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01 - Gott schütze dieses Haus

01 - Gott schütze dieses Haus

Titel: 01 - Gott schütze dieses Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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tiefe Nischen eingelassenen Fenster hatten keine Vorhänge, in dem gewaltigen offenen Kamin brannte kein Feuer. Simon und Deborah betrachteten interessiert die Sammlung alter Feuerwaffen und Helme, die über dem Kamin aufgehängt war.
    »Ja«, sagte Alice Burton-Thomas, die ihr Interesse bemerkte. »Cromwell und seine Roundheads waren auch schon hier. Sie hausten während des Bürgerkriegs zehn Monate in Keldale Hall. Sechzehnhundertvierundvierzig«, fügte sie bedeutsam hinzu, als erwartete sie, daß sie sich dieses Jahr der Schmach in der Familiengeschichte der Burton-Thomas für immer einprägten. »Aber wir befreiten uns von ihnen, sobald es ging. Nichts als Gesindel, alle miteinander.«
    Sie führte sie durch ein dunkles Speisezimmer und von dort in einen langen, dunkel getäfelten Raum mit scharlachroten Vorhängen vor den Fenstern und einem lodernden Feuer im offenen Kamin.
    »Ja, liebe Güte, wo bleibt sie denn nur?« brummelte Alice Burton-Thomas und kehrte noch einmal zu der Tür zurück, durch die sie gerade eingetreten waren. »Danny!« rief sie wieder.
    Schnelle Schritte hallten durch das Haus, dann erschien ein etwa neunzehnjähriges Mädchen mit zerzaustem Haar an der Tür.
    »Entschuldige!« Das Mädchen lachte. »Aber dafür hab' ich dir deine Hausschuhe gerettet.« Sie warf sie Alice Burton-Thomas zu, die sie geschickt auffing. »Leider etwas angeknabbert.«
    »Danke, Kind. Würdest du unseren Gästen einen Brandy holen? Dieser schreckliche Watson hat die Karaffe fast leergetrunken, ehe er heute abend in sein Bett torkelte. Aber im Keller steht noch welcher.«
    Während das Mädchen davonging, untersuchte Alice Burton-Thomas stirnrunzelnd ihre Hausschuhe, brummelte etwas vor sich hin, zog die Hausschuhe über die Füße und legte sich die Stola, die ihr bei ihrem Gang durchs Haus als wärmende Unterlage hatte dienen müssen, wieder um die Schultern.
    »Bitte, setzen Sie sich doch. Ich wollte in Ihrem Zimmer erst bei Ihrer Ankunft Feuer machen. Da können wir noch ein bißchen schwatzen, bis es warm ist. Verflixt kalt für Oktober, nicht? Soll einen frühen Winter geben.«
    Der Keller war offensichtlich nicht weit, denn schon nach wenigen Augenblicken kehrte das Mädchen mit einer frischen Flasche Brandy zurück. Sie öffnete sie an einem Hepplewhite Tisch unter dem Porträt eines finster dreinblickenden, hakennasigen alten Burton-Thomas und kam mit einem Tablett, auf dem drei Brandygläser und die neu gefüllte Karaffe standen, zu ihnen.
    »Soll ich nach dem Zimmer sehen, Tante Alice?« fragte sie.
    »Ja, bitte. Und sag Eddie, er soll das Gepäck holen. Bitte die Amerikaner unbedingt um Entschuldigung, falls sie oben durch die Gänge irren, weil das Getöse sie geweckt hat.«
    Alice Burton-Thomas schenkte ein, während das Mädchen wieder aus dem Zimmer ging.
    »Aber die guten Leute wollen ja Atmosphäre, und die können sie bei mir, weiß Gott, in rauhen Mengen haben.« Wieder lachte sie dröhnend und kippte ihren Brandy in einem Zug. »Ich übe mich in Verschrobenheit«, bekannte sie heiter und schenkte sich noch mal ein. »Hauptsache, es wird den Leuten nicht langweilig. Man muß nur ein bißchen Exzentrik bieten, und schon wird man in sämtlichen Reiseführern empfohlen.«
    Die Erscheinung der Frau wies ihr Bemühen als geglückt aus. Sie war eine Mischung aus adeliger Würde und Spukschloßgrusel. Ihre Körpergröße war ebenso imposant wie ihre breiten Schultern, und sie hatte die Hände einer Arbeiterin, die Beine einer Tänzerin und das Gesicht einer alternden Walküre. Ihre Augen waren blau, tief eingebettet über den ausgeprägten Wangenknochen. Die kühn hervorspringende Nase schien im Ungewissen Licht des Raumes ihre ganze Oberlippe zu überschatten. Sie war vielleicht fünfundsechzig Jahre alt, aber das Alter war für Alice Burton-Thomas offensichtlich eine sehr relative Sache.
    »Nun?« Sie musterte Simon und Deborah. »Sind Sie nicht hungrig? Sie haben das Abendessen um -« sie warf einen Blick auf die Standuhr an der Wand gegenüber -»um zwei Stunden verpaßt.«
    »Bist du hungrig, Liebes?« fragte Simon Deborah. In seinen Augen war eine gewisse Erheiterung zu bemerken.
    »Ah - nein, kein bißchen.« Sie wandte sich Alice Burton-Thomas zu. »Sie haben noch andere Gäste?«
    »Nur ein amerikanisches Ehepaar. Die werden Sie beim Frühstück erleben. Sie kennen den Typ. Polyester und dicke Goldketten. Der Mann trägt einen grauenhaften Brillanten am kleinen Finger. Er hielt mir heute

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