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01 - Gnadenlos

01 - Gnadenlos

Titel: 01 - Gnadenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Kelly.
    »Verflucht!« Piaggi knallte den Hörer auf.
    »Er sagt, er hat uns im Restaurant gesehen. Sagt, er ist dort gewesen.«
    Den anderen beiden war mittlerweile klar, daß etwas nicht stimmte. Aufmerksam, aber vor allem neugierig, blickten sie her, da sie die zwei ranghöheren Gauner in Aufregung sahen. Was zum Teufel ging hier vor?
    »Wie konnte er wissen - oh«, sagte Piaggi, der die Stimme senkte.
    »Ja, sie haben mich gekannt... Herrgott.«
    Es gab nur ein Fenster mit klarem Glas. Das andere hatte Glasbausteine, die Licht hereinließen, aber nicht so leicht von Vandalen einzuschlagen waren. Sie verhinderten auch,daß jemand hinausschauen konnte. Das eine durchsichtigeFenster ließ sich unten ein Stück aufkippen. Dieses Büro warwahrscheinlich von einem Trottel von Manager eingerichtetworden, der nicht wollte, daß seine Sekretärinnen aus demFenster schauten. Nun, der Lump hatte seinen Willen bekommen. Piaggi kippte das Fenster - versuchte es zumindest, doch die Scheibe ging nur bis zu einem Winkel von vierzig Grad auf, bevor der Mechanismus einrastete.
    Kelly sah die Bewegung und fragte sich, ob er seine Anwesenheit auf deutlichere Weise bemerkbar machen sollte. Lieber nicht, dachte er, lieber Geduld bewahren. Das Warten zermürbt nur die, die nicht wissen, was vor sich geht.
    Bemerkenswert war, daß es mittlerweile zehn Uhr vormittags war, ein klarer, sonniger Spätsommertag. Auf der O'Donnell Street, nur einen halben Block entfernt, herrschte Geschäftsverkehr, Lieferwagen und Privatautos fuhren vorbei. Wahrscheinlich sahen die Fahrer das hohe, verlassene Gebäude, in dem Kelly sich befand, und rätselten wie er, wofür es gebaut worden war. Und wenn sie die vier Fahrzeuge am ehemaligen Speditionsgebäude sahen, fragten sie sich vielleicht auch, ob der Betrieb wieder aufgenommen wurde; aber wenn schon, dann war es den Leuten, die Arbeit zu erledigen hatten, kaum mehr als einen flüchtigen Gedanken wert. Das Drama wurde vor aller Augen aufgeführt, aber das wußten nur die Mitspieler.
    »Ich seh kein bißchen was«, sagte Piaggi, der sich hinkauerte, um aus dem Fenster zu sehen. »Da ist niemand draußen.«
    Das ist der Kerl, der die Dealer erledigt hat, sagte sich Tucker, als er vom Fenster zurücktrat. Fünf oder sechs Leute. Hat Rick mit einem Scheißmesser umgebracht...
    Tony hatte den Standort ausgesucht. Es sollte das vorzeigbare Gebäude einer kleinen Spedition sein, deren Eigentümer Verbindungen zur Mafia hatten und sich sehr diskret im Hintergrund hielten. Einfach ideal, hatte er gedacht, so nah an größeren Ausfallstraßen, in einer ruhigen Ecke der Stadt, wo sich wenig Polizei blicken ließ, denn es war bloß ein nichtssagendes Gebäude mit anonymen Geschäften. Ideal, hatte Henry gedacht als er es gesehen hatte.
    O ja, einfach ideal...
    »Laß mich mal sehen.« Jetzt konnte er nicht den Schwanz einziehen. Henry Tucker hielt sich nicht für einen Feigling. Er hatte gekämpft und gemordet, und nicht nur Frauen. Er hatte Jahre gebraucht, um sich durchzusetzen, und anfänglich war es nicht ohne Blutvergießen abgegangen. Außerdem konnte er jetzt keine Schwäche zeigen, nicht vor Tony und den beiden »Soldaten«. »Nix«, bestätigte er.
    »Laß uns mal was versuchen.« Piaggi ging zum Telefon und hob ab. Es kam kein Freizeichen, bloß ein Summen...
    Kelly blickte auf das Feldtelefon, hörte auf die Geräusche, die es von sich gab. Er rührte es jetzt nicht an, ließ sie zappeln. Auch wenn er die taktische Ausgangslage bestimmt hatte, so waren seine Optionen doch begrenzt. Reden, nicht reden. Schießen, nicht schießen. Bewegung, keine Bewegung. Bei nur drei Wahlmöglichkeiten mußte er seine Handlungsweise sorgfältig aussuchen, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Das war nicht bloß ein physischer Kampf, er ging wie die meisten auch im Kopf vor sich.
    Es wurde allmählich warm. Die letzten heißen Tage, bevor sich das Laub verfärbte. Dreißig Grad, vielleicht schon über fünfunddreißig. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn, betrachtete das Gebäude, lauschte auf das Summen, ließ sie wegen etwas anderem als der Tageshitze schwitzen.
    »Scheiße«, knurrte Piaggi, während er wieder den Hörer aufknallte. »Ihr zwei!«
    »Ja?« Es war der größere, Bobby.
    »Geht mal um das Gebäude... «
    »Nein«, sagte Henry, der nach einem Einfall suchte. »Was, wenn er direkt draußen ist? Aus dem Fenster ist rein gar nichts zu sehen. Er könnte gleich an der Tür stehen. Willst du

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