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01 - Gnadenlos

01 - Gnadenlos

Titel: 01 - Gnadenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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das riskieren?«
    »Was meinst du?« fragte Piaggi.
    Tucker ging nun auf und ab, atmete etwas schneller als gewöhnlich, befahl sich, nachzudenken. Wie würde ich es machen? »Ich meine, der Mistkerl trennt die Telefonleitung durch, ruft an, jagt uns einen Schrecken ein, und wartet draußen einfach auf uns, oder so.«
    »Was weißt du von diesem Kerl?«
    »Ich weiß, daß er fünf Dealer umgebracht hat, und vier von meinen Leuten... «
    »... und vier von meinen, wenn er nicht lügt... «
    »Also müssen wir schlauer vorgehen als er, okay? Wie würdest du es deichseln?«
    Piaggi ging das Ganze im Kopf durch. Er hatte nie gemordet. Es hatte sich einfach nicht ergeben. Er war mehr der denkende Kopf des Unternehmens. Seinerzeit hatte er in todernsten Prügeleien schon auch Leute zusammengeschlagen, und das kam dem sehr nahe. Wie würde ich es machen? Henrys Idee war richtig. Der Kerl brauchte bloß in Lauerstellung zu gehen, etwa hinter einer Ecke, in einer Gasse, im Schatten, und sie brauchten bloß in die andere Richtung zu schauen, dann wäre es um sie geschehen. Die nächste Tür, diejenige, durch die er gekommen war, ging nach links auf. Und das ließ sich von draußen an den Angeln erkennen. Da dies der einzige Fluchtwe g war, würde er sicher erwarten, daß sie sie benutzten.
    Ja.
    Piaggi sah zu seinem Partner hinüber, Henry blickte nach oben. Die Schalldämmplatten waren von der Decke entfernt worden. Dort oben führte eine Ausstiegsluke auf das Flachdach. Sie war mit einem schlichten Schnappschloß verriegelt, um Einbrecher draußen zu halten. Sie ließ sich leicht, vielleicht sogar leise öffnen. Von da könnte jemand auf das mit Teer und Kies belegte Dach gelangen, an die Kante gehen und hinunterschauen, um dann demjenigen, der neben der vorderen Tür wartete, eins auf den Pelz zu brennen.
    Ja.
    »Bobby, Fred, kommt mal her«, befahl Piaggi. Er unterrichtete sie von der taktischen Lage. Mittlerweile hatten sie zwar schon erraten, daß irgendein Unheil drohte, aber es waren nicht die Bullen - denn das war das Schlimmste, was ihnen in die Quere kommen konnte, dachten sie -, und so empfanden sie die Versicherung, daß es sich nicht um Cops handelte, als Erleichterung. Beide hatten Knarren. Beide waren gewieft. Fred hatte schon einmal jemand umgebracht, als er ein Familienproblem in Philadelphia zu regeln gehabt hatte. Die beiden schoben einen Schreibtisch unter die Luke. Fred war eifrig bemüht, zu zeigen, daß er ein ernst zu nehmender Bursche war, um damit in Tonys Ansehen zu steigen, der auch ganz nach einem harten Mann aussah. Er stellte sich auf den Schreibtisch. Das reichte nicht ganz. Also stellten sie noch einen Stuhl auf den Tisch, womit es ihnen endlich gelang, die Luke zu öffnen und auf das Dach zu blicken.
    Aha! Kelly sah den Mann dort stehen - vorerst waren nur Kopf und Oberkörper sichtbar. Das Gewehr wurde angelegt, das Gesicht ins Visier genommen. Beinahe hätte Kelly losgeschossen. Was ihn zurückhielt, war die Art, wie der Mann seine Hände am Rahmen hatte, wie er sich umblickte, das Flachdach absuchte, bis er sich weiter hervorwagte. Er wollte da oben rauf. Also laß ihn mal, dachte Kelly, während ein Sattelschlepper in fünfzig Meter Entfernung vorbeirumpelte. Der Mann zog sich aufs Dach. Durch das Zielfernrohr konnte Kelly einen Revolver in seiner Hand sehen. Der Mann stellte sich aufrecht hin, sah sich überall um und bewegte sich dann langsam auf die Vorderseite des Gebäudes zu. Eigentlich keine schlechte Taktik. Es war immer gut, erst eine Erkundung zu machen. Oh, das denken sie also. Zu schade.
    Fred zog seine Schuhe aus. Der feine, erbsengroße Kies tat seinen Füßen zwar weh, wie ihm auch die vom klebrigen, schwarzen Teer unter den Steinchen zurückgestrahlte Hitze zusetzte, aber er mußte leise sein - außerdem war er ein harter Bursche, wie schon mal jemand am Ufer des Delaware zu schmecken bekommen hatte. Die Hände schlossen sich geübt um den Griff der kurzläufigen Smith. Wenn der lästige Kerl dort war, würde Fred direkt nach unten schießen. Tony und Henry würden die Leiche reinziehen, das Blut mit Wasser wegschwemmen und sich dann wieder an die Arbeit machen, weil es eine wichtige Lieferung war. Schon die halbe Strecke. Fred war jetzt ganz konzentriert. Er näherte sich der Brüstung, schob die Füße vor, lehnte den Oberkörper zurück, bis seine bestrumpften Zehen an die niedrige Steinmauer stießen, die sich um die Dachkante zog. Dann beugte er sich rasch vor, die

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