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01 - Gnadenlos

01 - Gnadenlos

Titel: 01 - Gnadenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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ein. Schon als er die Tür geschlossen hatte, hatte er Henry angesehen, daß etwas nicht stimmte.
    »Sie sind nicht zurückgekommen.«
    »Phil, Mike und Burt?«
    »Ja«, stieß Henry hervor. Eigentlich meinte er nein. »Nun beruhige dich! Wieviel Stoff hatten sie dabei?« »Zwanzig Kilo unverschnittenen. Das hätte eine Weile für
    mich, Philadelphia und New York reichen sollen.«
    »'ne ganze Menge, Henry.« Piaggi nickte. »Aber vielleicht sind sie noch nicht fertig.«
    »Sie hätten aber schon da sein müssen.«
    »Mensch, Phil und Mike sind noch neu. Wahrscheinlich stellen sie sich dabei genauso blöd an wie Eddie und ich zu Anfang - und das waren damals nur fünf Kilo, weißt du noch?«
    »Das habe ich schon eingerechnet«, sagte Henry, wobei er sich fragte, ob seine Berechnung stimmte oder nicht.
    »Henry«, sagte Tony und trank einen Schluck Wein. Er versuchte, ruhig und vernünftig zu wirken. »Warum regst du dich so auf? Haben wir nicht alles getan, um Probleme zu vermeiden?«
    »Irgendwas ist schiefgelaufen, Mann!«
    »Aber was?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Willst du dir ein Boot besorgen und nachsehen?«
    Henry schüttelte den Kopf. »Das dauert zu lange.«
    »Das Treffen mit den anderen Jungs ist erst in drei Tagen. Verlier nicht die Nerven. Wahrscheinlich sind sie jetzt gerade unterwegs.«
    Piaggi meinte zu verstehen, warum Henrys Nerven nicht mehr mitmachten. Dies hier war sein großer Einstieg. Zwanzig Kilo reiner Stoff ergaben für den Handel auf der Straße einen unvorstellbaren Batzen Geld. Und da er das Zeug verschnitten und abgepackt lieferte, konnte er seine Abnehmer davon überzeugen, daß sie es jetzt mit einem der Großen der Szene zu tun hatten. Dies war der Coup, auf den Henry seit Jahren hingearbeitet hatte. Allein schon das Geld zusammenzukratzen, um diese Menge zu bezahlen, war eine Staatsaktion gewesen. Verständlich, daß ihm jetzt der Arsch auf Grundeis ging.
    »Und wenn es nun doch nicht Eddie gewesen ist?«
    Ein Seufzer. »Du warst derjenige, der Eddie für den Schuldigen hielt.«
    Aber das stimmte nicht ganz. Tucker hatte eher nach einer Ausrede gesucht, um den Mann loszuwerden, den er für eine unnütze Belastung hielt. Zwar beruhten seine Ängste tatsächlich auf dem, was Piaggi vermutete, aber das war noch nicht alles. Diese Vorfälle, die zu Beginn des Sommers angefangen und dann ohne ersichtlichen Grund wieder aufgehört hatten - er hatte sich eingeredet, daß sie auf Eddie Morellos Mist gewachsen waren. So lange eingeredet, bis er es geglaubt hatte, weil er es glauben wollte. Doch in einer Ecke seines Kopfes hatte ihm die innere Stimme, die ihn bisher so weit nach oben gebracht hatte, etwas anderes gesagt. Und jetzt war sie zurück, die Stimme, und es gab keinen Eddie mehr, den er für seine Ängste und seine Wut verantwortlich machen konnte. Als gewiefter Straßenkämpfer, der es durch eine einzigartige Kombination von Verstand, Mut und Instinkt so weit geschafft haue, vertraute er dieser Stimme mehr als allem anderen. Aber jetzt sagte sie ihm Dinge, die er nicht verstand. Tony hatte recht. Vielleicht stellten sie sich bei der Arbeit wirklich nur blöd an. Das war auch einer der Gründe, weshalb er sein Labor im Osten Baltimores einrichten wollte. Das konnte er sich leisten, in Anbetracht der Erfahrung, die er gesammelt hatte, und der vertrauenswürdigen Scheinfirma, die ab der kommenden Woche als Deckadresse diente. Er trank seinen Wein und entspannte sich, während der Alkohol seine aufgewühlten Gefühle beruhigte.
    »Geben wir ihnen Zeit bis morgen.«
    »Was hat sich ergeben?« fragte der Mann am Steuerrad. Nachdem sie die Stunde Fahrt von Bloodsworth Island schweigend zurückgelegt hatten, meinte er, jetzt sei der Zeitpunkt gekommen, an dem er diese Frage stellen durfte. Schließlich hatten sie alle in der Nähe gestanden und gewartet.
    »Die haben einen Kerl an die Krabben verfüttert«, erklärte ihnen Oreza. »Mit zwei Quadratmetern Netz und ein paar Zementblöcken versenkt - und jetzt ist praktisch nichts mehr von ihm übrig außer den Knochen!« Soweit er wußte, berieten die Leute von der Spurensicherung immer noch, wie sie ihn am besten rausholten. Oreza wußte genau, daß er Jahre brauchen würde, um diesen Anblick zu vergessen: Wie der Schädel neben dem Skelett schwamm, die Knochen, noch immer von Kleidern umhüllt, sich in der Strömung bewegten - oder von den Krabben bewegt worden waren. So genau hatte er gar nicht hinsehen wollen.
    »Verdammte Scheiße«,

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