für ihre Verläßlichkeit. Henry akzeptierte das. Er und Tony waren nun verbunden, waren verschworene Geschäftspartner. Er würde nun auch Tonys Ratschläge befolgen, da er ihm vertraute. Sein Verteilernetz mußte neu aufgezogen werden, seine weiblichen Kuriere würde er nicht mehr brauchen, und mit dem Wegfall ihres Zwecks endete auch ihre weitere Daseinsberechtigung. Es war jammerschade, aber bei drei Ausfällen lag es auf der Hand, daß sie allmählich eine Gefahr darstellten. Sie waren nur noch ein Klotz am Bein.
Aber alles der
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