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01 - Gnadenlos

01 - Gnadenlos

Titel: 01 - Gnadenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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und der Pilot startete die Maschine. Er verkniff sich einen Raketenstart, denn schließlich war der ranghöhere Polizist ein Captain. Abgesehen davon war es eklig, wenn man die Kotze aus dem Heck putzen mußte.
    »Wohin?« fragte er über den Bordfunk.
    »Nach Bloodsworth Island«, erklärte ihm Captain Joy. »Alles Roger«, erwiderte der Pilot, wie es einem Flieger anstand. Er drehte nach Süden ab und senkte die Nase der Maschine. Der Flug dauerte nicht lange.
    Von oben sieht die Welt anders aus, und wenn jemand zum erstenmal im Leben in einem Hubschrauber fliegt, erfolgt immer die gleiche Reaktion. Das Abheben, das der Fahrt in einem der neumodischen Jahrmarktskarussells gleicht, ist beängstigend, doch kurz darauf setzt die Faszination ein. Unter den Augen der beiden Beamten veränderte sich die Welt, und plötzlich ergab alles einen Sinn. Straßen und Felder breiteten sich aus wie eine Landkarte. Freeland bemerkte es als erster. Da er das Gebiet wie seine Westentasche kannte, stellte er nun fest, daß seine Vorstellung nur zweidimensional gewesen war, daß er die Dinge nicht aus der richtigen Perspektive wahrgenommen hatte. Nur dreihundert Meter hoch, eine Distanz, die er mit dem Auto in Sekunden zurückgelegt hätte, und doch sah alles anders aus. Er merkte, daß er noch viel lernen konnte.
    »Dort habe ich sie gefunden«, erklärte er dem Captain über den Bordfunk.
    »Ziemlich weit von unserem Bestimmungsort entfernt. Ob sie wohl die ganze Strecke gelaufen ist?«
    »Nein, Sir.« Zur Küste hingegen war es nicht so weit. Drei Kilometer vor sich erblickten sie die Anlegestelle einer verlassenen Farm, und von dort waren es nur noch acht Kilometer - oder knapp zwei Flugminuten - bis zu ihrem Ziel. Die Chesapeake Bay erstreckte sich wie ein blaues Band im Morgendunst. Im Nordwesten lag der weitläufige PatuxentRiver-Testflughafen der Marine, und sie sahen die Flugzeuge abheben und landen - zur Sorge ihres Piloten, der ständig nach Tieffliegern Ausschau halten mußte. Die Jungen von der Navy liebten solche Späße.
    »Da vorne«, sagte er. Der Sanitäter zeigte mit dem Finger, um seinen Passagieren zu erklären, wo vorne war.
    »Von hier oben sieht alles anders aus«, meinte Freeland mit einem jungenhaften Staunen in der Stimme. »Ich gehe hier oft fischen. Von oben könnte man denken, das wäre ein Marschgebiet.«
    Aber das sollte sich gleich ändern. Aus dreihundert Meter Höhe dachte man zunächst an Inseln, verbunden durch Streifen von grasbewachsenem Schlick. Als sie näher herankamen, nahmen die »Inseln« regelmäßige, zunächst rautenartige Formen an und schließlich die klaren Umrisse von Schiffen, überwachsen und umgeben von Schilf und Gras.
    »Mensch, sind das viele!« staunte der Pilot. Er war bisher kaum in diese Gegend gekommen, und wenn, dann nachts, ausgerüstet mit Nachtsichtgeräten.
    »Aus dem Ersten Weltkrieg«, sagte der Captain. »Mein Vater hat mir erklärt, das sind die Schiffe, die die Deutschen nicht gekriegt haben.«
    »Was genau suchen wir eigentlich?«
    »Das ist nicht ganz klar, aber wahrscheinlich ein Boot. Gestern haben wir eine Drogensüchtige aufgegriffen«, erzählte der Captain. »Auf dem Boot sollen sich ein Labor und drei tote Männer befinden.«
    »Echt? Ein Drogenlabor in diesem Gestrüpp?«
    »Das behauptet jedenfalls die Dame«, bestätigte Freeland. Gleichzeitig fiel ihm etwas auf. So unmöglich es von oben auch schien, es gab offensichtlich doch Fahrrinnen zwischen den Wracks. Wahrscheinlich ein guter Platz zum Krabbenfischen. Vom Deck seines Sportboots hatte es immer wie eine einzige Insel ausgesehen, doch jetzt wußte er es besser. Interessant.
    »Habe eben aus der Richtung einen Lichtreflex gesehen.« Der Sanitäter wies den Piloten nach rechts. »Glas oder etwas in der Art.«
    »Dann wollen wir mal nachsehen.« Der Pilot senkte den Jet Ranger nach rechts. »Ja, zwischen den drei Wracks da liegt ein Boot.«
    »Gehen Sie mal näher ran«, befahl der Sanitäter mit einem Grinsen.
    »Wie Sie wollen.« Endlich durfte er mal wieder zeigen, was er konnte. Der ehemalige Pilot eines Huey-Kampfhubschraubers der 1. Air Cavallery gierte nach Gelegenheiten, mit seiner Maschine zu spielen. Geradeaus konnte schließlich jeder fliegen. Er umrundete die Stelle, prüfte den Wind, drosselte die Fahrt und ging schließlich auf sechzig Meter herunter.
    »Würde sagen, ein Sechsmeter-Boot«, meinte Freeland. Ganz deutlich konnte man das weiße Nylontau erkennen, mit dem es an einem der

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