Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
01 - Gnadenlos

01 - Gnadenlos

Titel: 01 - Gnadenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
Vom Netzwerk:
dafür zurück. Als der Wagen davonfuhr, ging der in dem auffallenden Hemd über den Gehsteig, und dann spielte sich in den Schatten, die Kellys Augen nicht ganz durchdringen konnten, eine weitere Übergabe ab.
    »Aha, jetzt hab ich's. Der Leutnant hat die Drogen und macht den Austausch, aber er gibt das Geld seinem Boss. Der Boss hat die Einnahmen, aber er hat auch eine Knarre, damit ja nichts schiefgeht. Die sind doch nicht so blöd, wie ich gedacht hatte.«
    »Die sind clever genug.«
    Kelly nickte und prägte es sich ein, während er sich selber dafür rügte, daß er mindestens zwei falsche Vermutungen angestellt hatte. Aber dazu war so eine Erkundungsfahrt schließlich da.
    Nicht zu nachlässig werden, Kelly, sagte er sich. Jetzt weißt du, daß da zwei Kerle sind, einer bewaffnet und gut verborgen in dem Hauseingang. Er lehnte sich in seinem Sitz zurück und heftete den Blick auf die potentielle Bedrohung, während er versuchte, weitere Verhaltensmuster zu entdecken. Der im Hausgang war das eigentliche Ziel. Der völlig unpassend so bezeichnete »Leutnant« war nur ein Scherge, vielleicht ein Lehrling und zweifellos verzichtbar. Er lebte entweder von dem, was so abfiel, oder er bekam Kommission. Der, den er kaum sehen konnte, war der wahre Feind. Und das paßte ins uralte Schema, oder etwa nicht? Kelly lächelte und mußte an einen untergeordneten Politoffizier bei der Nordvietnamesischen Volksarmee denken. Der Einsatz hatte sogar einen Codenamen gehabt. ERMINE COAT. Vier Tage lang hatten sie diesem Hund nachgespürt, nachdem sie ihn ohne jeden Zweifel identifiziert hatten, nur um sicherzugehen, daß sie auch den Richtigen am Wickel hatten. Dabei hatten sie sich seine Gewohnheiten genau eingeprägt, um herauszufinden, wie man ihm am besten die Tour vermasseln konnte. Kelly würde nie vergessen, was der Mann für ein dummes Gesicht gemacht hatte, als die Kugel in seine Brust drang. Ebensowenig den 5000-Meter-Lauf zu ihrem Landeplatz, während die NVA-Einheit sich von dem Brandsatz, den er gelegt hatte, in die entgegengesetzte Richtung locken ließ.
    Was also, wenn der Mann im Schatten sein wahres Ziel war? Wie würde er es anstellen? Es war ein interessantes Gedankenspiel. Komischerweise fühlte man sich dabei wie Gott persönlich oder wie ein wachsamer Adler, der hoch über allem schwebte, alles registrierte, ein Raubvogel am obersten Ende der Nahrungskette, der im Moment gerade keinen Hunger hatte und sich immer über seiner Beute in der Thermik treiben ließ.
    Er lächelte und achtete nicht auf die Warnungen, die der kampferprobte Teil seines Gehirns vorzubringen begann.
    Hmm. Den Wagen da hatte er bisher noch nicht gesehen. Ein Angeberschlitten, ein Plymouth Roadrunner, rot wie ein Jahrmarktsapfel, einen halben Block weiter vorn. Irgendwie sonderbar, wie der...
    »Kelly... « Pam zuckte auf einmal in ihrem Sitz zusammen.
    »Was ist?« Seine Hand griff zu seiner .45er hinunter und lockerte sie vielleicht nur einen Millimeter, in ihrem Halfter. Die abgenützten Holzteile am Griff hatten etwas Beruhigendes. Aber daß er überhaupt nach seiner Automatik gegriffen hatte, daß er plötzlich diese Beruhigung gebraucht hatte, das war eine Botschaft die sein Verstand nicht ignorieren konnte. Der vorsichtige Teil seines Gehirns setzte sich langsam durch, seine Kampfinstinkte meldeten sich schon lauter. Und selbst das brachte ein Aufwallen von Stolz mit sich. Wie gut, überlegte er im Bruchteil einer Sekunde, daß ich sie noch habe, wenn ich sie brauche.
    »Ich kenn das Auto - es ist... «
    Kellys Stimme war ruhig. »Okay, ich bring uns hier raus. Du hast recht, es ist Zeit zu verschwinden.« Er erhöhte die Geschwindigkeit und zog nach links, um an dem Roadrunner vorbeizukommen. Er dachte daran, Pam zu sagen, sie solle sich ducken, aber das war wirklich nicht nötig. In weniger als einer Minute würde er auf und davon sein und - verdammt!
    Es war einer der feineren Kunden, jemand in einem schwarzen Karmann-Ghia-Cabriolet, der gerade seine Transaktion gemacht hatte und in seinem Eifer, diese Gegend hinter sich zu lassen, plötzlich vor dem Roadrunner nach links ausgeschert war, nur um dann abrupt wieder anzuhalten, weil noch ein anderer Wagen so ziemlich das gleiche Manöver vollführt hatte. Kelly trat die Bremse voll durch, um einen Zusammenstoß zu vermeiden; das mußte gerade jetzt doch nicht sein, oder? Aber er verschätzte sich ziemlich und kam so fast direkt neben dem Roadrunner zum Stehen, dessen Fahrer sich

Weitere Kostenlose Bücher