Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
01 - Gnadenlos

01 - Gnadenlos

Titel: 01 - Gnadenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
Vom Netzwerk:
aufgelöst, und es war kaum etwas übriggeblieben. Außerdem nahm es der Feind mit der Ehrfurcht gegenüber den sterblichen Überresten eines gefallenen Fliegers nicht gerade besonders genau, und so war dem Sohn eines tapferen Mannes sein Ruheplatz unter Kameraden versagt geblieben. Aber das gehörte nicht zu den Dingen, über die Cas Podulski redete. Solche Gefühle behielt er für sich.
    Rear Admiral James Greer war, wie schon in den vergangenen zwei Jahren, an seinem Platz etwa dreißig Meter vom gepflasterten Fahrweg entfernt und legte Blumen neben der Flagge am Grabstein seines Sohnes nieder.
    »James?« sagte Maxwell. Der jüngere Mann wandte sich um und salutierte, wobei er mit einem Lächeln seine Dankbarkeit für ihre Freundschaft an einem Tag wie diesem auszudrücken versuchte, was ihm aber nicht ganz gelang. Alle drei trugen ihre marineblauen Uniformen, weil sie einen dem Anlaß angemessenen feierlichen Ernst ausstrahlten. Ihre goldbetreßten Ärmel glitzerten in der Sonne. Ohne ein Wort zu sagen, nahmen die drei Männer gegenüber dem Grabstein von Robert White Greer, First Lieutenant der USMarine, Aufstellung. Sie salutierten zackig, während jeder von ihnen an einen Knirps zurückdachte, den sie auf ihren Knien geschaukelt hatten und der zusammen mit Cas' Sohn
    - wie auch dem von Dutch - auf den Marinestationen Norfolk und Jacksonville mit dem Fahrrad herumgefahren war. Aus dem ein kräftiger, stolzer Junge geworden war, der am Kai stand, wenn die Schiffe seines Vaters in den Hafen zurückkehrten, und von nichts anderem sprach, als daß er in dessen Fußstapfen treten wollte, nur nicht zu nah dran, und der schließlich fünfzig Meilen südwestlich von Da Nang für einen kurzen Augenblick vom Glück im Stich gelassen worden war. Es war der Fluch ihres Berufs, gestanden sich alle unausgesprochen ein, daß ihre Söhne sich auch dazu hingezogen fühlten, teils aus Ehrfurcht vor der Stellung ihrer Väter, teils aus einer ihnen eingeimpften Vaterlandsliebe, vor allem aber aus Liebe zu ihren Mitmenschen. So wie jeder der hier stehenden Männer sein Leben aufs Spiel gesetzt hatte, hatten das auch Bobby Greer und Stas Podulski getan. Nur war zweien der drei Söhne das Glück nicht hold gewesen.
    Greer und Podulski sagten sich in diesem Augenblick, daß es das dennoch wert gewesen war, daß Freiheit einen Preis hatte und einige Männer diesen Preis zahlen mußten, weil es sonst keine Flagge gäbe, keine Verfassung und keinen Feiertag, dessen Bedeutung die Leute ihretwegen auch ignorieren konnten. Doch in beiden Fällen klangen diese unausgesprochenen Worte hohl. Greers Ehe war zerbrochen, größtenteils am Kummer über Bobbys Tod. Podulskis Frau würde nie mehr wie früher sein. Obwohl jeder der beiden Männer weitere Kinder hatte, war die durch den Verlust des einen geschaffene Leere wie ein Abgrund, der sich nie überbrücken lassen würde, und sooft sie sich auch sagen mochten, daß es, ja, den Preis wert war, so war doch kein Mann, der den Tod eines Kindes rationalisieren konnte, ernsthaft ein Mann zu nennen, und ihre wahren Gefühle wurden von der gleichen Mitmenschlichkeit bestärkt, die sie zu einem aufopferungsvollen Leben nötigte. Das traf um so mehr zu, weil jeder dem Krieg gegenüber etwas empfand, was höflichere Menschen »Zweifel«, sie aber etwas ganz anderes nannten, aber nur, wenn sie unter sich waren.
    »Wißt ihr noch, als Bobby ins Schwimmbecken gesprungen ist, um Mike Goodwins kleines Mädchen herauszuholen? Er hat ihr das Leben gerettet«, meinte Podulski. »Mike hat mich gerade benachrichtigt. Die kleine Amy hat letzte Woche Zwillinge bekommen, zwei kleine Mädchen. Sie hat unten in Houston einen Ingenieur geheiratet, der für die NASA arbeitet.«
    »Ich hab nicht mal gewußt, daß sie verheiratet ist. Wie alt ist sie jetzt?« fragte James.
    »Oh, sie muß zwanzig... fünfundzwanzig sein. Erinnert ihr euch an ihre Sommersprossen, wie sie in der Sonne unten in Jax immer mehr wurden?«
    »Die kleine Amy«, sagte Greer leise. »Wie sie alle groß werden.« Vielleicht wäre sie an jenem heißen Julitag gar nicht ertrunken, aber es war eine Sache mehr, die ihn an seinen Sohn erinnerte. Ein Leben gerettet, vielleicht sogar drei? Das war doch etwas, oder etwa nicht? Für Greer ließ sich diese Frage so eindeutig nicht beantworten.
    Die drei Männer wandten sich um und verließen wortlos das Grab. Langsam gingen sie den Fahrweg zurück. Dort mußten sie haltmachen. Ein Leichenzug kam den Hügel

Weitere Kostenlose Bücher