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01 - Gott schütze dieses Haus

01 - Gott schütze dieses Haus

Titel: 01 - Gott schütze dieses Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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diesem Augenblick ein Schimmer des Menschen, der er wirklich war, grüblerisch und raschen Stimmungswechseln unterworfen. Doch gleich wurde er wieder der oberflächliche Plauderer. »Lassen Sie mich nachdenken. Es muß vor ungefähr einem Monat gewesen sein. Da jagte William Teys Ezra von seinem Hof.«
    »Hatte er ihn denn unberechtigt betreten?«
    »Aber ja. Nur ist Ezra der Auffassung, daß er eine Art künstlerischer Freiheit genießt, die es ihm gestattet, herumzuwandern, wo er will. Er hatte ›Lichtstudien‹, wie er es nannte, oben im High Kel Moor gemacht. So nach Art der Kathedrale von Rouen. Alle fünfzehn Minuten fängt man ein neues Bild an.«
    »Ich kenne Monet.«
    »Dann wissen Sie ja, was ich meine. Gut, der einzige Weg - oder sagen wir, der schnellste Weg - zum High Kel Moor hinauf fuhrt direkt durch den Wald hinter Teys' Hof. Und der Weg durch den Wald -«
    »- führt über Teys' Land«, warf Lynley ein.
    »Genau. Ich marschierte mit Schnauz im Schlepptau die Straße herauf. Er war wie immer unten auf der Gemeindewiese gewesen. Es war schon ziemlich spät, da wollte ich den alten Burschen nicht allein heimlaufen lassen. Eigentlich hatte ich gehofft, unsere reizende Stepha würde ihn in ihren Mini packen und hinauffahren, aber sie war leider nirgends zu finden. Also mußte ich den steifen alten Burschen selbst rauflotsen.«
    »Sie haben kein Auto?«
    »Doch, aber leider keines, auf das man sich verlassen kann.« Parrish zuckte die Achseln. »Kurz und gut, ich kam zum Hof, und da waren sie, mitten auf der Straße und brüllten sich an, daß einem Hören und Sehen vergehen konnte. William war im Morgenrock. Ich weiß noch, daß ich dachte, Herr im Himmel, hat der Haare auf den Beinen. Der reinste Gorilla.«
    »Und weiter?«
    »Ezra stand da und gestikulierte wie ein Besessener, brüllte ihn an und fluchte, daß dem armen gläubigen William die Haare zu Berge gestanden haben müssen. Der Hund stürzte sich auch gleich in den Kampf und riß Ezra einen schönen Triangel in die Hose, während William gleichzeitig Ezras kostbare Aquarelle zerfetzte und die ganze Mappe auf die Straße schmiß. Es war schauderhaft.«
    Parrish senkte den Blick, als er zum Ende seines Berichts kam, und seine Stimme klang bekümmert. Doch als er Sekunden später aufblickte, war in seinen Augen klar zu lesen, daß Ezra seiner Meinung nach bekommen hatte, was er längst verdient hatte.

    Lynley sah Barbara nach, während sie die Treppe hinaufstieg, bis sie aus seinem Blickfeld verschwunden war. Er rieb sich die Schläfen und ging in den Aufenthaltsraum, wo eine Lampe ganz hinten den gesenkten Kopf Stepha Odells beleuchtete. Stepha sah von ihrem Buch auf, als sie seine Schritte hörte.
    »Mußten Sie unseretwegen aufbleiben, um abzuschließen?« fragte Lynley. »Das tut mir wirklich leid.«
    Sie lächelte und streckte träge die Arme über den Kopf.
    »Das macht doch nichts«, antwortete sie freundlich. »Ich bin allerdings über meinem Buch ein bißchen eingenickt.«
    »Was lesen Sie denn?«
    »Ach, einen ziemlich kitschigen Liebesroman.« Sie lachte unbefangen und stand auf. Ihre Füße waren nackt, wie er sah, und statt des grauen Sonntagskleids trug sie jetzt Tweedrock und Pullover. »Das ist meine Art der Flucht. In diesen Romanen gibt es immer ein Happy-End.« Er war an der Tür stehengeblieben. »Wie fliehen Sie, Inspektor?«
    »Gar nicht.«
    »Wo stecken Sie dann den ganzen Wahnsinn hin?«
    »Den Wahnsinn?«
    »Diese gräßlichen Verbrechen. Die Morde. Ihre Arbeit kann doch nicht erfreulich sein. Warum haben Sie sich das ausgesucht?«
    Ja, das war die Kernfrage, und er wußte die Antwort. Ich büße, Stepha, ich büße für begangene Sünden, die Sie nicht verstehen könnten.
    »Ich habe nie darüber nachgedacht.«
    »Ach so.« Sie nickte nachdenklich und ließ es dabei bewenden. »Ach, es ist übrigens ein Päckchen für Sie gekommen. Aus Richmond. Der Mann, der es brachte, war ziemlich unerfreulich. Seinen Namen hat er mir nicht gesagt, aber er roch wie eine einzige Verdauungstablette.«
    Eine treffende Beschreibung von Nies, dachte Lynley, während Stepha hinter den Tresen ging. Er folgte. Sie hatte offenbar am späten Nachmittag im Aufenthaltsraum gearbeitet. Er nahm den Duft von Bienenwachs wahr, durch den er sich plötzlich nach Cornwall zurückversetzt fühlte. Er war wieder der zehnjährige Junge, der in der Küche auf dem Hof der Trefallens hastig Pasteten verschlang, Köstlichkeiten aus Hackfleisch und Zwiebel in

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